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Stadt Offenbach

Stadt Offenbach obsiegt im Normenkontrollverfahren gegen den Flughafenausbau

Die Stadt Offenbach am Main hat heute einen weiteren wichtigen juristischen Sieg in ihrem Widerstand gegen den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt am Main vor dem Bundesverwaltungsgericht (Leipzig) errungen.

Revision der Stadt Offenbach

Wie Dr. Reiner Geulen, der juristische Vertreter Offenbachs berichtet, hob das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes (Kassel) vom 16. August 2002, durch das der Normenkontrollantrag Offenbachs gegen den Regionalplan Südhessen 2000 abgewiesen worden war, auf und gab der Revision der Stadt Offenbach statt.

Bereits frühzeitig hatte sich Offenbach gegen die von der Hessischen Landesregierung erlassenen Raumordnungspläne für die Erweiterung des Flughafens Frankfurt gewandt. Die Hessische Landesregierung hatte sowohl den "Landesentwicklungsplan 2000" als auch den "Regionalplan Südhessen 2000" geändert und mit der Vorgabe versehen ..."hierzu ist eine Erweiterung über das bestehende Start- und Landebahnsystem hinaus zu planen und zu realisieren". Dies geschah nach Auffassung der Stadt Offenbach rechtsfehlerhaft, da die betroffenen Gebietskörperschaften nicht angehört wurden. Gegen beide Pläne wurde alsdann ein Normenkontrollverfahren vor dem Kasseler Verwaltungsgerichtshof eingeleitet.

Urteil im August 2002

Mit Urteil vom 16. August 2002 (4 N 455/02) wurde der Landesentwicklungsplan bereits für nichtig erklärt. Seitens der Landesregierung war hiergegen erst gar kein Rechtsmittel eingelegt worden, so dass dieses Urteil rechtskräftig werden konnte.

Den Antrag gegen den "Regionalplan Südhessen 2000" hatte der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom gleichen Tag jedoch mit der formalen Begründung abgelehnt, der Regionalplan könne gar nicht Gegenstand einer Normenkontrolle sein (4 N 3272/01). Eine Revision gegen dieses Urteil wollte der Verwaltungsgerichtshof nicht zulassen.

Auf Antrag der Stadt Offenbach konnte jedoch ein Beschluss beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 4 BN 60/02) erwirkt werden, der die Zulassung der Revision beinhaltete.

Urteil wurde aufgehoen

Am heutigen Tag hat das Bundesverwaltungsgericht der Revision in vollem Umfang stattgegeben und das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes aufgehoben (BVerwG 4 CN 503).

Dr. Reiner Geulen: "Das Bundesverwaltungsgericht ist in seiner mündlichen Urteilsbegründung in Gänze dem Rechtsstandpunkt der Stadt Offenbach gefolgt. Es hat insbesondere ausgeführt, dass der "Regionalplan Südhessen 2000" in vollem Umfang der gerichtlichen Prüfung im Normenkontrollverfahren unterliegt. Nunmehr muss der Verwaltungsgerichtshof nochmals über die Normenkontrolle entscheiden. Da der Regionalplan in einer nicht rechtsstaatskonformen Weise zustande gekommen ist, sind wir zuversichtlich, dass er noch innerhalb des 1. Quartals des Jahres 2004 nach den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts endgültig für nichtig erklärt wird".

"Das heutige Urteil des Bundesverwaltungsgerichts", so Gerhard Grandke, Oberbürgermeister der Stadt Offenbach, "bedeutet einen schwerwiegenden Rückschlag für die Pläne der Hessischen Landesregierung, den Flughafen durch eine Nordwest-Bahn zu erweitern. Wenn sich herausstellt, dass sowohl der Landesentwicklungsplan als auch der Regionalplan keine Rechtskraft besitzen, . muss nach geltendem Planungsrecht ein neues Raumordnungsverfahren eingeleitet werden. Folglich kann auch die nunmehr von der FRAPORT AG beantragte Planfestellung für die Erweiterung im Nordwesten nicht stattfinden".

Erneuter Versuch der Landesregierung?

Sollte die Landesregierung abermals versuchen, die Raumordnungsregelungen (Regionalplan und Landesentwicklungsplan) in ihrem Sinne zu ändern, würde dies zunächst eine umfassende Anhörung und Abwägung der Belange der Stadt Offenbach sowie weiterer Gebietskörperschaften und der Umgebungsbevölkerung bedingen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Regionalversammlung Südhessen wird aus Offenbacher Sicht jedoch bezweifelt, dass ein solche Entscheidung zustande kommt.

Grandke: "Auf jeden Fall wird es zu maßgeblichen Zeitverzögerungen für das von der FRAPORT AG und der Landesregierung beabsichtigte Planfeststellungsverfahren kommen. Auch neue Landesentwicklungspläne beziehungsweise Raumordnungspläne werden wir wiederum durch Normenkontrollverfahren angreifen. Gleichermaßen aber will ich nochmals betonen, dass wir keine Gegner des Flughafens sind. Es gilt jedoch jetzt und für die Zukunft, den Flughafenbetrieb und die Lebensbedingungen der hier wohnenden Menschen in Einklang zu bringen. Deshalb werden wir keiner Variante unsere Zustimmung geben, die noch mehr Fluglärm über den Dächern Offenbachs, der deutschen Großstadt, die bereits jetzt am stärksten von Fluglärm betroffen ist, mit sich bringt. Unsere Forderungen lauten nach wie vor: Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr und Verteilungsgerechtigkeit".

Recht der Bevölkerung

Nach Ansicht Geulens gibt das heutige Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ferner einen Hinweis darauf, in welchem Maß die Rechte der Offenbacher Bevölkerung und ihr Anspruch auf Schutz vor gesundheitsschädigenden Lärmbelastungen durch den Flughafen ernst genommen werden.

Sowohl Grandke als auch Geulen zeigten sich zuversichtlich, auch weitere vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängige Klageverfahren, insbesondere die weitgehende Beschränkung der Nachtflüge (BVerwG 4 B 75/03), erfolgreich abzuschließen.

20. November 2003

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