Inhalt anspringen

Stadt Offenbach

1915: Der Eiserne Mann wird enthüllt

Götz von Berlichingen steht breitbeinig auf dem Offenbacher Aliceplatz. Der mehr als zwei Meter große Mann stützt die Hände auf sein Schwert. Sein Körper ist übersät mit eisernen, silbernen und goldenen Nägeln. Die haben ihm die Offenbacher eingeschlagen. Den ersten aber setzte Großherzog Ernst Ludwig von Hessen. Er weihte das aus Lindenholz gefertigte „Nageldenkmal“, den „Eisernen Mann“, am 3. Oktober 1915 ein.

Danach durfte das Volk zum Hammer greifen. Wer einen Nagel in die Holzfigur einschlagen wollte, musste zahlen: 50 Pfennig für einen eisernen Nagel, drei Mark für einen silbernen und zehn Mark für einen goldenen. Ein Metallschild mit eingraviertem eigenem Namen kostete 100 Mark. Die Einnahmen waren für die Nationalstiftung für Kriegshinterbliebene, die städtische Kriegsfürsorge und das Rote Kreuz bestimmt. So spendierte beispielsweise ein Anonymer 6.500 Mark und stiftete damit Nägel für 13.000 Kinder. Die berühmte „eiserne Hand“ des Götz von Berlichingen – ein Sinnbild für eine Kriegsverletzung - blieb allerdings den Nägeln der Kriegsversehrten vorbehalten.

Die Spender bekamen ein „Erinnerungsblatt“ für jeden eingeschlagenen Nagel. Damit wurde bestätigt: „Spendete einen Nagel für den ‚Eisernen Mann’ errichtet zu Offenbach a. Main in den Jahren des großen Kriegs 1914/1915“. Das Blatt war aber nicht nur Erinnerung. Es weckte auch die Sammelleidenschaft, denn die Kärtchen waren verschieden gefärbt. So nagelten sich einige Offenbacher die Kollektion zusammen.

Postkarte

Die Einweihung des Denkmals am 3. Oktober 1915 wurde gebührend gefeiert, das Eintreffen des mit zwei Automobilen anreisenden Großherzogpaars samt Gefolge mit Fanfarenklängen angekündigt. Vertreter von Vereinen, Behörden, Kirche, Militär, Schulen, Pfadfinder, Jugendwehr, Gesangvereine, Kriegervereine, Sanitätsoffiziere, Krankenschwestern, Verwundete aus dem Offenbacher Lazarett sowie zahlreiche Zuschauer waren auf dem Aliceplatz versammelt. In einer patriotischen Rede zur Einweihungsfeier und vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs sagte der damalige Offenbacher Oberbürgermeister Dr. Andreas Dullo: „Ein Nageldenkmal soll es sein, nach guter alter deutscher Sitte, und wer einen Nagel hier einschlägt, soll mit jedem Hammerschlage sich und alles Seine dem großen Ganzen, dem deutschen Vaterlande weihen.“ Den Zweck der Statue sah er in der „Fürsorge für unsere Krieger“.

Eiserne Mann

Offenbach war damit dem Beispiel vieler anderer deutscher Städte gefolgt, die während des Ersten Weltkriegs mit Nageldenkmälern Spenden für Soldaten und Verwundete sammelten. Den Entwurf für das Offenbacher Denkmal hatte der heimische Bildhauer Ernst Unger, selbst Kriegsverletzter, geschaffen. Kriegsverletzte im hessischen Zentrallazarett für Berufsübungen in Offenbach (hier wurden Kriegsversehrte, die ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben konnten, umgeschult) fertigten es an.

Nach Ende des Ersten Weltkriegs sollte der „Eiserne Mann“ im Rathaus ausgestellt werden; er landete aber in einer Ecke der Technischen Lehranstalten. Erst 1932 bekam er einen Ehrenplatz im Heimatmuseum. Der blieb ihm allerdings nur elf Jahre. Das Nageldenkmal in Gestalt des breitbeinig stehenden Götz von Berlichingen, der sich auf sein Schwert stützt, fiel 1943, im Zweiten Weltkrieg, einem Bombenangriff zum Opfer.

Georeferenzierung

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise