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Stadt Offenbach

Klage der Stadt Offenbach auf Beschränkung der Nachtflüge

15.02.2001 – 15. Februar 2001: Klage auf Beschränkung der Nachtflüge hat die Stadt Offenbach heute vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel erhoben. Ziel ist die kurzfristige Reduzierung der Lärmbelastung durch den Frankfurter Flughafen. Insbesondere ist die Klage auf eine Verminderung und strikte Begrenzung der Nachtflüge gerichtet.

Oberbürgermeister Gerhard Grandke: "In den vergangenen Monaten hat mein Beraterteam diese Klageschrift intensiv vorbereitet. Unter Federführung von Flughafenplaner Dieter Faulenbach da Costa hat der städtische Arbeitskreis Flughafen ausgezeichnete Arbeit geleistet. Als Prozessbevollmächtigter wird unser Berliner Jurist, Dr. Reiner Geulen, die Stadt vertreten."

Die Flugbewegungen (insbesondere Nachtflüge) wurden in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht, ohne dass hierzu die erforderliche Planfeststellung oder Genehmigung erteilt wurde. Von 1985 bis 2000 (2001) hat sich die Zahl der Nachtflüge pro Jahr von ca. 10.000 auf ca. 50.000, also um das Fünffache, erhöht. Das Luftverkehrsrecht schreibt hierfür grundsätzlich vor, dass die Erweiterung eines Flughafens und seines Betriebes nur zulässig sind, wenn die Auswirkungen auf die Wohnbevölkerung im Einzelnen geprüft und abgewogen werden; dies kann nur in einem Planfeststellungsverfahren erfolgen, dessen Ergebnis ein anfechtbarer und gerichtlich überprüfbarer Planfeststellungsbeschluss ist.

Da das Luftverkehrsrecht selbst keine grundsätzlichen Aussagen über die Zulässigkeit des Umfangs einer Flughafenerweiterung gibt, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Anforderungen an diese Verfahren und die gebotene Abwägung sowie die gerichtliche Kontrolle besonders groß. Am Flughafen Frankfurt werden diese Zunahmen – insbesondere auch für den letzten Winterflugplan – jedoch ohne jegliches förmliches Verfahren durchgeführt, so dass der gerichtliche Rechtsschutz der betroffenen Dritten (Gemeinden) unterlaufen wird. Hiergegen richtet sich die Klage.

Bei der Analyse der Akten und Genehmigungen für den Flughafen Frankfurt wurde festgestellt, dass für den Gesamtflughafen offensichtlich überhaupt keine wirksame Planfeststellung vorliegt. Der Flughafen wurde in der Zeit nach 1957 durch einfache Genehmigung ohne die erforderliche Abwägung und Planfeststellung sukzessive immer weiter ausgebaut. Dies war objektiv rechtswidrig, konnte aber seinerzeit aufgrund des noch defizitären gerichtlichen Rechtsschutzes nicht angegriffen werden.

Auch der Planfeststellungsbeschluss für die Startbahn West 1971 regelt nach seinem ausdrücklichen Wortlaut vor allem die Verlängerung vorhandener Start- und Landebahnen und die Errichtung der Startbahn West sowie die hierdurch bedingten Lärmimmissionen. Die Starbahn West ist formell korrekt planfestgestellt; für den Gesamtflughafen hat sich hieraus aber ebenfalls keine Änderung ergeben.

Aus luftverkehrsrechtlicher Sicht inakzeptabel ist, dass nach 1971 die gesamten Ausbauten und Erweiterungen des Flughafens (insbesondere Terminals, Cargo-Bereiche, Vorfelder etc.) offensichtlich lediglich aufgrund von Baugenehmigungen legalisiert wurden. Für die Erweiterungen und Bauvorhaben der letzten 25 Jahre liegen luftverkehrsrechtliche Planfeststellungen, in denen die Lärmbelastung der Umgebungsbevölkerung abgewogen wurde, nicht vor. Während sämtliche anderen deutschen Großflughäfen (München, Hamburg, Köln/Bonn, Düsseldorf, Stuttgart, Erfurt, Dresden etc.) aufgrund formell korrekter Planfeststellungsbeschlüsse errichtet und erweitert wurden, bietet der größte deutsche Flughafen, Frankfurt/Main, genehmigungsrechtlich das Bild eines Flickenteppichs. Insbesondere gibt es für die jüngsten Erhöhungen der Nachtflüge keine rechtliche Grundlage. Die Landesregierung und der zuständige Verkehrsminister ignorieren durch ihre Entscheidungen nicht nur die Bedürfnisse der Wohnbevölkerung auf Nachtruhe, sie riskieren auch wegen der ungeklärten Rechtslage gerichtlich erwirkte Verbote, durch die der Flughafenbetrieb nachhaltig gestört werden kann.

Die Klage wird ferner darauf gestützt, dass die Europäische Kommission inzwischen eine Richtlinie zur "Bekämpfung des Umgebungslärms" entworfen hat; die Richtlinie soll insbesondere den Schutz der Nachtruhe in der Umgebung von Verkehrsflughäfen sicherstellen. Diese Richtlinie entfaltet nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes bereits jetzt grundsätzliche Vorwirkungen, die es verbieten, der Zielsetzung dieser Richtlinie zuwider die Störungen der Nachtruhe durch Zivilflughäfen zu vergrößern.

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