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Stadt Offenbach

Ich zeig Dir meine Stadt: Auf der Suche nach Heimat

Tee und Gebäck im afghanischen Supermarkt

Auf eine sehr emotionale Tour lud das Freiwilligenzentrum im Rahmen des Projektes „Ich zeig dir meine Stadt“ ein: Unter dem Titel „Auf der Suche nach Heimat“ führte Fachria Haschemi an für sie wichtige Orte in der Stadt. Ihre Ursprungsheimat ist Afghanistan, ihre neue Offenbach. Doch es war ein weiter Weg.
Ausgangspunkt der Tour war der kleine Kreisel auf der Berliner Straße Höhe Domstraße. Dort erzählte Fachria Haschemi von ihrer Flucht aus Kabul, als sie 1995 schwanger und allein innerhalb von acht Monaten zu Fuß, per Bahn und Bus über zahlreiche Stationen endlich Deutschland erreichte und eine Zuweisung nach Schweinfurt erhielt. Das Baby kam unterwegs zur Welt. Grund der Flucht war der Bürgerkrieg. Ihr Mann konnte ihr erst ein Jahr später folgen, musste aber zunächst sechs Monate im Asylbewerberheim in Würzburg bleiben.

Fachria Haschemi erzählt

Da es in Schweinfurt nicht den afghanischen Reis zu kaufen gab, der an die Heimat erinnerte, fuhr die Familie regelmäßig nach Frankfurt. Der Weg führte sie immer durch die Berliner Straße in Offenbach und der kleine Kreisel löste starke Gefühle bei ihr aus. „Es war wohl diese Bewegung in den Kreisel hinein und wieder hinaus, ich kann es nicht wirklich erklären“, sagt sie. Oder war es vielleicht eine Art Vorsehung, ein Gefühl von Heimat? Denn seit 2000 wohnt die inzwischen fünfköpfige Familie ganz in der Nähe im Nordend. In diesem Viertel begann auch ihr ehrenamtliches Engagement: Zunächst half sie bei Verständigungsproblemen in der Grundschule, dann engagierte sie sich als Elternvertreterin und im Elterncafé im Quartiersbüro und ist nun auch als Integrationslotsin im Freiwilligenzentrum aktiv.
Mit ihren noch kleinen Kindern ging Fachria Haschemi gerne zum Spielen in den Büsingpark. „Hier war Platz und die vielen großen Bäume erinnerten mich an den Garten meiner Großeltern in Afghanistan.“ In der Nähe einer großen Platane konnte die Gruppe dann schwarze getrocknete Maulbeeren probieren, wie sie Fachria Haschemi aus ihrer Kindheit kannte. „Ich hatte beim Anblick eher etwas Nussartiges erwartet, doch sie sind ganz weich und schmecken ein wenig wie Feigen“, sagt Teilnehmer Eric Wolf.

Teilnehmer probieren schwarze getrocknete Maulbeeren

Ein weiterer wichtiger Ort war für Fachria Haschemi die Kinderbücherei. In den ersten Jahren gab es keine afghanischen Bücher, daher waren Wimmelbilderbücher und Klappbilderbücher die beliebtesten. Darüber lernte Fachria viel Deutsch und erzählte gleichzeitig ihren Kindern auf Farsi, was in den Bilderbüchern zu sehen war. Während ihr Mann in Afghanistan die deutsche Schule besucht hatte, kam Fachria Haschemi „sprachlos“ nach Deutschland. Die ersten deutschen Worte hörten sich für ihre Ohren wie türkisch an. Gerne hätte sie einen Sprachkurs besucht, doch in Bayern erhielt sie keine Möglichkeit. Im Jahr 2000 nahm sie die Chance wahr, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen, bekam aber anschließend keinen Kurs mehr genehmigt. Erst 2010 finanzierte sie selber einen bei der VHS, um ihr mittlerweile angeeignetes Deutsch zu korrigieren.

Fachria Haschemi erklärt einige afghanische Lebensmittel

Die Tour endete im afghanischen Supermarkt in der Waldstraße, in dem der Gruppe Tee und Gebäck und Zuckermandeln gereicht wurde. „Dieses süße Brot und der grüne Tee sind eine Einheit“, erläuterte Ladeninhaber Herr Sediq. Fachria Haschemi erklärte einige afghanische Lebensmittel und dann war einfach nur schauen, probieren und auch einkaufen angesagt. „Es war jetzt nicht die Besonderheit der Orte, die diese Tour ausmachten, vielmehr der persönliche Bezug von Fachria dazu“, resümiert Teilnehmerin Hella Adelmann.

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