Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung - Jede Vergewaltigung ist ein medizinischer Notfall

Die Akutversorgung bieten beide Offenbacher Kliniken an, das Sana Klinikum Offenbach und das Ketteler Krankenhaus. Auf Wunsch der Betroffenen werden die Spuren nach einem standardisierten Befundbogen des Frauennotrufs Frankfurt gesichert. Dieser Befundbogen ist grundsätzlich für beide Geschlechter anwendbar. Das Polizeipräsidium Südosthessen stellt den Kliniken kostenlos die erforderlichen Untersuchungssets zur Verfügung. Die so gesicherten Spuren werden ein Jahr in der Frankfurter Rechtsmedizin gelagert und im Falle einer nachträglichen Anzeigenerstattung von der Polizei ausgewertet. Entschließt sich die Frau nicht zu einer Anzeige, werden die Materialien nach einem Jahr vernichtet.
Seit der Einführung der Soforthilfe Anfang 2015 bis Ende 2020 haben sich 49 Frauen und Mädchen in dem Hilfsprogramm untersuchen und behandeln lassen. Die überwiegende Mehrheit hat sich zur vertraulichen Spurensicherung entschieden. Bereits im ersten Halbjahr 2021 wurden sechs Fälle registriert. „Dieser Anstieg in der Häufigkeit kann mit einem leichten Anstieg der angezeigten Vergewaltigungsfälle laut Polizeilicher Kriminalstatistik erklärt werden, aber auch mit einer wachsenden Bekanntheit der Soforthilfe“, erläutert die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, Dr. Inga Halwachs.
Für Hilfesuchende - Hilfe nach sexueller Gewalt
Sicherer Umgang mit Opfern sexualisierter Gewalt
Die Ärztinnen und Ärzte in den Kliniken werden regelmäßig durch pro familia zu den Abläufen geschult. „Die Klinik-Ärztinnen und -Ärzte sind sehr aufgeschlossen und interessiert. Die wachsende Erfahrung und Sensibilisierung führen langfristig auch zu einer besseren Informationslage der Frauenärzte in der Fläche und schafft damit mehr Sicherheit im Umgang mit Vergewaltigungsopfern“, so die Ärztin und psychoanalytische Beraterin von pro familia Offenbach, Bettina Witte de Galbassini.
„Beim Frauennotruf der pro familia Offenbach erhalten betroffene Frauen und Mädchen darüber hinaus eine vertrauliche psychosoziale Beratung und Begleitung, um das Ereignis zu bewältigen und eine für sie passende Entscheidung für oder gegen eine Anzeige zu treffen.“, ergänzt Heike Pinne, Geschäftsführerin von pro familia Offenbach.
Chefarzt Dr. Lars Schröder von der Frauenklinik am Ketteler Krankenhause betont, dass Mädchen und Frauen sich nach einer solchen Tat in einem emotionalen Ausnahmezustand befinden. Durch die speziell entwickelten, frei zur Verfügung gestellten Fragebögen und Untersuchungskits und internen Verfahrensanweisungen, kann die „Medizinische Soforthilfe“ standardisiert und rechtssicher durchgeführt werden: „Einer Hilfestellung in derart einschneidenden und belastenden Situationen können betroffene Mädchen und Frauen sich in unserem Hause sicher sein.“
„Es ist ein beruhigendes Gefühl, dort helfen zu können, wo rechtssichere, zugewandte Hilfe so wichtig ist“, sagt Oberärztin Frau Dr. Silvia Khodaverdi, die am Sana Klinikum in Offenbach seit Jahren diese Maßnahmen koordiniert und schult. „Sexuelle Gewalt gegen Kinder, Frauen und Männer sollte in unserer Gesellschaft einfach keinen Platz haben“, das betont Herr Prof. Dr. Christian Jackisch, der langjährige Chefarzt der Frauenklinik am Sana Klinikum in Offenbach.
Wenn ein verstauchter Knöchel ein Notfall ist – was ist dann eine Vergewaltigung?
Damit Frauen und Mädchen von dem Angebot der Medizinischen Soforthilfe nach Vergewaltigung erfahren, informieren die beteiligten Institutionen kontinuierlich über das Angebot, zusätzlich machen die Stadt Offenbach und pro familia dieses mit der ganzjährigen Plakatkampagne „Wenn ein verstauchter Knöchel ein Notfall ist – was ist dann eine Vergewaltigung?“ in den Offenbacher Linienbussen sichtbar. Möglich wird diese auch Dank der finanziellen Unterstützung des Sana Klinikums und des Ketteler Krankenhauses, das Frauenbüro trägt 20 Prozent der Kosten in Höhe von fast 3.000 Euro. Weitere Unterstützung kommt vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, das die Öffentlichkeitsarbeit zum Projekt mit 5.000 Euro bezuschusst, wovon bspw. die vierwöchige Anbringung der Motive an den Außenflächen von vier Bussen finanziert wird. „Öffentlichkeitsarbeit ist sehr wichtig, um das Thema Vergewaltigung aus der Tabu-Zone zu holen. Wir signalisieren: jede Vergewaltigung ist ein Notfall und keine Frau trägt Schuld“, so Halwachs.
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