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Stadt Offenbach

Wesen und Ablauf der Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme

Das Baugebiet Bieber Waldhof West soll gemäß Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zur kooperativen Wohnbaulandentwicklung vom 10. September 2020 nach dem Verfahren einer „Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme“ (SEM) realisiert werden. Der Vorteil dieses in Deutschland bei Baugebietsentwicklungen häufig angewandten Verfahrens ist, dass bei stark zersplittertem Eigentum großer Eigentümergemeinschaften durch den städtischen Zwischenerwerb aller planungsbetroffenen Grundstücke ein langwieriges Bodenordnungsverfahren entfällt und das Areal durch die zeitlich parallele Erarbeitung von Planungen, Gutachten, Erschließungskonzepten, weiteren notwendigen vorbereitenden Vereinbarungen etc. zügig entwickelt werden kann.

Das Verfahren einer SEM ist gesetzlich in §§ 165 ff. Baugesetzbuch geregelt. Es folgt diesem Ablauf:

  1. Beschluss der Stadt über die Einleitung „vorbereitender Untersuchungen“: Mit der vorbereitenden Untersuchung muss die Stadt belegen, dass die Voraussetzungen zur Durchführung der Baugebietsentwicklung als SEM vorliegen. Nachzuweisen ist, dass
    • der Planung ein dringender Bedarf des Allgemeinwohls zugrunde liegt. Bei der Entwicklung eines Neubaugebiets ist demnach aufzuzeigen, dass vor Ort eine erhöhte Wohnraumnachfrage besteht.
    • die Stadt die Baugebietsentwicklung zügig betreibt und damit der Problematik der dringenden Wohnraumnachfrage mit eben dieser Planung entschlossen entgegentritt.
    • die Realisierung der Planung, vor allem die Erschließung und Neuparzellierung von Baugrundstücken, nicht in angemessener Zeit durch andere städtebauliche Instrumente zu erreichen ist. Vorrang hat immer die Findung kooperativer Lösungen, etwa mittels Kauf- oder städtebaulichen Verträgen.
  2. Durchführung der vorbereitenden Untersuchungen durch die Stadt. Zu diesen zählen:
    • die städtebauliche Planung und damit verbundene Fachgutachten einschließlich der Beteiligung der Bürger an der Planung sowie berührter Institutionen und Behörden.
    • die Sicherstellung der Verfügbarkeit der Grundstücke im Planungsgebiet. Vorrang genießt der städtische Erwerb der von der Planung berührten Grundstücke. Dabei ist die Stadt an den „Anfangswert“ der Grundstücke gebunden. Dieser wird gutachterlich ermittelt und beinhaltet den planungsunbeeinflussten Grundstückswert zu einem Qualitätsstichtag vor Beginn der städtischen Maßnahmen zur Baugebietsentwicklung. Nachrangig können auch „Abwendungsvereinbarungen“ getroffen werden, bei denen kein Verkauf erfolgt, sich die Grundstückseigentümer jedoch verpflichten, die Planung der Stadt unter Neuordnung des Bodens zu unterstützen und die Kosten der Baugebietsentwicklung anteilig zu tragen.
    • die Klärung sonstiger Fragen hinsichtlich der Verfügbarmachung der Grundstücke wie Vereinbarungen mit Pächtern oder Leitungsträgern etc.
    • die Gesamtkalkulation der Baugebietsentwicklung. Dabei werden alle Entwicklungskosten von den Kosten für Planungen und Gutachten, eventuelle Entschädigungen bis hin zur Erschließung, der Umsetzung erforderlicher Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und dem Bau der gebietsbezogenen sozialen Infrastruktur wie zum Beispiel von Kindertagesstätten internalisiert.
  3. Abschlussbericht über die Vorbereitenden Untersuchungen als Grundlage der Gremienentscheidung über die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme. Dabei zu entscheiden ist, ob
    • die Baugebietsentwicklung aufgrund der getroffenen Vereinbarungen kooperativ erfolgen kann und damit einen Verzicht auf das Instrument der Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme zulassen oder
    • Widerstände fortbestehen und damit die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme unverzichtbar ist, um das Baugebiet zu entwickeln. Insbesondere zählen hierzu erfolglose Grunderwerbsverhandlungen, die für die Baugebietsentwicklung entscheidende Grundstücke betreffen. 
  4. Entwicklung des Baugebiets durch die Stadt oder einen von ihr Beauftragten.
    • Die Entwicklung umfasst die Durchführung aller Planungen und vorbereitenden Maßnahmen sowie die Herstellung der Erschließungsanlagen wie Versorgungsleitungen, Straßen, Wege und Plätze, aber auch den Bau einer Kindertagesstätte und evtl. weiterer erforderlicher Infrastruktur für die künftige Quartiersbevölkerung sowie die notwendigen Retentions- und Versickerungsflächen, naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen etc.
    • Ausparzellieren von Baugrundstücken, die damit als voll erschlossene Grundstücke wiederveräußert werden. Vorrang bei der Wiederveräußerung genießen vormalige Eigentümer der seinerzeit noch nicht entwickelten Grundstücke im Bereich des Entwicklungsgebiets.
  5. Abschluss der Entwicklungsmaßnahme
    • Sollte die Entwicklung des Baugebiets als Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme erfolgt sein, ist die Satzung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme durch Beschluss aufzuheben.
    • Die Schlussabrechnung nach Fertigstellung aller Erschließungsmaßnahmen und Veräußerung aller Baugrundstücke zeigt auf, ob aufgrund der entwicklungsbedingten Bodenwertsteigerung ggf. Gewinne erwirtschaftet wurden. Entsprechende Gewinne werden den Voreigentümern anteilig übertragen, da die Stadt aufgrund der gesetzlichen Regelungen der Haushaltsordnung nicht befugt ist, Gewinne aus Grundstücksgeschäften zu vereinnahmen. Sollte sich bei der Schlussabrechnung ein Verlust abzeichnen, verbleibt dieser bei der Stadt. Die vormaligen Grundstückseigentümer sind von dem Entwicklungsrisiko freigestellt.

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