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Stadt Offenbach

1911: Hörner & Koch gegründet

Seit 1973 gibt es die zu ihrer Zeit bedeutende Firma Hörner & Koch nicht mehr. Gleichwohl wurde ihre 100jähriges Gründung gebührend gefeiert. Dafür sorgten ehemalige Mitarbeiter, die noch immer bei regelmäßigen Treffen den Zusammenhalt von damals pflegen. Siebzehn Rentner sind das noch. Sie nennen sich „Höko-Spatzen“, wobei nicht mehr ganz sicher ist, wie es zu diesem Namen kam.

Auszug aus dem Gewerberegister

An der Geschichte des Unternehmens lässt sich zeigen, wie einst die Lederwaren-Industrie mit ihrem Bedarf an Zubehör den Industrie-Standort Offenbach befruchtet hat. Hörner & Koch belieferte die Lederwaren-Hersteller mit Spezialpapieren und –pappen. Darüber hinaus wurden Einzelhandel und Industriebetriebe auch mit anderem Verpackungsmaterial und mit Schreibwaren bedient.

 

Abnehmer sicherten sich die Offenbacher im gesamten Bundesgebiet, in Skandinavien, der Schweiz und Südamerika. Die Bodenständigkeit ging dabei nicht verloren. Helmut Wäscher, einer der „Höko-Spatzen“, weiß von den Marktfrauen zu berichten, die ihren Bedarf an Tüten auf dem kurzen Weg vom Wochenmarkt zum Firmensitz in der Wilhelmstraße zu decken pflegten.

 

Gegründet haben Johann Friedrich Hörner und Heinrich Koch ihr Unternehmen in der Domstraße. Doch schon 1912 bezogen sie Räume im Haus Wilhelmstraße 7. Zwei Jahre später begann der Erste Weltkrieg, der die Männer aus dem Betrieb holte und den verbleibenden Frauen bisher unbekannte Erschwernisse aufbürdete. Sie mussten den Betrieb umstellen.

 

Zunächst klebten sie Taschen für die Lebensmittel-Karten, die nun jeder Haushalt benötigte. Daraus entwickelte sich nach dem Krieg eine beachtliche Tütenproduktion. Bald wurden die Papiertüten bedruckt, dann auch Beutel aus Polyäthylen-Folie. Im Haus Kaiserstraße 46 kamen zusätzliche Räume hinzu, im badischen Wiesloch ein Zweigbetrieb. An die 80 Mitarbeiter beschäftigte die Firma in ihren besten Tagen.

 

Immer nötigten die Zeitumstände zu beweglichem Agieren. Als Offenbach sich 1945 in der amerikanischen Besatzungszone fand, konnte die heimische Lederwarenindustrie schneller und eleganter wieder auf die Beine kommen als andere Wirtschaftszweige. Die Besatzer zeigten Interesse an Ofenbacher Lederwaren und verschafften den Herstellern sonst unerreichbare Rohstoffe. Das nützte auch den Zulieferern. Amerikanische Trucks schafften für Hörner & Koch Spezialpapiere aus anderen Besatzungszonen heran. Der Betrieb konnte wieder arbeiten.

 

Wenn die ehemaligen Mitarbeiter erzählen, öffnen sich Einblicke in vergessene Lebensumstände. Friedhelm Meier erzählt, wie seinerzeit das erste Auto die bis dahin genutzten Handwagen ablöste. Wenn Geschäftsführer Koch mit dem PKW Kunden im Rodgau besuchte, pflegte er den Wagen am Ortsrand abzustellen. Zu den Kunden kam er als Fußgänger. Sie sollten nicht wahrnehmen, dass er sich den Luxus eines Automobils leisten konnte.

 

Solche Geschichten kommen auf, wenn die Rentner sich an ihre Firma Hörner & Koch erinnern. Doch zur Zeit wird vornehmlich darüber gesprochen, wie demnächst das Jubiläum begangen werden soll. Sie blicken auf hundert Jahre, von denen einige auch gute Jahre ihres eigenen Lebens waren.                                                                        Lothar R. Braun

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