Meilenstein für Bürokratieabbau: Offenbach erteilt erste digitale Baugenehmigung
12.12.2024
Mehr Service, weniger Bürokratie: Erstmals hat die Offenbacher Bauaufsicht eine digitale Baugenehmigung in einem vollständig digitalen Verfahren für ein privates Bauvorhaben erteilt. Bau- und Planungsdezernent Paul-Gerhard Weiß teilt mit: "Ein Bauantrag per Mausklick – das ist in Offenbach jetzt möglich. Meterweise Papier und Aktenberge gehören damit der Vergangenheit an." Noch befindet sich das digitale Verfahren in Offenbach im Testbetrieb.
Bau- und Planungsdezernent Paul-Gerhard WeißIm April 2025 legen wir den Schalter bei der Bauaufsicht um: Dann muss niemand mehr kistenweise Genehmigungspläne zur Bauaufsicht schleppen. Wer in unserer Stadt ein genehmigungspflichtiges Bauvorhaben plant, kann dann alle erforderlichen Anträge digital stellen.
„Auch die weitere Bearbeitung und Kommunikation erfolgt dann wesentlich effizienter und einfacher als bisher“, kündigt Weiß an und fügt hinzu: „Wer möchte, kann dennoch bis auf Weiteres auch das bisherige analoge Verfahren wählen.“ Zugleich bekräftigt Weiß: „Nicht nur für Privatleute, auch für Unternehmen ist das digitale Genehmigungsverfahren ein immenser Fortschritt. Offenbach gewinnt damit als wirtschafts- und innovationsfreundlicher Standort weiteres Profil.“ Mit der zeitgleichen Digitalisierung des Bauarchivs wird zudem der Zugriff auf Bestandspläne erheblich erleichtert und beschleunigt.
Was Architekturbüros und Bauherrschaften große Erleichterungen bringt, war innerhalb der Bauaufsicht zunächst mit immensen Vorbereitungen verbunden. „Bei der Digitalisierung der Verwaltung sind viele Hürden zu überwinden. Umso mehr freut es mich, dass wir in Offenbach nun einen riesigen Schritt nach vorne kommen: Mit der Einführung der digitalen Baugenehmigung bauen wir Bürokratie ab und verbessern den Service für die Kundschaft. Ich bin stolz auf das kleine Team unserer Bauaufsicht, das trotz hoher Arbeitsbelastung und immer neuen Herausforderungen zu keiner Zeit das Ziel aus den Augen verloren hat“, sagt Weiß und spielt darauf an, dass Baugenehmigungen zu den umfangreichsten Genehmigungsverfahren der kommunalen Verwaltung zählen. Um Bauanträge prüfen und genehmigen zu können, muss eine Vielzahl unterschiedlicher Dokumente und Nachweise – von Bauplänen über Brandschutz bis zu Stellplätzen – eingereicht werden. Zahlreiche Träger öffentlicher Belange (dazu zählen unter anderem weitere Behörden wie Umweltamt, Bauamt oder Denkmalschutz sowie die Feuerwehren) sind im Genehmigungsverfahren zwecks Prüfungen und Stellungnahmen einzubinden. Entsprechend komplex ist das Online-Verfahren, das mithilfe von Software und Schnittstellen eingerichtet werden musste.
Zentrales Bauportal des Landes Hessen
Für die digitale Bauakte hatte sich die Stadt Offenbach deshalb bereits sehr früh dem Projekt „Bauportal Hessen (DigiBauG)“ des Landes Hessen angeschlossen. Der kommunale Dienstleister ekom21 kümmerte sich im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum um alle fachlichen, organisatorischen und technischen Herausforderungen und entwickelte ein zentrales Bauportal mit allen dafür erforderlichen Schnittstellen. Diesem Bauportal können sich bei Interesse alle Bauaufsichtsbehörden der Städte und Landkreise in Hessen anschließen. Offenbach zählte zu den Pilotkommunen für die Umsetzung – mittlerweile haben sich die meisten Bauaufsichtsbehörden für eine Teilnahme entschieden. „Anstelle von Insellösungen gewährleistet das digitale Bauportal eine einheitliche zeitgemäße Zusammenarbeit, Koordination und Aufgabenverteilung mit allen Beteiligten. Das Portal stellt eine nutzerfreundliche und datensichere Ende-zu-Ende-Lösung dar, um Bauanträge digital einzureichen, online zu beteiligen und elektronisch zu bescheiden. Dabei wird an zentraler Stelle Aktualität, Weiterentwicklung und die Einbindung neuer Technologien ganzheitlich mitgedacht. Zudem bietet es einen standardisierten Datenaustausch – unabhängig von der Software, die in einzelnen Bauaufsichtsämtern genutzt wird“, erläutert Simon Sauerbier, Gesamtprojektleiter der Ekom21.
Auch die Stadt Frankfurt als Initiatorin und treibende Kraft ist wie Offenbach dem hessenweiten Portal angeschlossen. Das ermöglicht es Bauherrschaften sowie Planungsbüros, die in beiden Städten tätig sind, auf ein einheitliches und dann auch vertrautes Verfahren setzen zu können. Beim Bauportal Hessen wird der Bauantrag von Bauvorlageberechtigten über das zentrale Bauantragsportal eingereicht und kann an die beteiligten Bauaufsichtsämter in ganz Hessen gerichtet werden. Diese greifen über ihr jeweiliges Fachverfahren auf die zentral hinterlegten Dokumente zu, um sie amtsintern zu bearbeiten und Dritte zu beteiligen. Kommunikation während des Verfahrens und letztendlich auch die Baugenehmigungserteilung laufen über das Bauportal Hessen. Ein großer Vorteil ist es, dass zukünftig auch die Ausführung von Bauvorhaben bis zu ihrer Fertigstellung digital nachverfolgt werden kann.
Von den Vorteilen des neuen digitalen Verfahrens aus Kundensicht kann Diplom-Ingenieurin für Architektur Stephanie Wellnitz, Mitglied im BDA und in 4. Generation Büroinhaberin, berichten. Sie hatte sich bereit erklärt, für ein privates Bauvorhaben in Offenbach an dem Testbetrieb der Offenbacher Bauaufsicht teilzunehmen und erhielt nun die allererste digitale Baugenehmigung der Stadt. „Unser Büro Wellnitz Architekten BDA hat sich gefreut, als erstes Büro zusammen mit der Bauaufsicht Offenbach das neue Bauportal zu testen. Insgesamt können wir sagen, dass das Bauportal schnell verständlich und selbsterklärend ist. Es ist wirklich ressourcenschonend, weil man eine enorme Zeit- und Papierersparnis hat. Für uns ist das Bauportal einfach zu handhaben. Auch die Zusammenarbeit und die Kommunikation mit der Bauaufsicht, hier vor allem dem Administratorenteam Diplom-Ingenieurin Silke Dewald und Markus Hänel, liefen reibungslos und zügig. Wir haben auch den Eindruck, dass die Reaktions- und Bearbeitungszeiten gegenüber dem herkömmlichen Verfahren deutlich kürzer und reduziert sind. Wir freuen uns, dass wir zusammen mit der Stadt Offenbach hier in die Zukunft starten“, so Wellnitz.
Um das digitale Verfahren in der Bauaufsicht zu etablieren, musste das Team von Amtsleiterin Sonja Stuckmann in den vergangenen 18 Monaten sämtliche amtsinternen Prozesse neu denken: „Der gesamte Ablauf der Bearbeitung – vom Einreichen der Anträge bis zur Genehmigung – und die Kommunikation mit allen beteiligten Ämtern und Stellen hat sich dadurch teils erheblich verändert. Zur technischen Einbindung und den Schulungen der Mitarbeitenden zählte außerdem, die amtsinterne Organisation anzupassen“, erläutert Stuckmann.
Parallel dazu wird seit einiger Zeit das gesamte Aktenarchiv der Bauaufsicht digitalisiert: „Auch dies ist ein ehrgeiziges Projekt, mit dem wir schon sehr weit gekommen sind und noch Einiges vor uns haben. Unsere Akten rangieren zeitlich vom 19. Jahrhundert bis heute. Das Digitalisieren dieser über 28.000 Aktenbände zuzüglich zahlreicher Statik-Ordner und somit in Summe von fast 2000 laufenden Metern Akten unterschiedlichster Papierqualitäten und -formate erfordert eine enge Abstimmung mit dem Scandienstleister sowie erhebliche interne Vor- und Nacharbeiten an den Aktenbeständen und Digitalisaten. Wir haben eigens ein System für das Dokumentenmanagement aufgesetzt und implementiert. Hierüber läuft auch der Datenfluss vom Scandienstleister an uns und von uns an unsere Kundschaft, wenn diese zum Beispiel Akteneinsicht nehmen möchte“, erklärt Stuckmann. „Dies alles ist jetzt einmal eine immense und detailreiche Arbeit, von der aber unsere Kundschaft und wir selbst langfristig erheblich profitieren werden. Wir freuen uns über diese erfolgreichen Schritte und auf die zukünftig für alle Beteiligten wesentlich vereinfachte Zusammenarbeit“, so Stuckmann.
Die Testphase für das digitale Bauportal wird die Bauaufsicht im Januar 2025 noch mit weiteren ausgewählten Architekturbüros und Bauherrschaften ausweiten, kündigt der stellvertretende Amtsleiter und Projektleiter für die Digitalisierung des Amtes, Christian Bosche, an: „Wir möchten die Abläufe und die Kommunikation im Portal und mit den anderen Ämtern noch weiter optimieren.“ Im April 2025 schließlich soll nach derzeitiger Planung das Bauportal für alle genehmigungspflichtigen Vorhaben in Offenbach live gehen: „Ab dann können alle Bauanträge digital eingereicht werden“, so Bosche. Er denkt jedoch schon weiter: „Als nächstes Projekt danach möchten wir die Bearbeitung auch der genehmigungsfreien und genehmigungsfreigestellten Verfahren digitalisieren und implementieren.“