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Stadt Offenbach

Erziehungs- und Bildungsbericht Offenbach (EBO) 2024 erschienen

07.02.2025

Rahmenbedingungen von Bildung kenntlich machen, Ergebnisse und Entwicklungen, wo möglich auch im interkommunalen Vergleich, darstellen – das sind Aufgaben des Erziehungs- und Bildungsberichts Offenbach (EBO). Damit liefert er seit annähernd 20 Jahren eine Grundlage für bildungspolitische Entscheidungen in der Kommune. Der „Jubiläums-EBO 2024“ folgt dieser Tradition und schreibt Bildungsdaten entlang der lebenslangen Bildungsbiografie fort. Berichtsjahr ist das Schuljahr 2022/23 bzw. das Kalenderjahr 2023. Der EBO steht erstmals ausschließlich in elektronischer Form (siehe unten stehenden Link) zur Verfügung. Im Folgenden ist ein Überblick über zentrale Ergebnisse und Befunde aufgeführt.

Rahmenbedingungen im EBO-Berichtsjahr (und darüber hinaus)

Die sozialen, wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen sowie das Fachkräfte-Angebot haben maßgeblichen Einfluss auf das Bildungssystem vor Ort. Die finanziellen Bedingungen für die Stadt Offenbach haben sich in 2024 eingetrübt. Konnte sie im EBO-Berichtsjahr 2023 noch Gewerbesteuer-Einnahmen in Höhe von 82 Mio. Euro realisieren, sinken 2024 die Einnahmen bei steigenden Fallzahlen für kommunale Pflichtaufgaben in den sozialen Bereichen. Im Vergleich zu 2020 setzt sich das Bevölkerungswachstum 2023 fort: In diesem Jahr leben knapp 145.000 Menschen in Offenbach (+3,2 Prozent im Vergleich zu 2020), im Anteil vermehrt jüngere. Offenbach bleibt demnach eine junge Stadt und muss den Ausbau seiner Betreuungs-, Bildungs- und Lernlandschaften weiter vorantreiben - die aktuelle finanzielle Situation engt den Handlungsspielraum hier (für die nächsten Jahre) ein.  

Der Anteil der nichtdeutschen Bevölkerung liegt 2023 bei 42 Prozent (in den Altersgruppen 0 bis unter 21 Jahre bei knapp einem Drittel und in der Gruppe 21 Jahre und älter bei 45 Prozent). Zählt man die deutsche Bevölkerung mit Migrationsgeschichte dazu, verfügen Ende 2023 66,5 Prozent der Offenbacher Bevölkerung über einen Migrationshintergrund, bei den jüngeren Altersgruppen sind es 80 Prozent (und mehr). Dies ist keine neue Erkenntnis, aber damit bestehen weiterhin qualitative Herausforderungen für die Stadt und die Bildungseinrichtungen, wie der Ausbau von Förder-, Integrations- und Sprachangeboten für Neuzugewanderte, aber auch für bereits länger hier lebende Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die aufgrund armutsbedrohten Lebenslagen schlechtere Bildungschancen haben. 

Dazu kommen in der Folge von Corona die sich (weiter) zeigenden, nach- und aufholenden Bildungsbedarfe sowie die Verbesserung von Bildungsteilhabe und -chancen von Menschen, die den Weg in die Bildungsinstitutionen nicht „von allein“ gehen (Stichworte: aufsuchende, niedrigschwellige Lern- und Bildungsangebote). Dies ist auch vor dem Hintergrund der demografischen Veränderungen und des bereits abzeichnenden Fachkräftemangels geboten.

Ausgewählte Daten aus dem Bereich frühkindliche Bildung und Betreuung

In 2023 hat sich die Versorgung mit Plätzen für Kinder unter 3 Jahren (U3) und für die 3- bis unter 6-Jährigen verbessert. Im U3-Bereich ist der Deckungsgrad (das Verhältnis von Krippenplätzen für 45 Prozent der unter 3-Jährigen im Vergleich zum Angebot) auf 89 Prozent gestiegen. Bei den Plätzen für Kinder ab drei Jahre bis zum Schuleintritt wird gemäß Stadtverordnetenbeschluss mit einer Bedarfsdeckung für 98 Prozent dieser Altersgruppe gerechnet. In Relation zum Angebot ergibt sich hier in 2023 ein gesamtstädtischer Deckungsgrad von 102 Prozent.

Erstmalig bietet der EBO Informationen aus der Fachkräftestatistik der Agentur für Arbeit. Insgesamt sind 1.283 Erzieherinnen und Erziehern in der Kinderbetreuung und -erziehung bei Trägern von Einrichtungen in der Stadt Offenbach tätig. 17 Prozent sind 55 Jahre und älter, sie gehen voraussichtlich in den nächsten zehn Jahren in Ruhestand. Die Statistik zeigt, dass es einen Bedarf nach (männlichen) Erziehenden gibt, denn nur jeder achte Erzieher ist ein Mann. 

Für Kinder- und Jugenddezernentin Sabine Groß ist der weitere Ausbau der frühen Bildungsangebote ein zentrales Anliegen:

Frühe Bildung legt den Grundstein nicht nur für den späteren schulischen Erfolg, sie trägt auch entscheidend zur altersgemäßen Entwicklung von Kindern bei.

Bürgermeisterin Sabine Groß

„Seit 2018 konnten wir knapp 1.000 neue Kitaplätze in Offenbach schaffen. Mit Hochdruck arbeiten wir zudem an der Fachkräftegewinnung für den EKO als städtischem Kitaträger. Über 50 Personen befinden sich aktuell in unterschiedlichen Ausbildungsformaten, zudem setzen wir auf eine umfangreiche Personalmarketingkampagne, die beispielsweise mit Social Media Clips und Plakatwerbung auf den EKO als attraktivem Arbeitgeber aufmerksam macht", so Groß.

Die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchung, die im Zeitraum vom 1.08.2022 bis 31.07.2023 vom Stadtgesundheitsamt durchgeführt wurde, zeigen: Von den 1.389 untersuchten Kindern (davon 252 aus dem Ausland) konnten ausschließlich 35 Prozent fehlerfrei deutsch sprechen. Dieser Wert ist im Zeitraum 2017 (unter 30 Prozent) bis 2022 (40 Prozent) angestiegen, während er in 2023 auf 35 Prozent fiel. Die Ergebnisse der Vorjahre werden in der Untersuchung bestätigt: Kinder, die länger (über drei Jahre) eine Kita besucht haben verfügen statistisch gesehen über bessere Sprachkompetenzen als Kindern mit vergleichsweise kurzem (unter 18 Monate) Kita-Besuch. 

„Die Stadt unternimmt enorme Anstrengungen, um Kinder schon in ganz jungen Jahren zu unterstützen“, so Jugendamtsleiter Robert Priore. „Der Platzausbau in Kombination mit der beschlossenen Refinanzierung der Platzreduktion aufgrund der Betreuung von Kindern mit Integrationsbedarf zeigt, wie wir als Stadt Inklusion fördern.“ Doch gerade eine Stadt wie Offenbach benötige dringend finanzielle Unterstützung durch Bund und Land. „Wir haben einen überdurchschnittlichen Bedarf und im Vergleich zu anderen Kommunen weniger finanzielle Mittel. Eine Verstetigung der Refinanzierung von Programmen wie den Sprach-Kitas wäre dringend notwendig!“

Ausgewählte Daten aus dem Bereich schulische Bildung 

1.381 Kinder wurden im Berichtsjahr eingeschult, 83 Prozent regulär und 11 Prozent (da bereits zum Schuljahr 2021/22 schulpflichtig) verspätet. Jungen mit Migrationshintergrund sind bei den verspäteten Einschulungen mit 15 Prozent anteilig überrepräsentiert. Auch bei dem ersten Bildungsabschluss (siehe unten) ist diese Gruppe im Hinblick auf den weiteren Bildungsverlauf mit schwierigen Ausgangsbedingungen konfrontiert. 

Gemäß Stadtverordnetenbeschluss werden im EBO 2024 erstmals schulspezifische Daten zum Schulschwimmen in der Jahrgangsstufe 3 erhoben. Dabei zeigt sich, dass von den 1.042 Kindern, die im Schuljahr 2022/23 in dieser Klassenstufe am Schwimmunterricht teilnahmen, 114 nicht und 212 nicht ausreichend schwimmen können. Zusammengenommen sind das fast ein Drittel der 1.042 Schwimm-Kinder. 

Die Zahl an Betreuungs- und Ganztagsplätzen in Grundschulen ist im Vergleich zum EBO 2021 gestiegen (+152 Plätze). Aufgrund der gestiegenen Schülerzahl (+466) ist die stadtweite Betreuungsquote im Schuljahr 2022/23 leicht, auf 46,1 Prozent, gesunken (2019/20: 47,8 Prozent). In Vorbereitung auf den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung erläutert Bildungsdezernent Paul-Gerhard Weiß: „Unser Stadtschulamt ist in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Schulamt mit allen Schulen in Gesprächen. Wir möchten unsere Aktivitäten hierzu deutlich ausbauen. Daher haben wir für diesen Bereich zwei zusätzliche Stellen ab diesem Jahr vorgesehen.“

Die Anzahl der Intensivklassen, in denen zugewanderte Kinder und Jugendliche beschult werden, ist im Schuljahr 2022/23 gestiegen: an den allgemeinbildenden Schulen gibt es im Berichtsjahr 476 Kinder und Jugendliche in 32 Intensivklassen (2019/20: 322 Kinder/22 Intensivklassen). Ein Grund für den Anstieg ist, dass viele Grundschulen in 2022 ihre Intensivkurse in Intensivklassen umgewandelt haben, aber auch der Angriffskrieg auf die Ukraine und die daraus resultierenden Fluchtbewegungen führen zu mehr Beratungen und Zuweisungen von Kindern und Jugendlichen in die Sprachförderangebote. 

Im Schuljahr 2022/23 verfügen 811 Kinder und Jugendliche (2019/20: 838) über einen sonderpädagogischen Förderstatus. Davon besuchen 616 (76 Prozent) den Unterricht an einer Förderschule und 195 (24 Prozent) den inklusiven Unterricht an einer allgemeinbildenden Schule. Im Vergleich zum EBO 2021 ist dieser Inklusionsanteil nahezu konstant. 

Der häufigste Schulabschluss im Sommer 2023 ist der Realschulabschluss (43 Prozent), gefolgt von der Allgemeinen Hochschulreife (29 Prozent). 53 Abgehende (4,4 Prozent) verlassen die Schule ohne Hauptschulabschluss (2019/20: 2,2 Prozent) und 64 (5,3 Prozent) mit einem berufsorientierten Abschluss (2019/20: 3,8 Prozent). Ausgehend vom ersten Schulabschluss hat die Gruppe der männlichen Abgänger mit Migrationshintergrund statistisch gesehen weiterhin die schwierigsten Ausgangsbedingungen. Im Vergleich zu den anderen Gruppen (z.B. den Abgehenden ohne Migrationshintergrund, den Abgängerinnen mit Migrationshintergrund). Die männlichen Abgänger mit Migrationshintergrund weisen die höchsten Anteile „ohne“ und „mit Hauptschulabschluss“ sowie den niedrigsten Anteil „mit Abitur“ auf. Damit setzt sich 2023 der Trend der Vorjahre fort. 

„Die Ressourcen im Rahmen des hessischen Programms „Löwenstark der – BildungsKick“ sowie Förderangebote zur Bewältigung coronabedingter Defizite in der Stadt wurden von den Schulen gut angenommen und in zahlreichen Projekten und Einzelmaßnahmen eingesetzt. Viele der Maßnahmen im Rahmen des Löwenstark-Programms zielten darauf, die Schülerinnen und Schüler in der Zeit nach der Pandemie emotional und sozial zu stabilisieren. Darüber hinaus wurden die Mittel auch zur Kompensation schulischer Defizite verwendet. Das Löwenstark-Programm ist im Sommer 2024 nach einer Laufzeit von drei Jahren ausgelaufen. In der Folge ist davon auszugehen, dass sich die Maßnahmen auch positiv auf die Bestehensquote bei den Schulabschlüssen auswirken“, erläutert Markus Winter, Dezernent im Staatlichen Schulamt für die Stadt und den Landkreis Offenbach am Main. 

Ausgewählte Daten aus dem Bereich Weiterbildung 

Die Situation der vhs Offenbach lässt sich für 2023 mit der Kurzbeschreibung „Vollumfängliche Wiederaufnahme des Beratungs-, Kurs- und Veranstaltungsbetriebs“ zusammenfassen. Diese Wiederaufnahme markiert das Ende der (Teil-) Schließungen der Corona-Jahre. 2023 verzeichnet die vhs insgesamt 11.218 (2020: 10.339) Teilnahmefälle. Sie nähert sich damit wieder dem Vorpandemie-Niveau an. Dirk Wolk-Pöhlmann, vhs-Leiter: „Die Bildungs-Stufen zum vhs-Eingang sind oft eine Hürde. Bildungszugänge müssen heute niederschwelliger werden. Das erreicht die vhs durch Projekte wie etwa „InSole – in Sozialräumen lernen“, eine Kooperation zwischen vhs, dem Offenbacher Grundbildungszentrum und dem Stadtteilbüro Nordend. Hier geht es um die Bildung der 2. Chance, also um das Nachholen von Schulabschlüssen, das nachträgliche Lernen von Lesen, Schreiben oder digitalem Know-how. Zusammen mit dem Quartiersmanagement im Nordend bietet die vhs das „Rat und Tat Café“ an, ein offener Lerntreff, der alle zwei Wochen in den Räumlichkeiten des Stadtteilbüros stattfindet. Lernende, für die der Gang in die vhs zunächst eine Hürde darstellen kann, können durch den offenen und niedrigschwelligen Charakter des Angebots und die räumliche Nähe zu ihren Wohnorten besser angesprochen werden.“

Auch für die Stadtbibliothek ist 2023 das Jahr, in dem die Nutzung der bibliothekarischen Dienstleistungen annähernd wieder Vor-Corona-Niveau erreicht. Im Berichtsjahr hat die Stadtbibliothek mit 426.666 Gesamtausleihen fast wieder das Niveau von 2018/19 erreicht. 

Bildungsindikator: Kontinuität bei leichten Verbesserungen

Der im Kapitel F des EBO präsentierte Bildungsindikator erfasst die Bildungsbeteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Betreuungs- und Bildungseinrichtungen. Positiv ist, dass die Beteiligung bei keiner der zehn Kennzahlen rückläufig ist. Betrachtet man die Entwicklung über einen längeren Zeitraum (2016-2023) gibt es größere Verbesserungen in der Bildungsbeteiligung in den Bereichen „Betreute Kinder im Alter unter 3 Jahren“, „Betreute Kinder im Alter von 3 bis unter 6 Jahren“, „Start am Gymnasium“ und „Übergang in die betriebliche Ausbildung“. 

Hintergrundinformationen zum EBO

Der EBO erscheint seit 2005 regelmäßig, mittlerweile in einem dreijährigen Rhythmus, im Wechsel mit einem Tabellenband (Datenbericht Bildung). Er wird von einer ämterübergreifenden Fachgruppe vorbereitet, seit 2014 unter Federführung der vhs-Fachstelle Bildungskoordinierung und Beratung. Der Magistratsbeschluss zur Erstellung des EBO datiert vom Oktober 2004. Damit blickt die Stadt Offenbach auf mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Bildungsberichterstattung zurück. Dieses EBO-Jubiläum wird am 26.03.2025 in der vhs Offenbach im Rahmen einer Feierstunde mit Weggefährten und den aktuell an der Berichterstattung Arbeitenden gewürdigt. 

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