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Stadt Offenbach

Standortsuche neue Stadtbibliothek "Station Mitte"

02.03.2023 – Die Offenbacher Innenstadt befindet sich wie zunehmend alle Innenstädte im Umbruch. Der Einzelhandel verliert seine dominierende Rolle, Flächen werden für neue Nutzungen frei. Mit dem Zukunftskonzept „offen denken“ möchte die Stadt Offenbach im Schulterschluss mit dem Verein „Offenbach offensiv“ sowie privaten Akteurinnen und Akteuren neue Angebote und Anreize schaffen, um in die Innenstadt zu kommen.

„Die Lage für den stationären Einzelhandel ist prekär und der Rückzug der Geschäfte hinterlässt große Lücken. Diese Lücken müssen künftig andere Angebote schließen, beispielsweise im Bereich Kultur, Bildung und Freizeit“, sagt Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke. „Das Zukunftskonzept enthält dafür viele kleine und große Bausteine, um die Entwicklung der Offenbacher Innenstadt positiv lenken zu können. Das ist ein langer Prozess, denn wir sind für viele Entscheidungen auf die Zusammenarbeit mit privaten Akteurinnen und Akteuren, insbesondere mit den Immobilienbesitzerinnen und -besitzern, zwingend angewiesen. Deshalb haben wir von Anfang an deutlich gemacht, dass Fortschritte nicht über Nacht möglich sind. Aber wir arbeiten beharrlich und entschlossen Schritt für Schritt alle Punkte ab.“

Zur Entscheidung steht nun die geplante Standortverlagerung der Stadtbibliothek in die Innenstadt an – sie ist unter dem Titel „Station Mitte“ ein Schlüsselprojekt des Zukunftskonzeptes. Hintergrund für diese Idee war auch die derzeit schwierige räumliche Situation der Stadtbibliothek, die sich am bisherigen Standort nicht zeitgemäß weiterentwickeln und auf neue Anforderungen einstellen kann. Planungs- und Baudezernent Paul-Gerhard Weiß berichtet: „Nachdem eine Machbarkeitsstudie im Auftrag der Stadt mehrere mögliche Standorte für die neue Stadtbibliothek unter die Lupe genommen hat, liegt nun eine Empfehlung des Magistrats für die Stadtverordneten vor“, so Weiß. „Favorit ist das frühere Karstadt-Gebäude in der Frankfurter Straße 17.“ Im Zuge der zweiten Stufe der Machbarkeitsstudie waren neben dem ehemaligen Karstadt zuletzt noch zwei weitere Standorte in der engeren Wahl: das KOMM-Center (Aliceplatz 11) und der C&A (Berliner Straße 80) mit seinen Nebengebäuden.  

„Auch die beiden Alternativstandorte sind weiterhin mögliche Kandidaten“, erläutert Weiß, „stimmen die Offenbacher Stadtverordneten in ihrer Sitzung im März dem Vorschlag des Magistrats zu, werden aber zuerst mit dem Eigentümer der früheren Karstadt-Liegenschaft verbindliche Verhandlungen aufgenommen. Dort könnte die Station Mitte aufgrund der Lage, der verglasten Flächen im Erdgeschoss und anderer Merkmale die beste Strahlkraft auf die Fußgängerzone ausüben. Die Stadtbibliothek könnte sich dort völlig neu als Wissenshaus, öffentliches Wohnzimmer und Kulturzentrum aufstellen.“ Parallel zu diesen Verhandlungen soll der Magistrat auch den Auftrag der Stadtverordneten erhalten, mit dem KOMM-Center die Gespräche fortzuführen. „Das Einkaufszentrum, das ebenfalls in tiefgreifenden Veränderungen steckt, könnte aufgrund der kurzfristigen Verfügbarkeit von Flächen und am Ende auch aus finanzieller Sicht ein geeigneter Alternativstandort für das ehemalige Karstadt-Gebäude sein. In jedem Fall aber wird die Stadt dem Betreiber des KOMM bei der weiteren Entwicklung des Centers zur Seite stehen“, so Weiß. Weiterhin soll die Liegenschaft der Post am Aliceplatz ähnlich wie bei der Machbarkeitsstudie für eine mögliche Nachnutzung planerisch ins Auge gefasst werden. „Damit haben wir alle größeren Immobilien in der Fußgängerzone, die absehbar eine Nachnutzung bedürfen könnten, im Blick“, betont Weiß. 

Zielsetzungen für die Stadtbibliothek (Station Mitte)

Die Station Mitte wurde in den vergangenen Wochen mit der jetzt vorliegenden Machbarkeitsstudie für die drei genannten innerstädtischen Liegenschaften planerisch eingehender betrachtet und dadurch auch inhaltlich konkretisiert: „Die Stadtbibliothek ist schon heute mehr als eine Verleihstation. Viele Schülerinnen und Schüler nutzen sie täglich, um sich auf Prüfungen vorzubereiten, genauso wie Studierende, die dort Ruhe finden, um zu arbeiten. Auch Familien lassen sich in unseren Räumen inspirieren“, erläutert Stadtbibliotheksleiterin Nicole Köster. Darüber hinaus zeigt die Stadtbibliothek mit der Bibliothek der Dinge, dem Makerspace und dem Podcast-Preis, dass sie gesellschaftliche Veränderungen miteinbezieht und innovative wie digitale Angebote macht. Nicole Köster macht gleichzeitig deutlich, dass diesen positiven Entwicklungen Grenzen gesetzt sind: „Durch die räumliche Enge am jetzigen Standort sind parallel stattfindende Workshops und Veranstaltungen, bei denen Menschen zusammenkommen können, aktuell nicht möglich. Ebenso wenig wie ein Ausbau der Kooperationen, der für eine konzeptionelle Weiterentwicklung notwendig ist. Mit größeren und vielfältig nutzbaren Räumen möchten wir die Neuausrichtung der Stadtbibliothek vorantreiben und sie zu einem öffentlichen Raum machen, an dem Bildung und ein soziales Miteinander rund um Bücher, digitale Medien und Kultur stattfinden.“

Kriterien für einen neuen Standort

In der zweistufigen vergleichenden Untersuchung der Machbarkeitsstudie wurden zunächst sechs innerstädtische Gebäude mit ersten Raumkonzepten für die Station Mitte hinterlegt. Dabei ging es darum, ihre grundsätzliche Eignung zu prüfen und diese den vielfältigen, vor allem architektonischen und städtebaulichen Kriterien einander gegenüber zu stellen. Die Fragen, die sich dabei stellten, lauteten: Wo wird eine gute Sichtbarkeit in den öffentlichen Raum geschaffen? Wo kann die Station Mitte die größten positiven Effekte auf die Innenstadt auslösen – sei es durch veränderte Fassadengestaltung oder Belebung bisheriger Gebäuderückseiten? Gibt es Möglichkeiten, Freiflächen zu schaffen, die die Besucherinnen und Besucher nutzen können? Wie kann der Bücherbus untergebracht und bestückt werden? Oder: Wie flexibel kann auf konzeptionelle Veränderungen der Station Mitte reagiert werden?

Aus 50 Fragestellungen ergaben sich am Ende die drei Immobilien, die im Austausch mit den jeweiligen Eigentümerinnen und Eigentümern planerisch weiter konkretisiert und hinsichtlich ihrer zeitlichen und finanziellen Machbarkeit beleuchtet wurden. Dazu wurden jeweils Grundrisse entwickelt, mit den baulich-technischen Rahmenbedingungen der Gebäude abgeglichen und notwendig werdende bauliche Umbaumaßnahmen beschrieben. Nur so konnten Bauphasen und Kosten veranschlagt und vergleichbar gemacht werden – alternativ für die Modelle Anmietung oder (Teil-)Erwerb im anteiligen Eigenbau der Stadt. Deutlich wurde, dass ein reiner Eigenbau durch die Stadt finanziell voraussichtlich günstiger wäre als eine Anmietung. Verbunden wäre damit aber eine Reihe von Unwägbarkeiten. Das Mietmodell ist jeweils schneller umzusetzen und eine Variante, die weniger Unvorhersehbares beinhaltet. Daher wurden die Eigentümerinnen und Eigentümer aufgefordert, konkrete Mietangebote auf Grundlage der Machbarkeitsstudie und unter klarer Abgrenzung privater und städtischer Bauleistungen zu unterbreiten.

Betrachtung der Standorte

Je nach Betrachtungswinkel sprechen unterschiedliche Kriterien für die drei Immobilien.

Die Umsetzung im KOMM würde zügig vorangehen und wirft die geringsten (Bau-)Kosten auf. Die Planungen der Machbarkeitsstudie für das KOMM liefern ein überzeugendes Station Mitte-Konzept, jedoch steht hier die kleinste aktuell mögliche und eingeplante Fläche zur Verfügung. Insgesamt hat die Stadt am Aliceplatz 11 den geringsten Gestaltungsspielraum und kann gleichzeitig nur kleinste städtebauliche Veränderungen für die Innenstadt erwirken. Die Entwicklung des C&A, einschließlich seiner Nachbargebäude, birgt die größte Chance zur Aufwertung des Stadtbilds, ist aber erst langfristig zu erreichen und mit einigen Unwägbarkeiten behaftet. Bei dieser Immobilie besteht der größte bauliche Aufwand, voraussichtlich in zwei Bauabschnitten. Der bauliche Aufwand für die Station Mitte im ehemaligen Karstadt-Gebäude ist höher als beim KOMM, aber niedriger als bei den C&A-Liegenschaften. Diesem Standort wird großes Potenzial und mittelfristig die größte Strahlkraft auf die Innenstadt zugeschrieben – sowohl auf die Frankfurter Straße, als auch auf die Herrnstraße und den Hugenottenplatz. „Aus diesen Gründen ist das ehemalige Karstadt-Gebäude der derzeitige Favorit des Magistrats, um die Station Mitte vergleichsweise zeitnah zu verwirklichen“, betont Weiß. Im Zuge der Anmietung sollen Teilflächen umgebaut werden. Geplant ist eine Öffnung des Gebäudes über alle Stockwerke mit vollständig neuer Fassade und ein großzügiger, offen gestalteter Eingangsbereich von der Herrnstraße aus. Eine vertikale Erschließungsfuge soll Licht ins Gebäude bringen und ermöglichen, dass die östlichen Teile des Kaufhauses auch künftig noch Ladenlokale und andere gewerbliche Räume beherbergen, während sich die Station Mitte rundum zu Frankfurter Straße, Herrnstraße und Hugenottenplatz präsentieren kann. Im obersten Geschoss soll ein Veranstaltungsraum den Blick über die Dächer der Stadt ermöglichen und mit einer Dachterrasse verbunden sein. Unter anderem denkt der Eigentümer auch über eine Fassadenbegrünung nach. Die Übergabe der Nutzflächen an die Stadt soll bei einer Einigung mit dem Vermieter bis Ende 2025 erfolgen.

Nicht in die Betrachtung einbezogen wurden das Postgebäude am Aliceplatz und der Kaufhof. Das Gebäudeensemble der Post am Aliceplatz 10 war zwar Gegenstand der ersten Stufe der Machbarkeitsstudie, aber die Eigentümer standen noch nicht zu Gesprächen zur Verfügung und stellten in der zweiten Stufe der Machbarkeitsstudie dementsprechend keine Baupläne zur fachlichen Vertiefung bereit. Erst später wurde bekannt, dass das Gebäude veräußert wurde. Zwischenzeitlich nahm der neue Eigentümer Kontakt mit der Stadt auf – leider zu spät für die bereits abgeschlossene Studie. Daher soll das Gebäude nun im Nachgang nochmals genauer betrachtet werden. Das Gebäude des Kaufhofs wiederum stand zu Beginn der Machbarkeitsstudie noch nicht unter Veränderungsdruck und wurde nicht in die Betrachtungen einbezogen. Erst während der Erarbeitung der Studie wurde die unklare Zukunft der Kaufhaus-Kette bekannt. „Die endgültige Standortentscheidung hängt nun von den konkreten Verhandlungen mit den Eigentümerinnen und Eigentümern ab, für die der Magistrat den Auftrag der Stadtverordneten erbittet. Ziel der Stadt ist und bleibt, zeitnah den endgültigen Standort zu finden, damit wir einen wichtigen Schlüsselbaustein des Zukunftskonzeptes umsetzen können und die Stadtbibliothek gleichermaßen wie die Innenstadt neue Perspektiven erhält. Mit dem jetzt vorliegenden Beschluss kommen wir diesem Ziel ein großes Stück näher“, betont Paul-Gerhard Weiß abschließend. 

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