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Stadt Offenbach

Stadtgesundheitsamt informiert über Demenz

„Wie bleibt man im Alter geistig fit, wo doch Demenz in unserer alternden Gesellschaft eine immer größere Rolle spielt?“ Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Experten an diese Frage gesetzt. Dabei heraus gekommen sind neben Begriffsdefinitionen auch konkrete Hinweise, woran die Erkrankung zu erkennen ist und welche Empfehlungen für die tägliche Lebensführung sich aus Studien ergeben haben.

Das Stadtgesundheitsamt der Stadt Offenbach am Main hat Informationen dazu für Offenbacherinnen und Offenbacher zusammengestellt. Auf die Frage „Woran bemerkt man eine Demenz?“, nennt Dr. Bernard Bornhofen, Amtsarzt der Stadt Offenbach, unter Bezug auf das amerikanische nationale Alters-Institut sieben Warnzeichen: Menschen, die an beginnender Demenz erkranken, wiederholen oft die gleiche Frage oder die gleiche kurze Geschichte. Mitunter wiederholen sie statt einer Antwort eine an sie gestellte Frage. Sie verlieren die Fähigkeit, alltägliche Verrichtungen wie Kochen oder Kartenspiel auszuführen – auch die Handhabung der Fernbedienung für das Fernsehen. Sicherer Umgang mit Geld, Überweisungen und Rechnungen ist nicht mehr gegeben. Erkrankte legen ohne Absicht Gegenstände an ungewöhnlichen Orten ab und finden sie dann nicht mehr. „Es kann sogar so weit gehen, dass andere Menschen verdächtigt werden, die vermissten Gegenstände weggenommen zu haben“, erläutert Bornhofen. Ein sichtbares Zeichen ist auch, wenn Menschen ihr Äußeres stark vernachlässigen – dies auf Nachfrage aber bestreiten.

„Wenn Betroffene oder Angehörige diese Warnzeichen bemerken, sollten sie sich ärztliche Hilfe holen.“  

Ursachen noch nicht geklärt

Die Ursachen von Demenzen sind noch nicht vollständig geklärt. Gene und Vererbung spielen eine Rolle. Daneben existieren auch Faktoren, welche den Verlauf positiv und negativ beeinflussen können. „Das Alter ist der stärkste bekannte Risikofaktor für das Auftreten einer Demenz d.h. je älter Menschen werden, umso größer wird das Risiko an einer Demenz zu erkranken. Die Demenz ist aber keine natürliche oder unvermeidliche Folge des Alterns“, so Bornhofen. In den letzten Jahrzehnten haben mehrere Studien einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Demenz und ihren Vorläuferkrankheiten mit Risikofaktoren wie körperlicher Inaktivität, Tabakkonsum, ungesunder Ernährung und schädlichem Alkoholkonsum gezeigt. Mit dem Lebensstil sind auch einige Krankheiten mit einem erhöhten Risiko für Demenz verbunden. Dazu gehören Bluthochdruck, Diabetes, Hypercholesterinämie und Fettleibigkeit. Weitere beeinflussbare Risikofaktoren sind Einsamkeit, Interesselosigkeit und Inaktivität.

„Das Vorhandensein beeinflussbarer Risikofaktoren bedeutet, dass eine Vorbeugung oder eine Verlangsamung des Auftretens der Demenz möglich ist“, erklärt Bornhofen.

Empfehlungen für den Alltag

Im Mai 2019 hat die WHO in Genf erstmals evidenzbasierte Empfehlungen mit dem Ziel vorgelegt, das Auftreten von primären Demenzerkrankungen in den kommenden Jahren zu senken. Evidenzbasiert bedeutet, dass die Empfehlungen aufgrund von Studien und Beweisen belegbar sind. Die Qualitätsstufen der Evidenz sind hoch, moderat, niedrig und sehr niedrig.

„Die WHO hat ihre Empfehlungen je nach Stärke in „stark“ und „eingeschränkt“ eingeteilt. An starke Empfehlungen sollten sich möglichst alle Menschen halten, hier überwiegt der Nutzen die Risiken“, erläutert Bornhofen das Verfahren. Für die eingeschränkten Empfehlungen gibt es entweder Alternativen oder sie sind nur für spezielle Gruppen geeignet.

Das Stadtgesundheitsamt empfiehlt daher vor allem Bewegung, nicht Rauchen und die Kontrolle des Blutdruckes. Von Vitamin- und Ernährungspräparaten wird ausdrücklich abgeraten.

Körperliche Aktivität steht ganz oben auf der WHO-Liste. Dazu rät die WHO mit einer starken Empfehlung allen kognitiv gesunden Erwachsenen. Begründet wird dies mit über Jahrzehnte laufenden Studien, in denen die Demenzrate umso geringer war, je mehr sich die Teilnehmer im Laufe ihres Lebens bewegt hatten. Körperliche Aktivität scheint sowohl einen direkten günstigen Einfluss auf Hirnstrukturen zu haben, als auch indirekt über verbesserte Herz- und Stoffwechsel-Funktionen die Demenzgefahr zu senken.

Als geeignet wird aerobes Ausdauertraining, Krafttraining oder ein Training mit verschiedenen Komponenten angesehen. „Aerob bedeutet hier, dass man die Anstrengung nicht übertreibt, damit Herzschlag und Atmung nicht ungesund ansteigen.“ Die WHO empfiehlt allen Menschen von 5 bis über 65 Jahren sich täglich zu bewegen. Bei Menschen über 65 Jahren gibt es zwei Varianten: Entweder wird moderat und dafür bis zu 150 Minuten pro Woche (also 25 Minuten pro Tag) trainiert. Alternativ kann ganz intensiv nur 75 Minuten pro Woche (also 15 Minuten pro Tag) aktiv trainiert werden. Keine Trainingseinheit sollte dabei kürzer als 10 Minuten sein.

Wer in der Altersgruppe über 65 noch mehr für seine Gesundheit tun möchte, darf beide Varianten noch steigern. Das heißt bei moderatem Training auf 45 Minuten pro Tag und 300 Minuten pro Woche oder auf Intensiv-Training für 25 Minuten pro Tag und 150 Minuten pro Woche.

„Selbst ältere Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit sollten sich mindestens an drei Tagen in der Woche bewegen, um das Gleichgewicht zu trainieren und die Sturzgefahr zu vermindern“, betont Bornhofen.

Für Menschen, bei denen bereits kognitive Einschränkungen aufgetreten sind, schätzt die WHO den Nutzen von Bewegung als nicht mehr so groß ein. Hier gibt es nur noch eine eingeschränkte Empfehlung als Schutz vor Demenz. „Aber auch hier gilt: Was rastet, das rostet.“

Ohne Qualm, gute Ernährung und Blutdruck kontrollieren

Tabak und Rauchen sind bekannte Risikofaktoren für Krebs, Herzinfarkt und Atemwegserkrankungen. Es wird davon ausgegangen, dass im Tabak enthaltende Substanzen auch das Gehirn direkt schädigen, zusätzlich trägt Rauchen als Risikofaktor für Herz und Gefäßkrankheiten zur Demenzentstehung bei. Die Raucherentwöhnung erhält daher ebenfalls eine starke Empfehlung, weil der Nutzen der Entwöhnung die Risiken übertrifft.

Eine gute Blutdruckkontrolle bei Menschen mit Bluthochdruck erhält ebenfalls eine starke Empfehlung der WHO. Nach Studiendaten ist ein Bluthochdruck vor allem im mittleren Lebensalter für das spätere Demenzrisiko relevant, weniger deutlich ist der Zusammenhang nach der WHO-Analyse für einen Bluthochdruck im höheren Alter. Wichtig wäre es, das Entstehen eines Bluthochdrucks durch einen gesunden Lebensstil mit viel Bewegung und gesunder Ernährung zu vermeiden und Bluthochdruck leitliniengerecht mit Medikamenten zu behandeln, so die WHO-Experten.

Von Vitamin- und Fettsäurepräparaten wird ausdrücklich abgeraten. Studien zeigen bei der Einnahme von Vitamin B, E und mehrfach ungesättigten Fettsäuren keine günstigen Effekte auf das Demenzrisiko. Hohe Vitamin-E-Dosierungen waren problematisch. Eine eingeschränkte Empfehlung wird für die mediterrane Ernährung sowie eine ausgewogene Ernährung basierend auf vorhandenen WHO-Leitlinien ausgesprochen. Dazu gehören viel Obst, Gemüse, Nüsse, Vollkornprodukte, Fisch, wenig Zucker, wenig Salz und wenig ungesättigte Fettsäuren.

Weitere Empfehlungen

Wenig oder kein Alkohol, kognitives Training, soziale Aktivität und Gewichtsmanagement erhalten jeweils eine eingeschränkte Empfehlung. Ärztinnen und Ärzte sollten auch zur Demenzprävention alkoholabhängigen Personen oder solchen mit riskantem Konsum eine Verhaltens- oder Psychotherapie anbieten und Patienten mit Gewichtsproblemen auf Maßnahmen zum Abnehmen verweisen. Kognitive Anreize – also Gehirnjogging – und Hilfe gegen soziale Isolierung und Einsamkeit können ebenfalls helfen, der Nachweis aus den Studien ist jedoch gering. Bei Zuckerkrankheit, Fettstoffwechselstörungen und Hörverlust, die ebenfalls auf der WHO-Liste der Demenzrisikofaktoren vermerkt sind, verweist die WHO auf bestehende Therapieleitlinien. Diese sollen bestmöglich eingehalten werden. Wenn das gelingt, ist als Nebeneffekt ein reduziertes Demenzrisiko wahrscheinlich.

Auch wenn nicht ausdrücklich von der WHO erwähnt: Nach Einschätzung von Dr. Bornhofen ist das Tanzen die optimale Vorbeugung gegen Demenz. Durch die Bewegung, die Musik, die Freude und das soziale Miteinander werden gleich mehrere positive Faktoren gleichzeitig aktiviert. Am besten schon im jungen und mittleren Lebensalter mit dem Tanzen anfangen und sich auch von Schicksalsschlägen nicht davon abbringen lassen.

In Offenbach können sich Betroffene an das Stadtgesundheitsamt im Stadthaus, Berliner Straße 60 wenden (Rufnummer: 069 8065-2611). Auch das Demenzzentrum StattHaus Offenbach der Hans und Ilse Breuer Stiftung in der Geleitsstraße 94 (Rufnummer: 069 2030 5546) und die Alzheimer Gesellschaft Region Offenbach, Dr. G. Plaut (Rufnummer: 069 8787 6506) stehen als Ansprechpartner zur Verfügung. Weitere Angebote sind im Internet unter www.offenbach.de mit dem Stichwort „Demenz“ über die Suchfunktion (Lupe oben rechts) aufrufbar.

Begriffsklärung

Der Begriff „Demenz“ leitet sich ab vom lateinischen „demens“: unvernünftig‚ ohne Verstand sein, und kann mit „Nachlassen der Verstandeskraft“ übersetzt werden. Demenz ist ein Oberbegriff für mehr als 50 Krankheitsformen. Sie verlaufen unterschiedlich, führen jedoch alle langfristig zum Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit. Die Ursachen für Demenzerkrankungen sind vielfältig. Zu unterscheiden ist grundsätzlich zwischen primären und sekundären Demenzen. Primäre Demenzen haben ihren Ursprung im Gehirn. Eine sekundäre Demenz ist Folge einer anderen, bereits vorhandenen Grunderkrankung. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation waren im Jahr 2015 auf der ganzen Welt 50 Millionen Menschen von Demenz betroffen. Dies entspricht etwa 5% der Weltbevölkerung im Alter über 60 Jahre. Mit der Alterung der Bevölkerung wächst die Zahl der Demenzkranken. Derzeit kommen in jedem Jahr weltweit 10 Millionen neue Fälle hinzu. Im Jahr 2050 wird weltweit mit 152 Millionen Demenzkranken gerechnet. Die häufigste Form der Demenz ist die Alzheimer Erkrankung.

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