Die Idee war schon lange da – Vom Wunsch zur Realität

Die Idee hatte ich schon länger! Inspiriert wurde ich durch meinen Besuch des Amsterdam Pride (dem niederländischen Gegenstück zu unserem CSD), der auf Booten in den Grachten stattfindet. Das erste Boot wird immer mit dem Oberbürgermeister besetzt und die zuständigen Sicherheitsorganisationen wie Feuerwehr, Polizei oder Militär sind mit eigenen Booten vertreten. Dieser Eindruck hat mich stark geprägt. Auch in anderen europäischen Ländern wie England ist die Feuerwehr mit eigenen Wagen bei fast allen Prides vertreten. Letztlich war mit diesen Eindrücken die Teilnahmeidee geboren – jedoch war es noch nicht an der Zeit, das Vorhaben umzusetzen.

 
Die Idee selbst hatte ich schon vor über 10 Jahren, zu einer Zeit, wo „hippe“ Firmen und Banken die CSDs dominierten und die öffentliche Verwaltung sich leider noch nicht gezeigt hat. Bei den großen CSDs in Deutschland wie Berlin, Köln, Hamburg oder Frankfurt waren die öffentliche Verwaltung und insbesondere die „Uniformträger“ maximal zur Sicherung der Veranstaltung vertreten. Feuerwehrleute sah man höchstens mal als Teil von Fetischgruppen und mit Verlaub, das spiegelt nicht meinen Beruf wider.

Ich denke, es gibt mehrere Faktoren. Zum einen wird Homosexualität nicht mehr in die „Schmuddelecke“ gestellt und ist Teil der Gesellschaft geworden. Zum anderen ist das Thema in der öffentlichen Verwaltung angekommen, sodass Akzeptanz und Inklusion nicht nur gepredigt, sondern auch gelebt werden. Meine ersten Versuche, damals noch bei der Stadt Kassel mit der Feuerwehr an einem CSD teilzunehmen, scheiterten leider an Formalien und abgelehnten Genehmigungen.

Ich konnte mit dem Amtsleiter einen motivierten Unterstützer für mein Vorhaben gewinnen. Zu meiner Freude durfte ich nicht nur über Material verfügen, sondern ich bekam zusätzlich die notwendige finanzielle Unterstützung. Somit war die erste Teilnahme der Feuerwehr Offenbach (wohlgemerkt vor den Frankfurter*innen, die sich erst auf Nachfrage von mir ebenfalls dem Thema gewidmet haben) am Frankfurter CSD möglich.

Natürlich gab und gibt es negative Stimmen, aber sie werden leiser. Die Aussagen, die mir am meisten zugetragen wurden, gingen von „Für so einen Sch… haben wir Geld“ bis hin zu „Dann können wir ja bald bei jeder Kirmes mitmachen“ …Klar, damit habe ich gerechnet und das kennt man ja leider. Umso mehr hat es mich gefreut, dass sich unaufgefordert eine ganze Gruppe aus dem Kolleg*innenkreis gegründet hat, die mitmachen wollte und die sich nicht in unserem Vorhaben beirren lassen hat. 

Kalt lässt einen das nicht, aber letztlich beweisen solche Aussagen nur, dass es umso wichtiger ist, nicht aufzugeben. Ich habe in meinem Leben schon viel Ablehnung und Diskriminierung aufgrund meiner Sexualität erlebt. Ich bin dankbar dafür, dass unser Rechtssystem mittlerweile solche Stigmatisierungen verfolgt, aber gleichzeitig zeigt es mir, dass noch viel zu tun ist. Die geschlechtliche Orientierung ist weder eine Laune noch eine Krankheit, sie ist ein natürlicher Teil des Seins. Jemanden wegen Sexualität, Geschlecht, Herkunft oder Hautfarbe als nicht gleichwertig einzustufen sehe ich eher als launenhaft und sozialinkompetent an. Daher war es für mich umso schöner, als ich für mein Projekt so deutlichen Rückhalt bekommen habe.

Was Feuerwehrleute richtig gut können, ist organisieren. Sehr schnell hatte ich das benötigte Fahrzeug und alles, was man noch für einen solchen Wagen braucht. Meistens musste ich nur „in die Runde fragen“ und es war sehr schnell für alles gesorgt. Dekorativ war bei der ersten Teilnahme 2022 noch etwas Luft nach oben, aber man wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben. Wir hatten wahrscheinlich nicht das am besten durchgestylte Fahrzeug, dafür eine geniale Stimmung unter den Teilnehmenden und für das Publikum jede Menge „Löschwasser“ (Wassereis-Sticks). Für uns galt das Motto, welches der Berliner Oberbürgermeister einmal gesagt hat: „Arm, aber sexy!“

Zumindest waren wir die treibende Kraft und die erste Feuerwehr in Hessen, die sich beim Frankfurter CSD angemeldet hat – meines Wissens nach auch die erste Feuerwehr bei einem regional größeren CSD. Wobei man aber ganz klar sagen muss, dass wir nicht nur als Berufsfeuerwehr, sondern als Feuerwehr Offenbach teilgenommen haben, also mit Teilnehmenden aus der ehrenamtlichen Freiwilligen Feuerwehr und der Berufsfeuerwehr.

Als gebürtiger Nordhesse sind mir die regionalen Sticheleien zwischen der etwas größeren „Vorstadt“ und Offenbach natürlich nicht verborgen geblieben und manchmal kann man solch eine Rivalität natürlich zum Vorteil nutzen. Aufgrund meiner Kontakte zur Berufsfeuerwehr Frankfurt reichte es schon aus den Kolleg*innen zu sagen, dass die Offenbacher Feuerwehr am Frankfurter CSD teilnimmt …das war Ansporn genug, um die Frankfurter daraufhin ebenfalls zum Organisieren einer Teilnahme zu motivieren.

Somit sind wir zwar die erste, aber glücklicherweise nicht einzige Feuerwehr, die seit 2022 aktiv am CSD teilnimmt.

Da gibt es einiges, aber allen voran, dass die Teilnahme am CSD weiter bestehen bleibt und nicht nur von ein paar wenigen „Zugpferden“ getragen wird. Die Feuerwehr ist ein Teil der Stadtverwaltung und ich würde mich freuen, wenn sich die Offenheit, die ich hier erlebe, sich auch durch eine Teilnahme der gesamten Stadtverwaltung widerspiegeln würde. Ich jedenfalls trage gerne meinen Teil dazu bei und freue mich, wenn wir von Jahr zu Jahr größer werden.

Leider erleben wir ja aktuell eher einen „Rollback“ in der Gesellschaft und politischen Landschaft und einen Verfall der Wertschätzung gegenüber Minderheiten. Daher fände ich es umso wertvoller, wenn wir als Stadtverwaltung ein ganz deutliches Zeichen gegen solche Tendenzen setzen und auch klarmachen, dass wir solche Menschen zwar akzeptieren müssen, sie aber nicht in unseren Reihen haben wollen.