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Stadt Offenbach

2012: Carl und Charlotte zur Treue“ feiert 200jähriges Jubiläum

Fürst Carl Moritz von Isenburg war unzufrieden. Kaiser Napoleon hatte ihn zum Brigadegeneral der französischen Armee befördert und französische Freimaurer-Logen fanden ihn der Ehrenmitgliedschaft würdig. Aber als der Fürst 1811 in seine Residenz Offenbach heimkehrte, traf er hier zwar gleichgesinnte Brüder an, aber keine Loge. Das ist der historische Hintergrund, vor dem die Offenbacher Loge „Carl und Charlotte zur Treue“ in 2012 ihr 200jähriges Bestehen feiern konnte.

Das Haus der Offenbacher Loge „Carl und Charlotte zur Treue“

Um nach ihren Riten zu arbeiten, mussten die Offenbacher Freimaurer auswärtigen Logen beitreten, etwa in Frankfurt oder Hanau. Eine besondere Bindung scheint es mit Hanau gegeben zu haben. Denn im August 1812 gab die Hanauer Loge ein Fest zum 47. Geburtstag des Offenbacher Fürsten, den sie dabei zu ihrem Ehrenmitglied ernannte. Von diesem Abend ging der zündende Funke aus. Am 20. September war die Offenbacher Loge konstituiert, mit Fürst Carl und seinem Bruder Wolfgang Ernst als Stiftern. Carl amtierte dann auch ein Jahr lang als erster Meister vom Stuhl.

Von da an wurde die Loge „Carl und Charlotte zur Treue“ zu einem Spiegel der Stadtgeschichte. Wer in der Stadt einen gesellschaftlichen Rang einnahm, zählte zu den Mitgliedern. Dazu gehörten natürlich die hohen Hofbeamten, vom Minister Wolfgang von Goldner bis zum Stallmeister und den Hofräten, an denen es damals in Offenbach nicht mangelte.

Der Einfluss der fürstlichen Familie war nicht zu übersehen. Doch er begann zu schwächeln, als das Fürstentum 1816 aufgelöst wurde. Völlig erlosch er, als der fürstliche Stifter 1820 starb. 1829 endeten dann auch alle Aktivitäten. Die Loge wurde zwar nicht aufgelöst, verharrte jedoch bis 1843 im Ruhestand.

Im freimaurerischen Umfeld ist die Offenbacher Loge früh durch ihr Toleranzverständnis aufgefallen. 1845 widersetzte sie sich dem von Großlogen erlassenen Verbot, Juden aufzunehmen oder die Tempel jüdischer Logen zu betreten. Die Offenbacher formulierten den Grundsatz, dass „ der christliche Glaube weder Bedingung noch Grundlage der Freimaurerei sein kann, dass vielmehr jeder rechtschaffene Mann ohne Rücksicht auf sein Glaubensbekenntnis, wenn er nur an einen Gott und an eine Fortdauer der Seele glaubt und die Gesetze der allgemeinen Nächstenliebe anerkennt, zugelassen werden kann“. 1868 fielen die Offenbacher dadurch auf, dass sie – wenngleich mit besonderem Ritus – gemeinsame Tempelarbeiten mit ihren Frauen einführten.

Ihre schwerste Zeit erleben die Freimaurer allerorten während der Nazidiktatur. 1933 wird es existenzbedrohend, einer Loge anzugehören. Heftige Angriffe nötigen in Offenbach beispielsweise zwei Magistratsmitglieder und den Stadtschulrat zum Austritt. Viele Logen kommen dem erwarteten Verbot durch Selbstauflösung zuvor. Die Offenbacher versuchen einen anderen Weg. Im Oktober 1933 tritt „Carl und Charlotte zur Treue“ aus der Großloge aus und gibt sich eine Satzung als Geselligkeits- und Wohltätigkeitsverein mit dem Namen „Kasino-Gesellschaft“.

Geholfen hat es nicht. Zwei Stunden vor Beginn eines Konzerts mit Tanz teilt die Polizeidirektion Offenbach mit, ab sofort seien alle Veranstaltungen in den Räumen der Kasino-Gesellschaft Luisenstraße 28 verboten, da sie der „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ widersprechen. In den Tagen darauf müssen die meisten Räume des Logenhauses der „Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt“ (NSV) zur kostenlosen Nutzung übergeben werden. Am 8. November 1935 dann erhält der Vorsitzende Ferdinand Vaihinger die Mitteilung, die Kasino-Gesellschaft sei aufgelöst und verboten. Vermögen und Grundstück würden zugunsten des Landes Hessen eingezogen.

Als 1945 das Naziregime beseitigt war, änderte sich für die Loge zunächst gar nichts. Nun verbot die amerikanische Besatzungsmacht eine Wiedergeburt der Loge. Erst im Februar 1948 gab die in Wiesbaden residierende Militärregierung für Hessen grünes Licht.

Als ein bemerkenswertes Datum ist in der Chronik der 12. Juni 1949 verzeichnet. An diesem Tag kamen im Logenhaus an der Luisenstraße Freimaurer aus ganz Westdeutschland zusammen. Elf deutsche Großlogen beschlossen bei diesem Treffen ihren Zusammenschluss zur „Vereinigten Großloge der Alten und Angenommenen Maurer von Deutschland“.

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