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Stadt Offenbach

1901: Querschüsse aus Frankfurt

Im 19. Jahrhundert war der Main bei Offenbach eine Landesgrenze. Anfangs trennte er das Fürstentum Isenburg von der Grafschaft Hanau, die ein Teil des Kurfürstentums Hessen-Kassel war. Seit 1815 schied er Kurhessen vom Großherzogtum Hessen-Darmstadt, seit dem „Deutschen Krieg“ von 1866 das Großherzogtum vom Königreich Preußen.

In Erinnerung bringt das ein Jubiläum. Im Jahr 1887 wurde die Carl-Ulrich-Brücke eingeweiht. Für Offenbach war das die erste feste Flussüberquerung in der langen Geschichte eines Lebens mit dem Main. Es ist die Geschichte eines Verkehrsweges mit Bedeutung für die lokale Wirtschaft.

Mit Volldampf von Frankfurt nach Offenbach

Von und mit dem Fluss lebten die Fischer der frühen Zeit. Gerber und Färber, Kalk- und Ziegelbrenner nutzten sein Wasser für Produktion und Transport. Der Main trug Schiffe sicher nicht erst seit die Römer ihn befuhren.. Man kommt nicht umhin, dazu Goethe zu zitieren, der am Offenbacher Ufer seinen Liebesfrühling mit Lili Schönemann erlebte. Er gewahrte „oft schon früh eine tätige Schifffahrt von Flößen und gelenkten Marktschiffen und Kähnen, eine sanft dahin fließende lebhafte Welt“.

Die Marktschiffe, die er erwähnt, beförderten nach Fahrplan Güter und Personen zwischen Offenbach und Frankfurt. Das bediente vornehmlich lokalen Verkehr, immerhin aber ließen sich über Mainz und den Rhein auf diese Weise sogar die Niederlande erreichen. Ein angenehmerer Weg als auf den miserablen Straßen der Zeit war das allemal.

Die Chroniken berichten von einem langen Streit mit der benachbarten Reichsstadt. Frankfurt wehrte sich dagegen, dass der damalige Offenbacher Landesherr, ein Falkensteiner, bei Offenbach von den Schiffern Zollabgaben erzwang. Zwar hatte König Wenzel 1398 dieses Zollrecht bestätigt, doch Frankfurt übte so lange Druck aus, bis der Offenbacher Zoll wieder aufgehoben wurde. In Offenbach scherte man sich nicht darum, und Frankfurt zeterte weiter.

Es dauerte noch Jahrzehnte und flammte immer wieder auf. 1716 richteten die Offenbacher Fischer einen täglichen Schiffsverkehr nach Frankfurt ein. Er blieb nicht lang. 1726 kaufte der Offenbacher Carl Anton Gros das Hanauer Marktschiff und setzte es im Regelverkehr mit Frankfurt ein. Er musste den Betrieb einstellen, als Frankfurt sich abermals querlegte. Erst 1738 konnte das Schiff wieder fahren. Die Geschichte der Marktschiffe ist eine durch die Jahrhunderte gezogene Geschichte von David und Goliath.

1796 konnten die Offenbacher vom Ufer aus sogar Kriegsschiffe betrachten. Die österreichische Rheinflottille legte in Offenbach an, weil ihr Kommandant den am Linsenberg residierenden Bankier Metzler besuchen wollte.

Erst 1848, mit Eröffnung der Lokalbahn zwischen Offenbach und Sachsenhausen, fand die Markt-Schifffahrt ihr Ende. Bereits sechs Jahre vorher hatte geräuschvoll die Neuzeit sich angemeldet. Zu bestaunen war das erste Dampfschiff auf dem Offenbacher Main.


Der Dampfschifffahrt musste der Weg geebnet werden. Stromabwärts von der Mainbrücke zog sich vom Frankfurter Ufer her ein Felsen über den Grund des Mains, der Kaiserlei, der Kaiserfelsen: eine gefährliche Engstelle mit nur schmalem Durchlass hart am Offenbacher Ufer. 1862 hat man ihn gesprengt. Geblieben ist der Name des Stadtteils Kaiserlei.

Die Sprengung allein machte den Main jedoch noch keineswegs zu einer modernen Wasserstraße. Dazu bedurfte es der Kanalisierung. 1886 war der Ausbau von der Mündung bis Frankfurt fertig gestellt. Die Weiterführung bis Offenbach aber scheiterte dann fünfzehn Jahre lang an Frankfurter Blockaden. Von der Darmstädter Landesregierung konnte Offenbach dabei keine Unterstützung erfahren, Dort sorgte man sich vordringlich um die Interessen von Mainz. Das rheinhessische Mainz war der wichtigste Hafen des Großherzogtums.

Die Maa-Kuh

Gleichwohl hatten die Offenbacher schon 1886 erneut Gelegenheit, technischen Fortschritt auf dem Main zu bestaunen. Zwischen Mainz und Aschaffenburg nahm der Ketten-Schleppverkehr den Betrieb auf. Dabei hangelte sich das mit Dampf betriebene flachgängige Schleppschiff an einer auf Grund liegenden Kette voran. Weil das Schiff mit einer dröhnenden Dampfpfeife sein Vorfahrtsrecht anzeigte, erhielt es im Volksmund bald den Namen „Maakuh“. Die „Maakuh“ brüllte bis 1921.

Von Lothar Braun - veröffentlicht in der Offenbach Post

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