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Stadt Offenbach

1954: Ein Haus für Muße und Musen

Ein „Stadttheater“ haben viele Städte. Dem wollten die Offenbacher nicht einfach ein weiteres hinzu fügen, als die Stadt 1954 den ursprünglich als Synagoge genutzten Kuppelbau an der Goethestraße erwarb, um dort ein Theater einzurichten. Es erhielt den unverwechselbaren Namen „Theater an der Goethestraße“.

Gut 50 Jahre später ist daraus das Stammhaus der Neuen Philharmonie Frankfurt geworden. Und deren Leiter Dr. Ralph Ziegler äußert sich darüber enthusiastisch: „Wir haben Räume mit Persönlichkeit gefunden. Eine Residenz mit Geschichte, herrlicher Klangqualität und unglaublich variablem Ambiente, die ihren Zauber auf Manager, Künstlerensemble und junge Leute gleichermaßen ausübt“.

Wie es scheint, ist dieser Abschnitt der Hausgeschichte zu einem guten Ende gelangt. Und das beschließt eine recht bewegte Geschichte.

Ein eigenes Ensemble hatte die 1954 erworbene Spielstätte nicht. Doch das sollte sich als Stärke erweisen. Dort gastierten mit Schauspiel, Oper und Operette nicht nur die Ensembles befreundeter „fester“ Häuser. Tourneetheater bereicherten das Angebot mit darstellerischen Leistungen oberhalb des Stadttheater-Niveaus.

Die Offenbacher liebten ihr Theater, zu dessen Ausgestaltung sie 1954 auch mit einer „Theater-Tombola“ beigetragen hatten. Doch als das Haus in die Jahre kam, wuchs es zu einer Last für die öffentliche Kasse heran. Die Beleuchtung und das Dach bedurften der Erneuerung. 1988 brach dann auch noch die Heizung zusammen. Spielbetrieb war fortan nur noch eingeschränkt möglich.

1995 schien die Lösung gefunden zu sein. Das Theater wurde zu einem Musicalhaus mit 1125 Plätzen umgebaut. Dreizehn Monate lang, bis zum Juni 1996, zog das Musical „Tommy“ Zuschauer aus weitem Umkreis an. Doch als Offenbach schon mal als „Tommy-Stadt“ bezeichnet wurde, schlitterte das Unternehmen in die Insolvenz. Abermals fiel der Vorhang nach einer letzten Vorstellung.

Die Pause währte zwei Jahre. Im Oktober 1998 eröffnete die Entertainment Center Rhein-Main GmbH ein Multifunktionshaus mit dem Namen „Capitol“, nun umgebaut von dem französischen Architekten Jean Pierre Heim, ausgestattet mit moderner Licht- und Soundtechnik für Diskobetrieb und Veranstaltungen mannigfacher Art.

Die nächste Phase begann 2002. Die E.C.O. Event Center GmbH Offenbach machte das „Capitol“ zur Top-Location für die Fans von Comedy und Musik. Bis zu 1800 Personen können eingelassen und bewirtet werden. Auch hohe Kunst findet hier ihren Raum. Seit 2005 ist das „Capitol“, wie erwähnt, das Stammhaus der Neuen Philharmonie Frankfurt.

Die Entscheidung der Philharmonie für den Standort Offenbach mehrt das Ansehen der Stadt und hat hohen Anteil daran, dass aus dem alten Theater an der Goethestraße ein weithin ausstrahlender Kultur-Schwerpunkt des Rhein-Main-Gebiets werden konnte. Ein Haus für entspannte Unterhaltung und für große Kunst, für Muße und für Musen.

Dabei verhehlt das Haus nicht seine Vorgeschichte: 1916 als Synagoge ein Symbol jüdischer Emanzipation, im November 1938 geschändet und verwüstet, danach zu einem Kino umgewandelt. Nach 1945 nahm die neue jüdische Gemeinde es nicht mehr an. In die Offenbacher Wirtschaftsgeschichte trat es 1949 ein mit einer Ausstellung der Lederwarenindustrie, aus der dann die Offenbacher Internationale Lederwarenmesse wurde. Ihre Wiege hat sie im heutigen „Capitol“.

Lothar R. Braun

  • Capitol
    Das Capitol ist ein traditionsreiches Haus: Die Kulturstätte war ursprünglich ein Zentrum der Besinnung und der Religion – eine Synagoge.
  • 13.04.2015 Jüdisches Leben in Offenbach
    "Ich war aufrichtig bemüht, diesem Bau, wenn er auch klein ist, ein ihm entsprechend würdiges Aussehen zu geben."
  • 30.12.2019 Partnerschaft für Demokratie
    Die Schüler der 10d aus der Schillerschule hatten viele Fragen und Anton Jakob Weinberger beantwortete sie während des Rundgangs zu Stätten jüdischen Lebens in Offenbach gewissenhaft und geduldig.
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