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Stadt Offenbach

Stadt Offenbach gegen Aufweichung von Lärmschutzmaßnahmen in Wohngebieten

25.01.2016 – Offenbachs Bürgermeister Peter Schneider wendet sich gegen Bestrebungen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), die Schallschutzregelungen bei der Ausweisung von Wohngebieten im Bestand im Baugesetzbuch und in der Baunutzungsverordnung aufzuweichen.

Einem Schreiben des Hessischen Städtetages vom Dezember 2015 zufolge setzen sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) dafür ein, den Schallschutz bei „Heranrücken von Wohnbebauung an bestehende Nutzungen“, zum Beispiel Gewerbe, durch eine Überarbeitung des Baugesetzbuches beziehungsweise der Baunutzungsverordnung in 2016 neu zu regeln.

Insbesondere gibt es die Überlegung, in der Baunutzungsverordnung die neue Gebietskategorie für „Mischgebiete der Innenentwicklung“ einzuführen und das „Hamburger Fenster“ als passive Schallschutzmaßnahme gesetzlich zu verankern, was im Klartext das Zusammenrücken von Wohn- und Gewerbebebauung bedeute würde.

Peter Schneider findet hierfür deutliche Worte: „Die geplanten neuen Regelungen und die Einführung der neuen Gebietskategorie würden den Schallschutz in Städten aufweichen. Gleichzeitig soll das geltende Immissionsschutzrecht ausgehebelt werden. Ich werde alles daran setzen, dass hier das Planungsrecht nicht den Gesundheitsschutz für unsere Bürgerinnen und Bürger beeinträchtigt. Insbesondere darf eine Änderung nicht dazu führen, dass gesundheitsverträgliche Innenpegel nur mit geschlossenen Fenstern eingehalten werden können. Lärm macht krank, das wissen wir nicht erst seitdem die Ergebnisse der NORAH-Studie bekannt sind.“

Der Umweltdezernent stützt sich bei seinen Aussagen auf einen Bericht der Umweltminister-konferenz vom 13.11.2015 und des mit der Prüfung der Fakten beauftragten Arbeitskreises des Länderausschusses für Immissionsschutz. Dort wird klargestellt, dass es genug Instrumente im geltenden Immissionsschutzrecht gebe, die bei der Neuausweisung von Wohngebieten im Bestand den Lärmschutz regeln. Im Immissionsschutzrecht wird insbesondere definiert, wann die Lärmpegel die Zumutbarkeitsgrenzen erreicht haben. Diese sind zwingend im (Bau-)Planungsrecht zu berücksichtigen.  

Insbesondere gibt es auch für Einzelfälle mit historisch gewachsenen Strukturen und teilweise nicht immer miteinander verträglichen Nutzungen mit der „TA Lärm“ gute Regelungen, die sich in der Verwaltungspraxis bewährt haben und allen Nutzungen gerecht werden.

In der Arbeitsgruppe des Länderausschusses für Immissionsschutz wurde auch Kritik an den neuen Überlegungen laut. So wird dort zum Beispiel auch formuliert, dass „der von der Bauseite geforderte Vorrang des Bauplanungsrechts vor den Regelwerken des Immissionsschutzes schon deshalb abzulehnen ist, weil dies dem Grundsatz der ‚Einheit der Rechtsordnung‘ widerspricht. Der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Zuge von Genehmigungen von Betrieben im Rahmen des Bundesimmissionsschutzgesetzes kann nicht beliebig vom Planungsgeber entschieden werden.“

Ablehnung findet bei Bürgermeister Schneider auch, dass sich die Initiative für eine gesetzliche Verankerung des „Hamburger Fensters“ als passive Schallschutzmaßnahme einsetzt. „Fenster, die man nicht aufmachen kann, damit es durch den nebenan produzierten Gewerbelärm nicht zu laut in der Wohnung wird?“ Für Peter Schneider undenkbar. Und seiner Meinung nach müssen die Geräuschpegel auf dem Balkon oder der Terrasse genauso erträglich und zumutbar sein. „Passiver Schallschutz ist kein probates Mittel um für Gewerbelärm den Weg zu ebnen, ein Aushöhlen des Lärmschutzes wäre die Folge, deshalb kann dies prinzipiell nicht in Betracht kommen. Wer soll hier vor wem geschützt werden, das Gewerbe vor den Menschen?“

Wenn eine Planung gesundheitsverträgliche Lärmpegel nicht gewährleisten kann, muss die Planungsbehörde notfalls auch das Projekt aufgeben, so Schneider. „Ich finde eine Stadt der kurzen Wege mit einer Durchmischung von Nutzungen erstrebenswert und selbstverständlich auch ökologisch sinnvoll. Die Ausweisung von Wohngebieten sollte daher auch bevorzugt im Bestand und nicht auf der grünen Wiese erfolgen. Allerdings dürfen dabei der Schallschutz und die Gesundheit der Bewohner nicht zu kurz kommen.“

Den Schallschutz im Rahmen der städtischen Innenentwicklung zu optimieren, stellt eine Herausforderung für Kommunen dar, gerade in der durch den Fluglärm besonders belasteten Stadt Offenbach am Main. Ohne Unterstützung auch durch die Expertinnen und Experten auf Bundes- und Länderebene gelingt dies nicht. Ohne eine ergebnisoffene, qualifizierte Diskussion auch nicht, so Schneider weiter. „Ich werde alles tun, damit die Notwendigkeiten für den Schutz unserer Bevölkerung in der Stadt Offenbach an entscheidender Stelle auch gehört werden. Eine entsprechende Stellungnahme zu den Plänen in Berlin habe ich auf den Weg gebracht.“

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