Inhalt anspringen

Stadt Offenbach

Offenbach im Ersten Weltkrieg (1914 – 1918)

Der erste Weltkrieg beendete die guten Jahre Offenbachs. Die Kriegsjahre wurden eine Zeit großer Entbehrungen. Tausende Offenbacher verloren ihr Leben. Die militärische Niederlage führte zum Zusammenbruch des Kaiserreichs.

In den Jahren vor 1914 hatten sich die Rivalitäten der führenden europäischen Mächte vertieft. Hochgerüstet standen sich schließlich die »Entente« (Frankreich, Großbritannien, Russland) und die »Mittelmächte« (Deutsches Reich, Österreich-Ungarn, Osmanisches Reich) gegenüber. Mit der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Gattin 1914 in Sarajevo, wobei die Verstrickung des serbischen Geheimdienstes erkennbar wurde, zeichnete sich ab, dass kriegerische Auseinandersetzungen folgen würden. Anfang August begann der Krieg, der sich an zahlreichen Fronten und unter Einbezug zahlreicher Länder zum ersten Weltkrieg in der Menschheitsgeschichte entwickelte.

In Offenbach werden im August und September 1914 schlagartig einige tausend Arbeiter entlassen – der Export und der Bedarf an Friedensprodukte ist weggebrochen. Aber nach weiteren zwei Monaten läuft die Umstellung auf Kriegsproduktion an. Die Offenbacher Wirtschaft wird massiv in die Rüstungswirtschaft einbezogen. Ab Anfang 1915 ist der Arbeitsmarkt leergefegt und Arbeitskräftemangel herrscht bis Kriegsende. Frauen, Jugendliche und Kriegsgefangene springen ein. Die Löhne steigen deutlich – aber die einsetzende Teuerung führt überall zu Reallohnverlusten.

Neue Sozialleistungen entstehen: die »Kriegsfürsorge« ersetzt das ausgefallene Einkommen der eingezogenen Männer. Kriegerwitwenrenten, Kriegsversehrtenrenten, Rehabilitationsleistungen – das waren vorher vergessene Posten, die schließlich von Millionen Leistungsempfängern in Anspruch genommen werden.

Keine Kriegspartei war auf einen mehrjährigen Krieg vorbereitet. Im Deutschen Reich mangelte es schon im Winter 1914/15 durch die englische Seeblockade an Futtergetreide und allen überseeischen Importwaren. Ein großer Teil des Schweinebestands wurde notgeschlachtet. Von da an wurde Fleisch zur absoluten Mangelware. Im Frühjahr 1915 begann die Zwangsbewirtschaftung der Hauptnahrungsmittel mittels Bezugskarten. Das neue Lebensmittelamt organisierte die Mangelwirtschaft. Die zuteilbaren Rationen wurden immer kleiner. Kartoffel und Steckrüben wurden zu den wichtigsten Nahrungsmitteln. Im Winter 1916/17 fehlen dazu noch die Kohlen. Man friert und hungert.

Seit Herbst 1916 berichtete das Lebensmittelamt monatlich über Versorgungs- und Stimmungslage der Offenbacher Bevölkerung an die Heeresleitung. Die Berichte sprechen von einer im Winter 1916/17 ganz schlimmen Versorgungslage. Es gab auch schon eine kleine Hungerrevolte vor einem Lebensmittelladen, die jedoch schnell unterdrückt wurde. Im Jahr 1918 sind die Ressourcen erschöpft, es kommen »fleischfreie Wochen«. Kriegsmüdigkeit und Kritik an der »Obrigkeit« nehmen rapide zu. Im August kommt es erstmals auch in Offenbach zu einer Großkundgebung der Gewerkschaften gegen die schlechte Versorgungslage und die bevorstehenden »fleischlosen Wochen«.

Anfang November 1918 breitet sich die Matrosenrevolte von Kiel aus über das ganze Reich aus. Arbeiter- und Soldatenräte übernehmen kurzfristig die Macht. Am 9. November dankt der Kaiser ab, am 11. November 1918 tritt Waffenstillstand ein.

Die Bevölkerungsverluste Offenbachs sind hoch. 80.000 Einwohner waren es im Sommer 1914. 1925 wären es 100.000 gewesen, wenn im Frieden alles so weitergegangen wäre ... 

Schon 1916 zählt man nur noch 67.500 Einwohner – denn viele sind aufs Land gezogen, viele Männer sind eingezogen. 2.000 Männer fallen im Krieg oder werden vermisst. An die tausend Offenbacher sterben durch Mangelernährung und Grippe. Ein bestürzendes Geburtendefizit tritt auf: 4.500 Kinder weniger als üblich werden in den Kriegsjahren geboren. 73.000 Einwohner zählt man im Jahr 1919. Die Vorkriegszahlen wird Offenbach mühsam erst gegen Ende des 1920-iger Jahrzehnts erreichen.

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise