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Stadt Offenbach

80 Jahre Auschwitz-Befreiung: "Demokratie und Freiheit müssen verteidigt werden"

26.01.2025

Majdanek, Buchenwald, Treblinka, Bergen-Belsen, Dachau, Ravensbrück…. Diese und weitere Namen haben sich in die Geschichtsbücher geschrieben und sollten nie vergessen werden. Sie stehen, ebenso wie der wohl bekannteste Name, der des Konzentrationslagers Auschwitz, für einen beispiellosen Rassenwahn, dem bis zur Kapitulation Nazi-Deutschlands mindestens 14 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Durch Vergasen, Erschießen, medizinische Experimente, Zwangsarbeit, Hunger. Sie wurden ermordet, weil sie Juden oder Sinti und Roma waren, weil sie als nicht lebenswert klassifiziert wurden, weil sie eine andere politische Meinung vertraten oder weil sie in Gefangenschaft gerieten. Auschwitz ist zum Synonym für die industrielle Vernichtung geworden. Der rund 191 Hektar große Lagerkomplex umfasste das Konzentrationslager, das Vernichtungslager Birkenau, das Konzentrationslager Monowitz sowie weitere 50 Außenlager und befand sich auf dem vom Deutschen Reich annektierten Teil Polens. Bis zur Befreiung des Lagers durch die sowjetischen Truppen am 27. Januar 1945 starben dort schätzungsweise 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen. 7.600 Gefangene, die meisten von ihnen in einem erbärmlichen körperlichen Zustand, konnte die 322. Infanteriedivision der 60. Armee der I. Ukrainischen Front unter dem Oberbefehl von Generaloberst Pawel Alexejewitsch Kurotschkin an diesem Tag dort noch befreien. In den Tagen zuvor hatte die SS das Lager evakuiert und etwa 58.000 Menschen auf Todesmärsche Richtung Westen geschickt. 

Ähnlich verfuhren die Machthaber auch in den anderen Lagern, die sich im gesamten Reichsgebiet befanden. Insgesamt 24 KZ-Stammlager gab es, hinzu kamen mehr als 1.000 Außen- oder Nebenlager sowie Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiterlager. Zwischen Juli 1944 und Mai 1945 befreiten die Alliiertentruppen tausende Menschen aus den Lagern, bei Häftlingsmärschen oder aus Zugtransporten. In der Nacht zum 9. Mai 1945 unterzeichnete Nazi-Deutschland die bedingungslose Kapitulation, am gleichen Tag beendete die Rote Armee die Gefangenschaft und das Leid der Menschen im nahe Danzig gelegenen Konzentrationslager Stutthof. 

Aus der Erinnerung wächst Verantwortung 

Den Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust am 27. Januar gibt es seit 2005. Eingeführt wurde er anlässlich des 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau. „Das wir auch in Offenbach die Erinnerung an diesen Zivilisationsbruch wachhalten, steht außer Frage“, sagt Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke. „Was in den Jahren 1933 bis 1945 in Deutschland und durch Deutschland geschah, ist fester Bestandteil des Lehrplans - und doch wissen es immer weniger junge Menschen, wie aktuelle Umfragen im Vorfeld des 80. Jahrestages gezeigt haben. Das ist ein Problem. Wer nach 1945 geborenen wurde, den trifft ausdrücklich keine Schuld, darum geht es nicht. Es ist aber trotzdem wichtig zu wissen, was passiert ist. Warum? Damit es nie wieder geschieht! Absolut überhaupt niemals wieder sollen Menschen aufgrund ihrer politischen Einstellungen, ihrer Religion, ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung oder einer Behinderung in lebenswerte und nicht lebenswerte Menschen sortiert werden und Angst um ihr Leben haben müssen.“ Damit formuliert OB Schwenke in aller Deutlichkeit, warum das Erinnern niemals enden darf. 

Dass zuletzt antisemitische Straftaten wieder zugenommen haben, ist für Schwenke gerade im Zusammenhang mit dem 80. Jahrestag ein Skandal. „Ebenso skandalös ist es, dass rechtsextreme Populisten schon länger ein Ende des Erinnerns fordern und verharmlosen oder gar leugnen, was zwischen 1938 und 1945 geschah. Das ist eine Schande gegenüber den Opfern. Niemals dürfen sie mit ihren Versuchen, die Geschichte zu leugnen und umzuschreiben, Erfolg haben.“ Antisemitismus und Rassismus gelte es mit aller Entschlossenheit zu unterbinden, so Schwenke weiter: „Blicken wir in unsere unmittelbare Nachbarstadt Hanau oder auf die Anschläge des NSU, den Mord an Walter Lübke, dann sieht man: immer wieder wurden durch Rechtsextreme in Deutschland Menschen getötet. Unter den Nazis endete diese Gesinnung mit Millionen Toten. Das darf sich nicht wiederholen. In Deutschland darf niemand Angst um sein Leben haben müssen nur wegen seines Aussehens, seiner politischen Einstellung oder seiner Religion.“ 

„Gerne behaupten Rechtsextreme auch, man wolle uns mit Verweis auf die Geschichte in Deutschland verbieten, seine Meinung frei zu sagen,“ so Schwenke weiter. „Gerade Ereignisse wie letzte Woche in Aschaffenburg werden dann herangezogen, um das zu behaupten. Auch das ist völliger Unsinn. Selbstverständlich darf man in Deutschland der Meinung sein, dass niemand wegen eines schon vorher straffällig gewordenen Ausreisepflichtigen sein Leben verlieren darf! Der Meinung bin ich ausdrücklich auch. Wem wir Schutz bieten, der muss sich an die Gesetze halten. Wo es aber hinführt, wenn man wirklich seine Meinung nicht mehr sagen darf, auch das sehen wir beim Blick in die Geschichte. Auch Deutsche wurden in der Nazi-Zeit wegen ihrer Meinung verfolgt und mussten fliehen. Auch sie fanden anderswo Schutz. Das dürfen wir niemals vergessen.“ betont OB Schwenke, dass im heutigen Deutschland sehr wohl Meinungsfreiheit herrscht. Ereignisse wie in Aschaffenburg ebenso eine Herausforderung für unsere Demokratie sind, weil sie verständlicherweise Angst und Hass schüren. "Der Staat muss hier besser werden, aber wir dürfen uns auch nicht reflexartig durch Angst und Ablehnung zu undemokratischem Handeln verleiten lassen.“

Deshalb gilt für Schwenke: „Unsere Gesellschaft braucht das klares Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Unsere Demokratie überlebt nicht von alleine. Sie muss von den Bürgerinnen und Bürgern verteidigt werden, denen das Grundgesetz Freiheit und Schutz vor ihren Feinden bietet. Uns daran zu erinnern, dass ist Sinn und Zweck des Holocaust-Gedenktags. Deshalb unterstütze ich sehr gerne die Kampagne des Jüdischen Weltkongresses #weremember, Wenn es auch in Offenbach Demonstrationen gegen Rechtsextremismus gibt, macht mir das Hoffnung, dass hoffentlich genügend Menschen bereit sind, unsere Demokratie und unsere Werte zu verteidigen.“

Anlässlich des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ist am Montag, 27. Januar, an allen Dienstgebäuden der Stadt Offenbach Halbmastbeflaggung angeordnet. Die Beflaggung beginnt um sieben Uhr morgens und endet bei Einbruch der Dunkelheit.

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