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Stadt Offenbach

Hoher Orden für "Fluglärm-Müller"

25.02.2004 – Richard Müller, in Offenbach a.M. allgemein als kompetentester Fluglärm-Gegner bekannt, erhält am Dienstag, 24.10.2000, 17.oo Uhr, im Saal 2 des Offenbacher Rathauses, Berliner Straße 100, aus der Hand von Staatsminister Dieter Posch vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Zu der Feierstunde im Magistratssaal des Offenbacher Rathauses sind die Damen und Herren der Medien herzlich eingeladen.

Nachdem ihm erst im März d.J. die Stadt Offenbach a.M. die höchste sichtbare Auszeichnung der Stadt, die Ehrenplakette, verliehen hat, wird Richard Müller nun auch noch einmal vom Bundespräsidenten geehrt.

Herr Richard Müller hat sich in den letzten vier Jahrzehnten, neben seinen stets leitenden beruflichen Aufgaben, auch intensiv ehrenamtlichen Gemeinschaftsaufgaben gewidmet und kann hier auf beachtliche Leistungen und Erfolge zurückblicken.

Kaum 20 Jahre alt, konnte man ihn bereits in der gewerkschaftlichen und politischen Arbeit, wie auch im Rundfunk, bei jugendpolitischen Sendungen, bei Jugendforen und politischen Seminaren erleben.

Zu Beginn der 60er Jahre nahm die Erwachsenenbildung einen großen Teil seiner Aufmerksamkeit in Anspruch, und zwar sowohl in Offenbach selbst, wie auch auf Landesebene, so als Delegierter für den Landesausschuss des Hessischen Landesverbandes für Erwachsenenbildung bzw. des Hessischen Volkshochschulverbandes.
Zusätzlich war er 1. Vorsitzender bzw. Stellvertreter (der Vorsitz wechselte jährlich zwischen dem DGB und der VHS) der Arbeitsgemeinschaft „Arbeit und Leben“, einer Organisation, die sich sehr intensiv und erfolgreich für die politische Bildung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Stadt und Kreis Offenbach einsetzte. Sehr oft war er hier Referent bei Wochenendlehrgängen und Exkursionen.

Ein sehr wichtiger Bereich, in dem Richard Müller seine große berufliche Erfahrung und seine hohe Sachkompetenz einbringen konnte, war seine ehrenamtliche Tätigkeit als Laienrichter. Diesem ehrenamtlichen Element der Rechtsfindung kommt in unserem rechtsstaatlichen System eine sehr große Bedeutung zu. Dem rein nach Recht und Gesetz handelnden Berufsrichtertum werden hier in vielen Bereichen sogenannte Laien zur Seite gestellt, die mit ihrer Lebens- und Berufserfahrung, aber auch mit Herz und Verstand dazu beitragen, sozial ausgewogene und gerechte Urteile zu erzielen.

Bereits im Alter von 26 Jahren wurde Richard Müller als Jugendschöffe an die Jugendstrafkammer beim Landgericht Frankfurt a.M. und als Beisitzer beim Amtsgericht in Frankfurt berufen. Danach war er acht Jahre lang Sozialrichter beim Sozialgericht in Frankfurt, und von 1970 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1992 Landessozialrichter am Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt. Bei unzähligen Verfahren und Urteilen hat er maßgeblich mitgewirkt und seinen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit in unserem Lande geleistet. Von 1962 bis 1980 wirkte Herr Müller in dem komplizierten Rechtsgebiet des Verwaltungsrechtes als ehrenamtlicher Verwaltungsrichter am Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel und war Mitglied des Verwaltungsausschusses des Offenbacher Arbeitsamtes.

Auch die Stadt Offenbach selbst durfte sich in einer ganzen Reihe von Selbstver-waltungsgremien der aktiven Mitarbeit Richard Müllers erfreuen. Er hat als sachkundiger Bürger und Beisitzer in der Theater- und Kulturkommission, der Umweltschutzkommission, dem Widerspruchsausschuss und dem Prüfungsausschuss beim Ausgleichsamt Offenbach mitgearbeitet.

Für die Offenbacher Sozialdemokraten, in deren Reihen er viele Jahre wichtige Funktionen wahrgenommen hat, ging er von 1964 bis 1977 in die Stadtver-ordnetenversammlung. Hier war er über die gesamte Zeit Vorsitzender des Umweltausschusses und arbeitete außerdem in einigen anderen Ausschüssen der Stadtverordnetenversammlung mit.

Als er im Jahre 1980 die Geschäftsführung der AOK Offenbach übernahm, konnte er bereits auf eine 18-jährige ehrenamtliche Mitarbeit in diesem Bereich zurückblicken und hierbei seine Erfahrungen sammeln. Ob Vertreterversammlung, Satzungskommission, Haushaltskommission oder Widerspruchsstelle; Richard Müller kannte seine AOK bereits sehr gut, auch aus seiner ständigen Teilnahme an den Vorstandssitzungen, als er dann zum Geschäftsführer gewählt wurde.

In den Jahren 1963 bis 1974 führte die Schulpflicht seiner beiden Kinder auch zur Mitarbeit in einigen Elternvertretungen an Schulen, so u.a. an der Freiligrathschule in Frankfurt-Fechenheim, der Bachschule-Süd und dem Albert-Schweitzer-Gymnasium in Offenbach. Er war Vorsitzender des Schulelternbeirates der Bachschule und – als Vertreter der Haupt- und Realschulen – Mitglied im Stadt-Schulelternbeirat.

Für die Offenbacher Bevölkerung, wie auch auf Landes- und Bundesebene ist sein hoher Bekanntheitsgrad allerdings in erster Linie auf seine nunmehr 30 Jahre währende hervorragende Arbeit auf dem Gebiet der Fluglärm-Bekämpfung zurückzuführen.

Seit 1970 bis heute ist Richard Müller Vorsitzender der ersten und erfolgreichsten Bürgerinitiative unserer Stadt, der „Offenbacher Vereinigung gegen den Fluglärm e.V.“! Bereits ein Jahr später wurde er als Vertreter aller Fluglärmvereinigungen im Rhein-Main-Gebiet durch den Hessischen Minister für Wirtschaft und Verkehr in die „Kommission zur Abwehr des Fluglärms“ berufen, war 1980 bis 1987 stellvertretender Vorsitzender und ist seit 1987, also seit 13 Jahren – bis heute, im Alter von 70 Jahren, Vorsitzender dieser Fluglärmkommission! In dieser Funktion wurde er auch Mitglied in der „Arbeitsgemeinschaft deutscher Fluglärmkommissionen“, deren Vorsitz er seit 1993 ebenfalls innehat.

Herr Richard Müller kann, in der Gemeinschaft mit Pfarrer Prof. Oeser und einigen wenigen Persönlichkeiten in Sachen Fluglärmbekämpfung als der kompetenteste Fachmann in Hessen und in Deutschland bezeichnet werden. Mit großem Fleiß, viel Geschick und allseits anerkannter Sachkompetenz hat er bereits in einer Zeit, als andere Fluglärmgegner ihre Anliegen quasi mit der Brechstange durchsetzen wollten, beharrlich, zielstrebig und auch international überzeugend eine „Politik der kleinen Schritte“ betrieben und propagiert, die schließlich auch zum Erfolg führte.

Die fünf herausragenden Erfolge dieser Politik der kleinen Schritte waren dabei zunächst:

1. Die Einführung der ständigen Fluglärm-Überwachung und –Dokumentation.

2. Die Einführung des sogen. „Frankfurter Anflugverfahrens“, nach dem die Flugzeuge erst wesentlich später und damit leiser in niedrigere Höhen, vor der Landung auf dem Frankfurter Flughafen flogen.

3. Die weltweit durchgeführte Umrüstung der Düsenverkehrsflugzeuge auf die leiseren, seinerzeit neu entwickelten Mantelstrom-Triebwerke. Nicht umrüstbare Flugzeuge durften in Frankfurt nicht mehr landen.

4. Die weitgehende Durchsetzung des Nachtflugverbotes – und

5. Die Einführung des „Frankfurter Modells“, eine verbesserte Form des bereits bestehenden Züricher Modells. Hiernach werden die Landegebühren für Flugzeuge nach dem bei diesen Maschinen gemessenen Lärm festgesetzt, also zu laute Flugzeuge „bestraft“ und umweltfreundliche begünstigt.

Allein durch diese Leistung wurden in hohem Maße gesundheitliche Beeinträchti-gungen von der fluglärmgeplagten Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland abgewendet, wofür man Richard Müller von vielen Seiten her höchstes Lob und Anerkennung aussprach. Dieser Dank und die Anerkennung schlugen sich dann auch in der Verleihung einer Reihe von hohen Auszeichnungen nieder, so

1976 das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik
Deutschland (Bundesverdienstkreuz)
1976 die Rathausplakette der Stadt Offenbach
1977 der Ehrenbrief des Landes Hessen und
1978 die Bürgermedaille in Silber der Stadt Offenbach am Main.

Die jetzt verliehene erneute Auszeichnung seiner Stadt Offenbach a.M., die Ehrenplakette, ist höchster Dank für das hervorragende und beispielgebende ehrenamtliche Lebenswerk Richard Müllers.

In jüngster Zeit nahm Herr Müller als Vorsitzender der Offenbacher Vereinigung gegen den Fluglärm als einziger Vertreter von Bürgerinitiativen am Mediationsver-fahren zur Entwicklung des Frankfurter Flughafens teil. Er hat auch hier ganz sicher wesentlich dazu beigetragen, daß die Frankfurter Fluglärmkommission seit Jahren bundesweit die Vorreiter-Rolle bei der Behandlung von Fluglärm-Themen in Deutschland besetzt.

Auf sein Betreiben ist es zurückzuführen, dass über eine Initiative des Landes Hessen die Beratungsfunktion der Fluglärmkommission auch gegenüber der Deutschen Flugsicherung und in Fragen der Schadstoffemissionen gesetzlich begründet wurde.
Seinem ausgleichenden Wirken ist es mit zu verdanken, dass die Frankfurter Fluglärmkommission sich konstruktiv an der Weiterentwicklung des Flughafens beteiligt hat.

Seine allseits anerkannte Sachkompetenz und seine überzeugende Durchsetzungskraft ermöglichte es, dass in diesem Verfahren nicht die absoluten Ablehner einer Weiterentwicklung des Flughafens die Oberhand bekamen, sondern im Mediationsverfahren zu einer vernünftigen und tragbaren Lösung der anstehenden Fragen beigetragen werden konnte. Die Entscheidung über die künftigen Entwicklungsschritte steht ja, wie bekannt, noch aus.

Es steht außer Frage, dass die heute zu würdigende ehrenamtliche Lebensleistung Richard Müllers ganz sicher nur deshalb möglich war, weil sein familiäres Umfeld diese enorme Last mitgetragen hat. Er vergisst auch nie, dies herauszustellen und sich bei seiner Gattin, dem Sohn und der inzwischen in Australien lebenden Tochter dafür zu bedanken.

Der u.a. natürlich auch für den Frankfurter Flughafen sachlich zuständige Hessische Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesplanung, Herr Staatsminister Dieter Posch, hat es sich nicht nehmen lassen, den nunmehr verliehenen hohen Bundesorden selbst auszuhändigen.

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