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Stadt Offenbach

Interview: „Europa bietet uns viele Vorteile“

13.03.2017

Florian Fritsch (links im Bild) mit zwei anderen offiziellen Delegierten im Saal des Stadtparlaments von Esch-sur-Alzette.

Die Städte Esch-sur-Alzette, Offenbach, Puteaux, Mödling und Velletri haben einen Jugendkonvent des Partnerschaftsrings ins Leben gerufen. Das wurde auf einem Arbeitstreffen in Esch-sur-Alzette beschlossen, bei dem eigens auch junge Menschen aus den Partnerstädten eingeladen waren. Aus der Stadtverwaltung Offenbach nahm der 19 Jahre alte Auszubildende Florian Fritsch teil. In einem Interview erzählt er von seinen Erfahrungen.

Wie kam es zu Ihrem Besuch in Esch-sur-Alzette?

Jede Stadt durfte zwei jugendliche Teilnehmer mitbringen. Das Ziel war es, verstärkt Jugendliche in die politischen Strukturen miteinzubeziehen und ich hatte während meines dreimonatigen Ausbildungseinsatzes im Amt für Öffentlichkeitsarbeit das Privileg, Teil der Jugendlichen sein zu dürfen.

Welche Erwartungen hatten Sie an das Treffen?

Meine Erwartungen an die Jumelage waren sehr umfangreich. Aus meiner Sicht kann man sehr viel über die politischen Strukturen oder auch die politischen Tendenzen eines Landes recherchieren, allerdings spiegelt das Allgemeine oft nicht das Empfinden einzelner Bürger wieder. Deswegen war für mich der direkte Austausch sehr wichtig, um möglichst viel über die Sichtweisen anderer Länder kennen zu lernen. Es war eine gute Gelegenheit, Personen aus anderen europäischen Ländern über ihre Wahrnehmung von Deutschland und Europa zu befragen. Außerdem wollte ich neue Menschen kennen lernen und vielleicht sogar neue Freundschaften schließen.

Ich habe auch erwartet, dass die Jugendlichen zwar über politische Themen intensiv debattieren, aber es nicht weiter verfolgt oder in Entscheidungen miteinbezogen wird. Trotzdem hatte ich die Hoffnung meine Vorstellungen und Ideen nicht nur äußern, sondern auch umsetzen zu können oder mich in die Lösung aktueller Krisen einbringen zu können.

Wie hat Ihnen die Stadt selbst gefallen – Esch-sur-Alzette?

Mein Eindruck von der Stadt war sehr positiv. Es gibt viele schöne Häuser, die Straßen waren sauber. Mir imponierte, wie sprachgewandt die Menschen in Luxemburg sind und dass die Tatsache mehr als vier Sprachen fließend zu beherrschen keine Seltenheit ist.

Wie war der Kontakt zu den offiziellen Vertretern der Städte?

Schon am ersten Abend gab es einen gemeinsamen Empfang und die offiziellen Vertreter bezogen uns in ihre Gespräche mit ein, fragten nach unseren Erwartungen und Vorstellungen. Es entstand eine lockere Atmosphäre, wie wenn man sich mit seinen Freunden zum gemeinsamen Essen trifft und über verschiedene Dinge spricht.

Wie lief das eigentliche Arbeitstreffen ab?

Wir legten erst einmal den Rahmen fest: Wie wollen wir uns unterhalten und in welcher Atmosphäre. Wir vereinbarten, dass sich jeder in einer Sprache seiner Wahl äußern kann, anschließend übersetzte ein Dolmetscher in Englisch. Wichtig war uns, dass jeder offen seine Gedanken äußern konnte und wir uns den Gedanken der anderen nicht verschlossen. Für ein lockeres, respektvolles Klima zeigte jeder den anderen seine Lieblingsmusik und wir erstellten daraus eine Playlist. Dann begannen die Debatten in kleineren Gruppen über Möglichkeiten von politischem Engagement. Das Offenbacher Kinder- und Jugendparlament, die Idee Kinder und Jugendlichen eine Stimme in der Kommunalpolitik einzuräumen, begeisterte die Delegierten der anderen europäischen Partnerstädte.

Welche Schlüsse wurden aus den Debatten gezogen?

Alle Jugendlichen waren der Meinung, dass Europa für uns momentan sehr viele Vorteile bietet, die es zu schützen gilt. Man sollte es nicht nur kritisieren, sondern sich auch mal überlegen, was Europa jedem Einzelnen von uns gibt.

Gab es auch Kritik an der aktuellen Politik?

Stark kritisiert wurde, dass viele politische Entscheidungen mittelfristig und nicht langfristig getroffen werden, wodurch einige Missstände einfach nur aufgeschoben und nicht aufgehoben werden. Und, dass die Städtepartnerschaften so unbekannt sind.

Was wünschen sich die Jugendlichen für die Zukunft?

Günstige Reisemöglichkeiten und mehr Jugendhäuser, damit wir uns noch mehr austauschen können. Eine gemeinsame Sprache, mit der man sich in ganz Europa verständigen kann. Vor allem aber, dass die Jugend viel stärker in die Zukunftsausrichtung von Europa eingebunden wird, damit wir unsere eigene Zukunft mitgestalten können.

Was bleibt von diesem ersten Treffen?

Für uns war klar, dass man in einem Wochenende nicht viel bewegen kann, deshalb wollen wir weiter Kontakt halten und uns besuchen. Mit mehr Zeit möchten wir umfangreichere Konzepte entwickeln, wie wir verschiedene Problematiken ändern und unsere Wünsche an Europa umsetzen wollen. Hierfür würden wir am liebsten eine neue Plattform gründen, welche in Zukunft Treffen für Jugendliche organisiert. Vielleicht auch eine App entwickeln. Die App sollte uns die Möglichkeit bieten, Veranstaltungen in unseren Städten den anderen Jugendlichen mitteilen zu können, um gemeinsam verschiedene Events in unseren Heimatstädten besuchen zu können. Die App sollte aber auch eine Chatmöglichkeit besitzen, um sich aktiv miteinander austauschen zu können, damit der Kontakt erhalten bleibt und die Möglichkeit besteht noch mehr engagierte Jugendliche miteinzubeziehen.

Welche Unterschiede gab es zu den Ergebnissen der Offiziellen?

Erstaunlicherweise haben wir sehr ähnliche Vorstellungen, wie wir verschiedene Probleme angehen möchten. Alle wollen die Jugend in Zukunft stärker miteinbeziehen. Hierfür soll nun der neue Jugendkonvent gegründet werden. Er tritt für die Umsetzung unserer Vorstellungen ein, organisiert Treffen und kann die Visionen von uns Jugendlichen in die Politik einbringen. Dafür sollen regelmäßige Treffen organisiert werden, welche von der Europäischen Kommission unterstützt werden. Über diese unerwartete Möglichkeit freuten wir uns sehr, da wir alle gerne weiter zusammen an unseren Ideen arbeiten wollen und nun eine reale Chance dazu geboten bekommen. „Die Jugendlichen brauchen Europa und Europa braucht die Jugendlichen“, erklärte uns bei der gemeinsamen Arbeitssitzung auch die Leiterin der Vertretung der Europäischen Kommission in Luxemburg, Yuriko Nadia Backes.

Was hat Sie persönlich bewegt?

Was hat Sie persönlich bewegt?

Ich nehme durch die vielen neuen Erkenntnisse Europa und auch Deutschland ganz anders wahr. Über den direkten Austausch habe ich sehr viele neue Erkenntnisse gewonnen, neue Freunde gefunden, ich konnte meine Ideen zu Europa einbringen und habe das Gefühl, dass unsere Ideen nun wirklich versucht werden umzusetzen. Den Freundschaften entwächst eine stärkere Verbundenheit, durch die auch Europa wieder stärker zusammen wächst, da jeder ein Teil von Europa ist.

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