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Stadt Offenbach

Über die Kommune hinausgewachsen: Der Frankfurter Flughafen beschränkt Offenbachs Entwicklungsmöglichkeiten

Von wegen übertrieben! Die Prognosen, die die AG Flughafen einst Offenbach und der Fraport in Aussicht stellte, haben sich bewahrheitet. Die Lärmauswirkungen sind massiver als prognostiziert. „Wir haben recht gehabt“, sagte Dr. Reiner Geulen, Prozessbevollmächtigter der Stadt Offenbach, während einer Pressekonferenz der AG Flughafen im Rathaus.

Brand

Es war die 99. Sitzung der ämterübergreifenden Arbeitsgemeinschaft, die vor allem dazu genutzt wurde, die Situation der Stadt nach Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest auszuwerten. „Nun ist der Lärm für noch mehr Bürger dieser Stadt sinnlich erlebbar“, fasste es Flughafendezernent Paul-Gerhard Weiß zusammen. Die Auswertung der Experten hat bestätigt, was die Gegner des Flughafenausbaus längst vermutet hatten und was am Himmel über Offenbach seit Oktober bereits im Minutentakt zu hören ist. Die Situation hat sich verschärft. Der Großteil des Stadtgebiets liegt unter einem dichten Teppich aus Fluglärm. „Diese Bahn ist nicht raumverträglich“, bringt es Stadtrat Paul-Gerhard Weiß auf den Punkt.

In Offenbach sind mehr Bürger von Fluglärm betroffen als woanders. Nirgendwo sonst fliegen so viele Flugzeuge in so kurzer Zeit über eine Kommune im Rhein-Main-Gebiet wie hier. Und: „Die Betroffenheit wird noch größer werden“, vermuten Weiß und seine Mitstreiter, die sich nun auf die Revisionsverhandlung zum Ausbau des Frankfurter Flughafens vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 13. März 2012 vorbereiten.

Am Verhandlungstag wird es nicht nur um die Nachtflugregelung gehen, sondern um das gesamte Vorhaben. Inklusive der Standortfrage der neuen Landebahn und den Lärmauswirkungen am Tag und in der Nacht. Die aktuelle Ausweitung der Lärmschutzzonen bringt eine massive Beschränkung der Entwicklungsmöglichkeiten und Selbstverwaltung der Stadt Offenbach mit sich. 80% der städtischen Fläche dürfen unter diesen Bedingungen nicht im üblichen Sinne bebaut werden. Damit dürfen auf dem größten Teil des Siedlungsgebiets keine lärmsensiblen Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und Altenheime errichtet werden. Für die Zukunft der Stadt bedeutet dies, dass kaum noch Wohngebiete ausgewiesen werden können. Das Allessa-Gelände im Osten der Innenstadt könnte unter diesen Umständen beispielsweise nicht zu einem Wohnviertel samt Kindergarten ausgebaut werden. „Offenbach kann mit solchen Beschränkungen nicht leben“, so Paul-Gerhard Weiß. Dem Siedlungsdruck im gesamten Rhein-Main-Gebiet könne die Stadt so nicht gerecht werden. „Der Flughafen ist über die Kommune hinausgewachsen“, sagt auch Flughafen-Experte Dieter Faulenbach da Costa. Das Problem sei verharmlost worden und die Prognosen der Fraport schlichtweg falsch gewesen, meint der Diplom-Ingenieur. Die Lärmbelastung sei tatsächlich drei bis fünf Dezibel höher als angenommen. Vielerorts sei in Offenbach daher nur noch der Bau von Schallschutz-Wohnungen möglich.

Selbst wenn sie wollten, für die Bewohner im Westend kommen diese Vorgaben zu spät. Ihre Häuser sind nicht Schallisoliert. Bei der Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen werden sie nicht unterstützt.

Dr. Reiner Geulen blickt optimistisch auf die bevorstehende Verhandlung. „Unsere Prognose war nicht übertrieben, sondern zu 95 Prozent richtig“, sagt der Anwalt. Sein Ziel ist es, dass die Lärmauswirkungen des Gesamtflughafens noch einmal vollständig geprüft werden und dass am Ende die Belastung für die Stadt stark reduziert wird.

6. Dezember 2011

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