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Stadt Offenbach

Stadtspaziergang: Hinter dem Berg bei den Babschern

Das Kickers-Stadion am Bieberer Berg ist der Treffpunkt der zweiten Fahrradtour des Projektes „Ich zeig dir meine Stadt“. Stephan Färber, Stadtverordnetenvorsteher und damit Erster Bürger der Stadt, war der Bitte des Freiwilligenzentrums gefolgt, sein Bieber zu zeigen, den Stadtteil von Offenbach, in dem er aufgewachsen ist und wo er mit seiner Frau zwei Töchter groß gezogen hat.

Ist er damit ein echter Bieberer Bub? Stephan Färber führt an: „Offenbacher wirst du, wenn du dich anmeldest. Bürgeler wirst du, wenn du dort fünf Jahre wohnst. Bieberer wirst du, wenn du drei Generationen auf dem Friedhof hast.“ Bei ihm seien es erst zwei Generationen, aber aufgrund des politischen Engagements des Großvaters sei ihm eine erlassen worden, wie er lachend sagt.

Stephan Färber auf dem Bieberer Aussichtsturm

Einem verwunschenen Weg entlang geht es zur ersten Station und bald taucht der Bieberer Aussichtsturm auf. Der Bieberer Aussichtsturm ist vom 1. Mai bis Oktober jeden Sonntag und Feiertag geöffnet, zu erkennen an der gehissten Fahne. Turmpaten der Offenbacher 03er und des Musikvereins schließen regelmäßig auf. Für die Gruppe hat Stephan Färber, er war 2004 für eine Saison Turmherr, den großen Schlüssel besorgt. Oben angekommen, konnten die Tourteilnehmer rundum bis zum Spessart, den Odenwald und Taunus blicken. „So eine Fernsicht hatte ich noch nie“, ist Stephan Färber ganz begeistert.

Das Bieberer Miniland am Friedhof war die zweite Station der Tour. Zuvor hielten die Teilnehmer noch kurz am alten Bahnhof. Nach Aufkauf durch einen Privatmann lässt dieser das ehemals schöne Gebäude verfallen, da er den vielen Denkmalschutzauflagen nicht nachkommen möchte. Die Gruppe ist sich einig: „Eine Schande!“

Viele Familien aus Bieber und Umgebung kennen das Bieberer Miniland von Heinz Heiliger, auch die Töchter von Stephan Färber kamen gerne.

Das Bieberer Miniland von Heinz Heiliger

Mit viel Liebe zum Detail hat Heinz Heiliger eine Garteneisenbahn mit diversen Gleisen und Gebäuden, unter anderem dem Bieberer Aussichtsturm, erschaffen. Sieben Züge, darunter die alte „Knochenmühle“ (Straßenbahn) und eine Seilbahn fahren auf der acht mal zehn Meter großen Anlage, man hört Kirchenglocken läuten und entdeckt ständig etwas Neues. Konnte man früher einfach einen Blick über den Zaun werfen, ist der Garten heute hoch eingezäunt, weil zu viel zerstört und gestohlen wurde. Für Gruppen, besonders gerne für Kindergruppen, öffnet Heinz Heiliger aber gerne das Miniland.

Nur wenige Meter entfernt weist Stefan Färber auf einen Stolperstein hin: Samuel Augenblick hatte in dem Haus bis zu seiner Verschleppung in KZ gelebt. Er war Mitglied in der SPD und nach Aussagen von Stephan Färbers Tante „ein feiner Mann“. Färbers Großvater war Mitglied der Zentrumspartei, doch sprachen sich beide Parteien ab, wichtige Posten abwechselnd zu besetzen und die Nationalsozialisten zu verhindern. Noch 1932 hieß es nach einem Fackelzug durch Bieber: „Wo sind die Nazis?“ „Im Keller!“ Doch 1933 waren die Nazis auch in Bieber, das Dorf wurde 1938 von Offenbach eingemeindet. All diese Geschichten waren prägend für das politische Engagement von Stephan Färber. Viele Jahre war er SPD-Stadtverordneter, in verschiedenen politischen, aber auch weiteren ehrenamtlichen Ämtern tätig und ist bis heute Mitglied in mehreren Bieberer Vereinen.

In Alt-Bieber auf dem Kirchplatz zeigte Stephan Färber, wo das ehemalige Bieberer Rathaus bis 1938 stand, mit dem Abriss des Rathauses wurde das letzte Zeichen Bieberer Eigenständigkeit beseitigt. „Aber das kleine gallische Dorf lebt weiter, der Zaubertrank ist der Äppler“, lacht der Tourführer und weist auf Traditionslokale wie den Wiener Hof oder den ehemalige Bach Nikles hin.

Hubert Wiljotti, einer der letzten Babscher in Bieber

Weiter ging die Tour durch die verwinkelten Gassen, am letzten Stück Stadtmauer vorbei bis in die Langener Straße. Hier traf die Gruppe auf Hubert Wiljotti, einen der letzten Babscher in Bieber. Ursprünglich hieß seine Berufsbezeichung „Portefeuiller“, die Hugenotten hatten das Berufsbild nach Deutschland gebracht und die Offenbacher machten „Portefeller“ daraus. Unter den Nazis musste ein deutscher Begriff gefunden werden, den „Feintäschner“. Aber da der Kleber in Offenbach „Bab“ genannt wurde, entstand der Name „Babscher“.

Hubert Wiljotti ist selber kein Bieberer Bub, hat aber ein echt Bieberer Mädchen geheiratet, nachdem er 1956 aus dem Schwabenland nach Offenbach kam. Stephan Färber und er kennen sich aus dem Gesangsverein, außerdem kennt man sich sowieso in Bieber. Offenbach war das Lederzentrum schlechthin, es roch auch überall nach Leder. Noch immer ist Hubert Wiljotti begeisteter Babscher, wenngleich heute mehr als Hobby, da der Betrieb seit 2002 geschlossen ist. Ausführlich erklärt er den Tourteilnehmern das Herstellen einer Tasche, für die etwa acht bis zehn Arbeitsstunden benötigt werden. Bei Äppler und Brezeln im Garten geben Stephan Färber und Hubert Wiljotti noch viele Bieber Geschichten zum Besten und auch mancher Tourteilnehmer hat noch eine Anekdote zu berichten.

Bei Äppler und Brezeln im Garten von Hubert Wiljotti

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