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Stadt Offenbach

Ohne Worte: Sigrid Kirbach zeigt ihr Offenbach

Seit 1981 ist die Hamburgerin Sigrid Kirbach in Offenbach beheimatet. Ihre Tour im Rahmen „Ich zeig Dir meine Stadt“ des Freiwilligenzentrums stellte sie unter das Motto „Ohne Worte“ und die einzelnen Stationen ihrer Tour trugen dazu bei, dieses kleine Rätsel zu lösen.

Nach dem Abitur verließ Sigrid Kirbach ihre Heimatstadt Hamburg, studierte in Darmstadt und arbeitete dann als Software-Entwicklerin bei der Lufthansa. Die Wohnungssuche führte sie nach Offenbach, bis heute wohnt sie in der Nähe des Wilhelmsplatzes. Erste Sprachschwierigkeiten hatte sie im Kontakt mit einem Techniker am Lochkartenleser. Weil die Karte nicht ordentlich gelesen wurde, sollte sie „Alsemal druffdrügge“ auf den Knopf. So drückte sie, wie sie es verstanden hatte, sofort auf den Knopf, gemeint war aber nur ab und zu. Hessisch ist gar nicht einfach zu verstehen!

Turm der ehemaligen Schlosskirche

Der Ausgangpunkt der Tour von Sigrid Kirbach war der Turm der ehemaligen  Schlosskirche, der 1943 nach einem Bombenangriff erhalten blieb. Für Sigrid Kirbach ein Mahnmal, bei dessen Betrachtung sie immer wieder „ohne Worte“ ist, angesichts der Gräuel der Nazizeit und des 2. Weltkrieges. Ebenso erging es vielen Teilnehmern der Tour. Die Gruppe hatte dann die seltene Gelegenheit, den Turm von innen zu besichtigen.

Aber das Gelände der heutigen evangelischen Stadtkirchengemeinde birgt für Sigrid Kirbach, die inzwischen sich im Freiwilligenzentrum engagiert, auch viele gute Erinnerungen. Als Neuling in der Stadt erhielt sie viele soziale Kontakte über die evangelische Bildungsstätte: im Geburtsvorbereitungskurs, dem einzigen in Offenbach und Frankfurt, bei dem damals auch die Väter dabei sein durften, sowie in den Miniclub und Kindergartengruppen ihrer Kinder. Freundschaften aus dieser Zeit sind bis heute erhalten.

Nur wenige Schritte führen zum nächsten Ort, der Volkshochschule, „doch im Leben von Sigrid Kirbach sind etwa 15 Jahre vergangen, bis dieser Ort für sie besondere Bedeutung erhielt“, erläutert Sigrid Jacob vom Freiwilligenzentrum. Seit inzwischen 20 Jahren lernt Sigrid Kirbach die Gebärdensprache an der VHS. Ihre Tochter war genauso neugierig wie sie auf den Sprachkurs und hat das Hobby zum Beruf gemacht als Förderschullehrerin an einer Schule für Kinder mit Hörschädigung. Sigrid Kirbach ist beim Kurs geblieben, der sich inzwischen zu einem Konversationskurs und einem Stammtisch mit vielen sozialen Kontakten entwickelt hat.

Die Gebärde für Deutschland ist nach wie vor die Andeutung der Pickelhaube.

Im fünften Stock der VHS traf die Gruppe auf Achim Kreutz, dem Gebärdensprachlehrer. Da Achim Kreutz selbst gehörlos ist, saß die Gruppe im Stuhlkreis, damit er von den Lippen ablesen konnte. Sigrid Kirbach übersetzte noch zusätzlich und so erfuhr die Gruppe einiges Interessantes aus der Welt der Gehörlosen- und Gebärdensprache.

Die Gruppe sitzt im Stuhlkreis um "lauscht" Sigrid Kirbach und Achim Kreutz.

Auch diese entwickelt sich ständig weiter. Für Angela Merkel gibt es inzwischen die dritte Gebärde: zunächst war es die Andeutung ihrer heruntergezogenen Mundwinkel, dann ihre typische „Merkel-Raute“ und heute werden die drei mittleren Finger als „M“ an den Kopf geführt, um ihre Führungsposition in Deutschland anzudeuten. Die Gebärde für Deutschland ist nach wie vor die Andeutung der Pickelhaube: ein Zeigefinger wird an die Stirn gehalten. Auch das Handy hat bereits die dritte Gebärde: zu Beginn wurde die Faust mit gestrecktem Zeigefinger ans Ohr geführt – dieser stellte die Antenne dar -, dann war es die Form eines Hörers am Ohr und inzwischen wischt der rechte Mittelfinger über die flache linke Hand – es ist schließlich das Zeitalter des Smartphones!

Worte sind zwar an der dritten Station der Tour von Sigrid Kirbach wichtig, aber mindestens ebenso Mimik, Gestik und die Verwandlung durch Kleidung und Accessoires. Sarah Baumann vom Theater T-Raum in der Wilhelmsstraße wartete schon auf die Gruppe. Seit vielen Jahren feiert Sigrid Kirbach an diesem Ort Silvester und liebt die Theatervorführungen von Sarah Baumann, Frank Geissler und ihrem Team. Höchstens 38 Sitzplätze hat der „Theatersaal“, die Zuschauer sind immer ganz nah dran. In einer zehnminütigen Vorführung zeigte Sarah Baumann, wie sie ohne viel Aufhebens sich in unterschiedlichste Charaktere verwandelt kann: mit verhuschter Körperhaltung in eine eher verwirrte Frau, auf Stöckelschuhen in eine laszive Tänzerin oder mit schweren Schuhen, Schal und angedeuteten breiten Schultern in einen polternden Mann.  

Sarah Baumann vom Theater T-Raum gibt eine Kurzvorstellung.

Auch bei der achten Tour von „Ich zeig Dir meine Stadt“ des Freiwilligenzentrums waren die zwei angesetzten Stunden im Flug vergangen. Die Teilnehmer erfuhren neben den Einblicken in besondere Orte auch viel Persönliches von der Tourführerin. Das ist auch das Ziel der Touren: Das vielseitige und internationale Leben in Offenbach soll für die Teilnehmer also auf eine persönliche Art und Weise erlebbar gemacht werden und die Stadt mit anderen Augen entdeckt werden.

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