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Stadt Offenbach

Open Smart City Offenbach: Welche Projekte sind umgesetzt und welche folgen 2025?

13.02.2025

Schritt für Schritt zur Smart City: Die im Dezernat I von Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke angesiedelte Stabsstelle Digitalisierung treibt mit innovativen Projekten den Wandel zur smarten Stadt voran. Demnächst werden Passanten-Frequenzmessungen in der Frankfurter Straße spannende Daten liefern, die die Stadt bei der Gestaltung ihrer öffentlichen Räume unterstützt. Ein neu gefördertes Projekt namens „Smart KIKZ“ – KIKZ steht für Kompetenzzentrum für interkommunale Zusammenarbeit für smarte Daten und KI – hat weitere Datenmessungen und -auswertungen insbesondere im Mobilitätsbereich zum Ziel. Auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Stadtverwaltung entwickelt sich, erste Anwendungen werden bereits getestet und steigern die Effizienz städtischer Abläufe. Daneben schreiten die Entwicklung der Open Smart City App für 2025 und der Ausbau des Freifunk-Netzwerks weiter voran. Die Leiterin der Stabsstelle Digitalisierung, Anne Schwarz, erklärt im Interview, wie verschiedene Projekte dazu beitragen, Offenbach effizient und lebenswert zu gestalten. 

Wo steht die Digitalisierung in Offenbach zurzeit?

Schwarz: In einigen Bereichen sind wir schon sehr weit. Manche Ämter haben das, was ihnen rechtlich an Digitalisierung möglich ist, schon weitgehend umgesetzt. Da sind manchmal Gesetze eher die Blocker, weil die Ämter bestimmte Daten nicht austauschen dürfen oder zum Postweg gezwungen werden. Viele Veränderungen sind für die Bürgerinnen und Bürger auch nur indirekt spürbar. Unser Bürgerbüro ist zum Beispiel ein Vorreiter bei der KI-basierten Automatisierung von Prozessen. Davon profitieren auch die Bürgerinnen und Bürger, denn jetzt stehen mehr Termine zur Verfügung. Denn die Mitarbeitenden müssen bestimmte monotone, aber wichtige Aufgaben, nicht mehr selbst machen, sondern lassen diese von der KI erledigen – das spart effektiv Zeit. In den vergangenen Jahren konnten wir auch erhebliche Fortschritte erzielen in der Zusammenarbeit von Stadtwerken und Stadtverwaltung. Besonders bei Smart-City-Projekten, wie beispielsweise dem Aufbau eines Sensornetzwerks, ist so ein gemeinsames An-einem-Strang-Ziehen von Stadtverwaltung und Stadtwerken noch immer keine Selbstverständlichkeit in der kommunalen Landschaft. Diese enge Zusammenarbeit ist entscheidend, da sie es uns ermöglicht, Ressourcen zu bündeln, Erfahrungen auszutauschen und innovative Lösungen zu entwickeln. Die Digitalisierung spielt dabei eine Schlüsselrolle, indem sie den Zugang zu Daten erleichtert und den Informationsfluss zwischen den Beteiligten verbessert, was letztendlich zu einer effektiveren Stadtentwicklung führt.

Was versteht man unter einem Sensornetzwerk?

Schwarz: Es gibt ganz verschiedene Sensornetzwerke. Wir in Offenbach setzen gemeinsam mit den Stadtwerken für Smart City Projekte auf ein „LoRaWan“. Die Abkürzung „LoRaWan“ steht für „Long Range Wide Area Network“. Das ist ein Netzwerk, das im Kern aus drei Elementen besteht: Den Sensoren, die bestimmte Daten messen. Einem Gateway, das an einer zentralen Stelle – meistens auf einem Dach – steht und die per Funk eingehenden Sensordaten empfängt, bündelt und weitergibt. Und einem Server, also im Grunde einen Computer, der die Daten vom Gateway empfängt und zugänglich macht. Sensoren messen zum Beispiel die Bodenfeuchte, damit die Stadtwerke wissen, welche Bäume in Offenbach sie dringend gießen müssen. Oder sie erfassen in einer Passanten-Frequenzmessung, wie viele Menschen zu bestimmten Zeiten die Frankfurter Straße entlanggehen. Diese Sensoren sind so konzipiert, dass sie datenschutzrechtlich unbedenklich sind, da sie nur Bewegungen registrieren und keine Personen identifizieren.

Welche Rückschlüsse können Sie aus Besucherströmen und einer Passanten-Frequenzmessung ziehen?

Schwarz: Für Geschäfte auf der Frankfurter Straße ist es spannend zu sehen, ob sich bestimmte Events oder Stadtfeste auf die Besucherzahlen auswirken. Wenn andere Geschäfte mehr Besuche verzeichnen, aber das eigene nicht, können Geschäftsführende daraus lernen und gezielt reagieren. Für die Stadt Offenbach wiederum ist es interessant, wie sich Besucherströme mit der Nahmobilität verbinden – also, ob Menschen im Anschluss an den innerstädtischen Besuch den Bus nutzen. Durch die Kombination von Besucherdaten mit Wetter- und Verkehrsdaten können wir zum Beispiel herausfinden, warum bestimmte Plätze in der Stadt nicht genutzt werden oder wie wir die Innenstadt für die gesamte Bevölkerung attraktiver machen können.

Welche Herausforderungen begegnen Ihnen bei der Umsetzung solcher Projekte?

Schwarz: Eine große Herausforderung ist die Abstimmung mit privaten Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümern, da die Sensoren oft an privaten Gebäuden angebracht werden müssen. Auch wenn die Zustimmung grundsätzlich vorhanden ist, dauert es häufig lange, bis alle Formalitäten geklärt sind.

Wie nutzt die Stadt diese Daten zur Stadtentwicklung?

Schwarz: Wir wollen die Stadtentwicklung mit relevanten Daten unterstützen. Das Ziel von Smart City ist es, Technik gezielt dort einzusetzen, wo sie einen Nutzen bringt. Dafür erheben, beobachten und analysieren wir Daten. Mit einer Sensordatenplattform sammeln wir Informationen, die nicht nur einem einzelnen Amt, sondern der gesamten Stadtverwaltung zugutekommen. Das Ziel ist, diese Daten dann mit anderen Bestandsdaten zusammen zu legen und über die Kombination neue Erkenntnisse zu gewinnen. Bisher puzzelt jeder Geschäftsbereich oder jedes Amt da meist mit seinen eigenen Daten vor sich hin. Das wollen wir ändern und dazu beitragen, das bessere Entscheidungen getroffen werden können – weil wir die Sachlage durch die Daten besser verstehen.

Das „EGovSAD“-Projekt hat kürzlich den Digital-Award gewonnen. Was macht dieses innovative Tool so besonders und wie profitieren die Bürgerinnen und Bürger konkret von den Verbesserungen im digitalen Verwaltungsservice?

Schwarz: Wir freuen uns sehr, dass das Digitalisierungsprojekt „eGovernment Service- und Analyse-Dashboard“ den Award in der Kategorie „Landkreise, Ministerien und Behörden“ gewonnen hat. Das Projekt wurde von mehreren hessischen Städten entwickelt und bietet eine benutzerfreundliche Übersicht, die den Kommunen hilft, ihre Online-Dienste zu verbessern, indem sie Daten zur Nutzung, Abbruchquoten und Zahlungsarten anzeigt. Dabei werden alle Daten anonymisiert, um die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Die Vergleichbarkeit der Daten zwischen mehreren Kommunen hilft, digitale Dienstleistungen effizienter und benutzerfreundlicher zu gestalten. Bürgerinnen und Bürger profitieren so von einer verbesserten und datengestützten Verwaltung. 

Das Land Hessen fördert seit August auch die Nutzung von Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung. Was hat es mit dem geförderten Projekt namens „Smart KIKZ“ auf sich?

Schwarz: Die Stadt Offenbach arbeitet zusammen mit Gießen, Wetzlar und Fulda an einem Projekt namens „Smart KIKZ“. Das Ziel ist hierbei, die Datenerhebung und das Datenmanagement in der Kommune zu verbessern und begleitend dazu Erfahrungen mit der Nutzung von KI zur Datenanalyse zu machen. Dazu müssen wir natürlich auch viel Kompetenzaufbau betreiben. Das Land Hessen unterstützt uns dabei mit Mitteln aus dem Programm „Starke Heimat Hessen“. 

Wie wird das Projekt „Smart KIKZ“ in Offenbach umgesetzt?

Schwarz: Wir bauen ein Datenmanagement-Büro in der Verwaltung auf, parallel zu dem Datenmanagement-Büro, das bereits in den Stadtwerken gestartet ist. Das passiert im Austausch mit unserer Abteilung Statistik und Wahlen, mit deren Beteiligung wir auch die Datenstrategie entwickelt haben. Das erste Arbeitspaket ist die Dateninventur. Da geht es darum zu erfassen, welche Daten wir in Stadtverwaltung und Stadtwerken überhaupt haben, wo diese Daten liegen und wer sie pflegt. Dabei erhoffen wir uns schon erste Erkenntnisse, zum Beispiel zu Überschneidungen oder Lücken. Das Ziel ist, unsere Daten effizienter zu nutzen und zu verhindern, dass wir wertvolles Wissen verlieren, beispielsweise, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Stadtverwaltung verlassen.

Welche Hindernisse begegnen Ihnen bei der Implementierung der digitalen Projekte?

Schwarz: Der Aufbau der notwendigen Infrastruktur, einheitlicher Plattformen und Standards für Sensorik und Daten, ist umfangreicher als gedacht. Außerdem müssen wir in der Verwaltung auch nebenbei die entsprechenden Kompetenzen aufbauen und miteinander teilen – das braucht seine Zeit, und das passiert bei den meisten neben dem Tagesgeschäft. Wir haben zur Unterstützung ein Digitallotsennetzwerk eingerichtet, bei dem die Vorgesetzten den Mitarbeitenden drei Stunden pro Woche für Digitalthemen in ihrem Bereich frei geben.  Das ist auch nicht allen möglich, aber wir freuen uns über die Kolleginnen und Kollegen, die das Netzwerk für den Austausch und die Fortbildung nutzen.

Welche Projekte und Ziele sind für 2025 vorgesehen?

Schwarz: Das Projekt „Smart KIKZ“ wird einen Großteil unserer Kapazitäten binden. Daneben engagieren wir uns aber auch zusammen mit der Hochschule für Gestaltung, der Offenbacher Industrie- und Handelskammer sowie dem Verein VAIR e.V. in dem Projekt „Transformation through Design“, kurz  „TraFoDes“. Dabei geht es darum, die Forschung der Hochschule dafür zu nutzen, um inklusivere Projekte zur Stadtentwicklung umzusetzen, die eine nachhaltige positive Transformation des öffentlichen Raumes zum Ziel haben. Offenbach gilt als „Arrival City“. Wir sind eine Stadt, in der Menschen aus aller Welt ankommen, aber oft nicht lange bleiben. Wir wollen, dass Offenbach eine Stadt wird, in der Menschen länger bleiben und sich wohlfühlen. Dazu wollen wir insbesondere die Gruppen, die bisher noch nicht so aktiv in der Stadtgestaltung sind, aktivieren. Mit dem Projekt haben wir dazu ein Konzept vorgelegt und den Fördermittelgeber überzeugt: Ab 2025 bis 2029 stehen insgesamt 5 Millionen Euro für das Vorhaben zur Verfügung. Mit den Projekten wollen wir erreichen, dass Offenbach für alle ein attraktiver Ort bleibt, an dem Menschen langfristig ihre Zukunft sehen – das ist der Kern unseres Konzepts. 

Wie wird sichergestellt, dass das Projekt den vielfältigen Bedürfnissen der Offenbacher Bevölkerung gerecht wird?

Schwarz: Die Hochschule für Gestaltung ist der Projektträger und setzt ihre Forschung sowie Wissen hier in den Dienst der Stadt. Ihr Ansatz, "Transformation through Design", sieht Design nicht nur als ästhetisches Element, sondern als Mittel, um Zugänge zu schaffen und Menschen mit Orten zu verbinden. Projekte, die gefördert werden, müssen diesen Transformationsansatz verfolgen. In diesem Jahr werden wir konkretere Beispiele bringen – und dann wird auch bald der erste Aufruf kommen, um gemeinsam Projekte für Offenbach zu entwickeln.

Welche Fortschritte gibt es bei der Entwicklung der Open Smart City App, die für 2025 geplant ist?

Schwarz: Die Entwicklung der Open Smart City App läuft auf Hochtouren. Wir befinden uns gerade kurz vor der Vergabe. In diesem Jahr wird die App dann erhältlich sein. Sobald es einen Prototyp gibt, werden wir ihn zunächst mit ausgewählten Nutzerinnen und Nutzern testen, um sicherzustellen, dass die App reibungslos funktioniert und um eventuelle Probleme frühzeitig beheben zu können.

Wie steht es um die Anzahl der Freifunk-Router in der Stadt und wie wird das Angebot von den Bürgerinnen und Bürgern bislang angenommen?

Schwarz: Bisher haben wir eine niedrige zweistellige Anzahl an Freifunk-Routern in der Stadt. In diesem Jahr konnten wir schon neun Router fördern, wir haben aber noch weitere Anträge von Bürgerinnen und Bürgern, die wir aufgrund der ausgereizten Fördergrenze von 1000 Euro noch nicht bewilligen konnten.  Wir wollen die Fördersumme auf 2000 Euro erhöhen lassen und dann auch nochmal Werbung machen. Wenn Bürgerinnen und Bürger einen Router erhalten und Fragen dazu haben, berät sie der Frankfurter Verein Freifunk e.V. kompetent.

Welche weiteren Projekte liegen Ihnen besonders am Herzen?

Schwarz: Unser "Jugend hackt Lab" ist ein großartiges Projekt, das wie vor über zwei Jahren nach Offenbach geholt haben. Im Gegensatz zu kommerziellen „Hackathons“, bei denen Unternehmen oder Organisationen mit externen Programmiererinnen und Programmierern innerhalb weniger Tage hochwertige Lösungen entwickeln, ist „Jugend hackt“ ein spielerisches Angebot für Jugendliche, um ihre technischen Fähigkeiten auszuprobieren und neue zu lernen. Alle zwei Wochen gibt es einen dreistündigen Workshop samstags, bei dem Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren von ehrenamtlichen Mentorinnen und Mentoren aus der IT-Branche oder der Wissenschaft betreut werden. Besonders stolz sind wir auf die steigende Zahl von Mädchen, die mitmachen. Das Projekt findet in Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek in deren Räumen statt und bietet neben dem Themenfeld Programmieren auch Lötprojekte an. Ziel ist es, den Jugendlichen Werkzeuge an die Hand zu geben, mit denen sie kreativ und selbstständig arbeiten können. Wer mehr dazu wissen will, kann sich über www.offenbach.de/jugendhackt dazu informieren.

Hintergrund: 

Die Stabstelle Digitalisierung wurde im März 2021 eingerichtet und wird von Anne Schwarz und Marius Müller geleitet. Sie koordiniert alle bestehenden und neu geplanten Digitalisierungsprozesse in der Verwaltung und bei den Stadtwerken. Ihre Kernaufgaben sind die Digitalisierung der Stadtverwaltung und der Stadt Offenbach den Weg zur Open Smart City zu ebnen. 

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