Unbekannter Künstler: Bildnis Eduard Posen
"Bildnis des Lederwarenfabrikanten Eduard Posen (1792-1853) in Offenbach"
Öl auf Leinwand, 78,5 x 68,5 cm, unsigniert, um 1840
1. Biographisches
Der Lederwarenfabrikant Eduard Hirsch Posen wurde am 28. Juli 1792 in Offenbach geboren. Er gehört zu den bedeutenden Persönlichkeiten der Offenbacher Geschichte und war nicht nur ein erfolgreicher Geschäftsmann, sondern hat sich auch um das Allgemeinwohl verdient gemacht. Von 1818 bis 1850 war er Vorstandsmitglied der israelitischen Gemeinde und bekleidete seit 1821 das Amt eines ersten Vorstehers der israelitischen Religionsgemeinde. Er begründete 1822 das israelitische Hospital sowie eine Kasse zur Ausbildung von jüdischen Handwerkern. Die Einführung der deutschen Predigt in der Synagoge ist seiner Initiative zuzuschreiben, ebenso wie die Verschönerung des damaligen Gotteshauses in der Großen Marktstraße, früher Judengasse genannt. Die Verbesserung der israelitischen Religionsausübung soll ein wichtiges Anliegen Posens gewesen. Mit der gleichen Hingabe, mit der er sich als Vorstandsmitglied der israelitischen Gemeinde widmete, war er auch als Gemeinderat für das Interesse seiner Vaterstadt tätig. So wurde er 1830 als Mitglied in den Stadtrat gewählt. Dieses Ehrenamt versah er bis zu seinem Tod 1852. Posen hatte wesentlichen Anteil an der 1829 ins Leben gerufenen Leihanstalt, ebenso wie bei der 1832 gegründeten Sparkasse und der Armenpflege. Auch die Einführung der öffentlichen Gasbeleuchtung ist seinem Engagement zu verdanken. Er gehörte zudem dem Vorstand des Allgemeinen Krankenunterstützungsvereins an.
Die von seinem Vater 1811 übernommene Manufakturwarenhandlung erweiterte er 1831, indem er ein Kommissions- und Speditionsgeschäft verbunden mit einer Kurzwarenhandlung eröffnete. 1838 wandte er sich der Lederwarenfabrikation zu, die unterstützt durch seine beiden Söhne Jakob und Carl, zu einer der ersten Firmen der Lederwarenbranche aufstieg. Ein-wandfreie Ware, pünktliche Lieferungen sicherten ihnen einen Kundenkreis im In- und Ausland zu. Belgien gehörte zu dem Hauptabsatzgebiet der Etuis, Brieftaschen, Necessaires, Stamm- und Notizbücher. Bereits im November 1838 wurden Brieftaschen mit der von Senefelder nach Offenbach gebrachten Lithographie angefertigt. Seit 1840 stellte man Lederwaren mit Goldpressung her und seit 1841 konnte man mit Pariser Firmen Lieferverträge abschließen. Aus Platzgründen wurde die Firma 1851 in das ehemalige Gasthaus "Zum Darmstädter Hof" in der Frankfurter Straße 58 verlegt. Das Fabrikationsprogramm wurde immer größer. Man fertigte Taschen mit Leder überzogenen Bügeln und Portemonnaies. 1856 verpflichtete man den Gürtler Hinkel, der das Klappschloss erfunden hatte, damit er für keine andere Firma liefern konnte. 1867 brachten die Weltausstellungen in London und Paris die gebührenden Auszeichnungen. Man gründete Niederlassungen in Berlin, London, Paris, sogar in Südamerika, wie Buenos Aires, Rio de Janeiro, Santiago de Chile.
Ungewöhnlich persönlich war das Verhältnis zu den beschäftigten Arbeitern: So war man um das Wohl der Belegschaft bemüht, beschaffte ihnen sogar preiswerte Nahrungsmittel.
Eduard Hirsch Posen verstarb am 6. Dezember 1853 in Offenbach und wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beerdigt. In dem Nachruf der Zeitschrift "Intelligenzblatt" aus dem Jahre 1854 wird er als "wahrer Menschenfreund" sowie als "Mann des Volkes im edelsten Sinne des Wortes" gerühmt. Der Artikel endet mit den Worten: "Den Helden baut man Triumphbogen, den Gelehrten und Künstlern errichtet man Denkmäler, der brave Bürger baut sich selbst ein Denkmal in den dankbaren Herzen seiner Mitmenschen. Wohl werden auch von seinem Leichensteine die Wogen der Zeit den Namen Posen wegspülen, aber in den Annalen der Geschichte Offenbachs wird er fortleben bis zu den spätesten Enkeln".
Wieder ins Gedächtnis gerufen wurde Posen tatsächlich durch einen seiner Nachfahren, nämlich dem französischen Philosophen und Dramatiker Gabriel Honoré Marcel, der 1964 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels in Frankfurt am Main erhielt.
Eduard Posen ist hier in einem um 1840 entstandenen Brustbild gegeben. Leider ist über den Auftraggeber des Gemäldes nichts bekannt. Das Gemälde sollte jedoch wahrscheinlich repräsentativen Zwecken dienen. 1840 war Posen bereits 10 Jahre Mitglied des Stadtrates, so dass das Gemälde zu diesem Zweck angefertigt worden sein könnte.