Inhalt anspringen

Stadt Offenbach

Städtisches Sprachförderprojekt nach Corona wieder im gewohnten Format

02.08.2023

Selbst ein kleines Buch hergestellt: Offenbacher Deutschsommer-Kinder mit Pädagoginnen und Pädagogen im Klingspor-Museum.

Über 20 Mädchen und Jungen aus neun Offenbacher Grundschulen verbringen zurzeit drei spannende Ferienwochen im Schullandheim Wegscheide inmitten der schönen Spessartlandschaft von Bad Orb. Die zwischen neun und elf Jahre alten Kinder der dritten und erstmals auch vierten Jahrgangsstufe entstammen Familien aus 15 Herkunftsländern, darunter auch die Ukraine. Bei täglichem Deutsch- und Theaterunterricht verbessern die Kinder ihre sprachlichen Fähigkeiten und sammeln bei einem abwechslungsreichen Freizeitprogramm viele neue Erfahrungen.  

Erstmals seit der Corona-Pandemie kann das seit 14 Jahren bewährte Sprachförderprojekt der Stadt Offenbach wieder in den ersten drei Wochen der hessischen Sommerferien auf der Wegscheide stattfinden. Die Kinder übernachten dort, sind aber an den Wochenenden jeweils zu Hause.

In den drei Corona-Jahren zuvor war es unter hohem Aufwand gelungen, die Sprachferien jeweils halbtägig in einem den hygienischen Bedingungen angepassten Format vor Ort in Offenbach, zunächst in der Eichendorff-, dann in der Rudolf-Koch-Schule, fortzuführen.   

„Ich bin froh“, so Bildungsdezernent Paul-Gerhard Weiß, „dass wir in der zurückliegenden Pandemie-Zeit das Projekt aufrechterhalten und förderbedürftigen Grundschulkindern auch in schwierigen Zeiten weiterhin eine verlässliche Hilfe bieten konnten. Dadurch war es möglich, sprachliche Lernlücken der Jungen und Mädchen zu schließen und sie in ihrer Entwicklung zu stärken.“ Das sei auch deshalb besonders wichtig gewesen, so Stadtrat Weiß, weil corona-bedingte Unterrichtsausfälle und eingeschränkte Schulpräsenz bei vielen Grundschulkindern zu Lern- und Entwicklungsdefiziten geführt hätten.

Doch auch ohne die Auswirkungen der Pandemie bleibt der sprachliche Förderbedarf groß, und dies nicht nur in Offenbach mit seinem hohen Migrationsanteil. Die jüngste „Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung“ (IGLU) gelangte zu dem Ergebnis, dass rund ein Viertel aller deutschen Grundschulkinder nicht ausreichend lesen und sich deshalb nicht eigenständig neue Inhalte aneignen kann. Diese Lesekompetenz nimmt laut der Studie schon seit vielen Jahren ab, Corona habe die Entwicklung nur noch verstärkt.   

„Das Lesen zählt zu den wichtigsten Kompetenzen, die außer der sozialen Herkunft   für den Bildungserfolg unserer Kinder von Bedeutung sind“, betont Stadtrat Paul-Gerhard Weiß. Gerade deshalb sei die Sprachförderung des Deutschsommers mit seinem ganzheitlichen Ansatz so bedeutsam. Die Kinder verbesserten spielerisch ihre Sprachkenntnisse und erhielten zugleich wichtige Impulse für ihre Persönlichkeitsbildung und die Stärkung ihrer sozialen Kompetenzen. Der Deutschsommer erhöhe damit die Startchancen der Kinder und leiste einen wichtigen Beitrag zur Integration.

„Ein ganz wesentlicher Bestandteil des Deutschsommer-Konzeptes“ ist es laut Projektleiter Jörg Muthorst, „die Kinder gerade aus Familien mit ausländischer Herkunft eine Zeit lang aus ihrem gewohnten sprachlichen Umfeld herauszunehmen und mit ihnen anders als zu Hause rund um die Uhr Deutsch zur sprechen.“ Während der drei Corona-Deutschsommer sei dies leider nicht möglich gewesen.

Die vom Offenbacher Pädagogen-Team gemachten Erfahrungen decken sich laut Jörg Muthorst mit der Feststellung der IGLU-Studie, wonach es Kindern, die sich zu Hause kaum oder nie auf Deutsch unterhielten, schwerer fällt, sich die Sprache insbesondere auch durch Lesen anzueignen, als Kindern, die in ihrem familiären Umfeld regelmäßig Deutsch sprechen. Dies führe nicht nur zu Defiziten beim allgemeinen Sprachverständnis und der Grammatik, sondern auch beim Wortschatz. „Gerade deshalb sind wir froh, in diesem Sommer wieder zurück auf der Wegscheide zu sein.“

Der Deutschsommer ist ein 2010 von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt übernommenes Modellprojekt, das die Stadt Offenbach im Laufe der Jahre ihren lokalen Gegebenheiten angepasst und behutsam zu einem insgesamt halbjährigen Sprachförderprogramm weiterentwickelt hat.

Dazu zählen nach den dreiwöchigen „Ferien, die schlau machen“ in Bad Orb die „Deutschsommer-Detektive“, die nach den Sommerferien zweimal nachmittags unterrichtsbegleitend in Offenbach „der Sprache auf der Spur“ bleiben. Dabei verbessern sie nicht nur ihre grammatikalischen Deutschkenntnisse, sondern auch ihren Wortschatz und ihr Ausdrucksvermögen. Für die Sprachdetektive können die Grundschulen auch noch Kinder nachmelden, die im Sommer nicht dabei sein konnten.

Abschließend erhalten alle Deutschsommer-Kinder die Möglichkeit, abschließend bei einem einwöchigen „Endspurt“ während der Weihnachtsferien in Bad Orb das Erlernte weiter zu vertiefen.

Finanziert wird das Sprachförderprogramm je zur Hälfte durch die Stadt Offenbach als Trägerin und durch die Frankfurter Erhard-Kunert-Stiftung. Unterstützt wird der Deutschsommer durch die Offenbacher Kinder- und Jugendbibliothek, die den Kindern zur Lektüre in ihrer Freizeit auf der Wegscheide mehrere Bücherkisten zur Verfügung stellt, und durch das Klingspor-Museum, das den Kindern in einem Workshop das Thema Schrift und Buch näherbringt.

Weitere Unterstützung erfährt der Deutschsommer vom städtischen Bildungsbüro, das Mütter und Väter bei einem zweiten Elternabend etwa zur Mitte der Projektlaufzeit berät, was sie selbst für ihre auch sprachliche Weiterbildung tun können sowie vom Familienzentrum Zion der Evangelischen Familienbildung Offenbach, das seine Räumlichkeiten für die Treffen der „Deutschsommer-Detektive“ und für Vorbereitungsseminare des Pädagogen-Teams zur Verfügung stellt.         

In den Ferien die Deutschkenntnisse verbessern und Spaß dabei haben: Sprachunterricht während des Deutschsommers im Schullandheim Wegscheide.

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise