Theater der Welt(en) überwindet Grenzen und schafft neue Perspektiven
04.04.2023 – Live-Übertragung in drei Länder, mehr als 80 internationale Schauspielerinnen und Schauspieler sowie Journalistinnen und Journalisten im Capitol, fast 60 Personen im Goethe-Institut in Tokio: mit „Welcome in Offenbach“ und „Bienvenue à Offenbach“ begrüßte Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke anlässlich der Programmvorstellung des Theater der Welt im Capitol Theater am Donnerstag, 29. März.
Und er ließ es nicht bei der internationalen Begrüßung bewenden, sondern betonte den in Gang gekommenen Kulturwandel in der Region. Schließlich sei es in der Vergangenheit nicht allzu oft vorgekommen, dass Frankfurt und Offenbach stadtgrenzenüberschreitend zusammenarbeiten – und nun immer öfter: „Ich freue mich, dass die 2020 gemeinsam angegangene Bewerbung für das alle drei Jahre stattfindende Festival gelungen ist und danke ausdrücklich insbesondere den in Frankfurt Beteiligten. Sie kamen nämlich von sich aus mit dem Vorschlag auf uns zu. Darüber waren wir sofort begeistert – und wenn man jetzt auf das Programm blickt sieht man: es hat sich gelohnt.“ Zudem freue er sich, dass die Eröffnung ebenfalls im Capitol Theater stattfinde, dass anlässlich der Programmvorstellung schon einmal zum Perspektivwechsel einlud: Denn dort, wo normalerweise Bühnenbilder bewegt, Texte rezitiert werden oder das Capitol Symphonie Orchester aufspielt, öffnete sich den Anwesenden der Blick in den Zuschauerraum.
Auf der Bühne koordinierte Anna Wagner, eine von fünf Co-Intendanten des Festivals, den Ablauf. Wagner hat gemeinsam mit Marcus Droß im vergangenen Jahr die Leitung des KünstlerInnenhaus Mousonturm übernommen. Dessen ehemaliger Intendant Matthias Pees hatte gemeinsam mit dem Intendanten des Schauspiel Frankfurt, dem Direktor des Museums für Angewandte Kunst, Matthias Wagner K. und dem Amt für Kulturmanagement der Stadt Offenbach die Bewerbung bereits 202 angegangen und vorangetrieben. Unterstützt wird das mehrtägige Festival, das mit wegweisenden Produktionen 29. Juni bis 16. Juli in Offenbach und Frankfurt stattfindet, auch vom Land Hessen, der Stadt Frankfurt sowie unter anderem vom Offenbacher Energieversorger EVO und Dr. Marschner Stiftung. Schwenke dankte allen Sponsoren ausdrücklich.
Virtuelle Realitäten in der Alten Schlosserei
In der Veranstaltungshalle Alte Schlosserei der EVO ermöglicht der preisgekrönte thailändische Regisseur Apichatpong Weerasethakui „A conversation with the sun“. Dabei werden die mit VR-Brillen ausgestatteten Besucher selbst zu Darstellenden und erleben gleichzeitig eine Grenzüberschreitung, denn, so erklärt Weerasethakui in einer Liveschaltung, Virtuelle Realität baue eine Brücke ins Unterbewusstsein und werde langfristig unsere Art des Träumens beeinflussen, ist sich der Künstler sicher. VR-Brillen kommen auch bei der Produktion „Prometheus Bond“ des japanischen Malers Meiro Koizumi zum Einsatz, der erste Teil seiner Triologie findet ebenfalls in der Alten Schlosserei statt. Zwei Beispiele aus dem Gesamtprogramm, dass eine international, immersiv und inspirierende Zeit verspricht. Mindestens. Insgesamt 36 Produktionen auf den Bühnen beider Städte schlagen eine künstlerisch-kreative Brücke, dazu kommen Rauminterventionen entlang des Mains und besondere Stadtführungen. Das Programm ist ambitioniert und vermutlich hätte Programmdirektorin Chiaki Soma den Bogen noch weiter spannen können, schließlich liegt einiges in der Welt im Argen und ist Vieles neu zu verhandeln. Der erhoffte Aufbruch in die postpandemische Zeit wurde durch den Ukrainekrieg ausgebremst, Klimawandel und die Herausforderungen der Gegenwart, Zukunft zu gestalten sind immens. Ungewissheit ist zum bestimmenden Moment des Daseins geworden, Heilung oder zumindest Hoffnung versprechen Kunst und kreative Prozesse. Deshalb, aber auch, weil das Festival erstmals nach über 40 Jahren wieder in der Rhein-Main-Region und mit den Städten Frankfurt und Offenbach in international und divers geprägten Orten, stattfindet, hat Soma aus dem Festival „Theater der Welt“ ein „Theater der Welten“ gemacht, das vielschichtig und in unterschiedlichen Formaten den Blick weitet und generationenübergreifend zum Perspektivwechsel einlädt. Sogar an die Kleinen hat Soma gedacht und Koleka Putuma aus Kaptstadt eingeladen. Sie baut am 7. Juli ein Zelt in der Wetter- und Klimawerkstatt in der Frankfurter Straße auf und lädt zur Theaterreise mit Objekten, Klängen und mehrstimmigen Gesang für Babys von 0 bis 1 Jahr und ihre Bezugspersonen. Einige Tage zuvor, nämlich am 1. Juli verwandeln verschiedene Akteure und Darstellerinnen die Offenbacher Innenstadt im Rahmen des internationalen Straßentheaterfestivals in eine große Bühne.
Von Offenbach nach Frankfurt spazieren
Unerwartete Begegnungen verspricht das Projekt „Meet me at the Bench“, das Offenbach und Frankfurt unmittelbar verbindet und beim Spaziergang entlang des Mains zum Verweilen und Platz nehmen lädt: An ausgewählten Bänken kann dann mittels einer App Geschichten von Künstlerinnen und Künstlern gelauscht werden. Die Grenzen sind fließend, und, so erklärt Ina Hartwig, Kulturdezernentin der Stadt Frankfurt, für Eingeplaggte, also Zugezogene, sie kam vor mehr als 20 Jahren nach Frankfurt, kaum wahrnehmbar. „Ausgehend von Offenbach und Frankfurt wird etwas für die Zukunft entstehen, ein neuer Knotenpunkt, der unterschiedlichen Stimmen, Geschichten und Perspektiven eine Plattform gibt“, ist sie sicher. Kuratorin Soma schlägt Brücken, zwischen beiden Städten und deren Spielstätten, aber auch zwischen verschiedenen Welten, Generationen und Kulturen. Der Vorverkauf für das Festival Theater der Welt hat begonnen, einen Überblick über Programm und Spielstätten gibt es auf der Website