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Stadt Offenbach

MainArbeit ermöglicht mehr Hartz-IV-Empfängerinnen die Erwerbstätigkeit

16.12.2008 – 16. Dezember 2008: Mit einem hessenweit einmaligen Modellprojekt will die MainArbeit die Chancen junger alleinerziehender Hartz-IV-Empfängerinnen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen. Damit diese in der Lage sind, auch eine Stelle mit Arbeitszeiten außerhalb der Kernzeiten anzunehmen, vermittelt die MainArbeit so genannte Kinderfrauen, die insbesondere Kinder unter drei Jahren zu Hause betreuen, sei es frühmorgens, spätabends oder am Wochenende. Im Falle der speziellen Zielgruppe genüge es nicht, Erwerbsarbeit zu fördern und zu fordern, man müsse sie auch ermöglichen, sagt Offenbachs Bürgermeisterin und Sozialdezernentin Birgit Simon.

In gut verdienenden Familien sei es nichts außergewöhnliches, die Dienste einer Betreuungsperson in Anspruch zu nehmen, damit beide Elternteile arbeiten können. Bezieherinnen von Arbeitslosengeld II (ALG II) hätten dazu aber nicht die finanziellen Möglichkeiten. Befragungen haben jedoch ergeben, dass etwa 30 Prozent der erwerbslosen Mütter den dringenden Wunsch nach Berufstätigkeit haben, auch wenn der Gesetzgeber sie bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes von der Erwerbsarbeit freistellt. Oft handele es sich um junge Frauen, die wegen der Schwangerschaft ihre Berufsausbildung hätten aufgeben müssen und die nun schnellstmöglich den beruflichen Anschluss finden wollten, sagt Charlotte Buri, Leiterin des Bereichs Arbeit und Vermittlung bei der MainArbeit. Das Streben nach finanzieller Unabhängigkeit oder besserer materieller Ausstattung seien ebenfalls wichtige Motivationen, ergänzt Bürgermeisterin Simon.

Vor gut einem Jahr begannen die Vorbereitungen für das Modellprojekt, das wegen seiner Einmaligkeit vom hessischen Sozialministerium gefördert wird. Die MainArbeit veranlasste die Qualifizierung von insgesamt 18 ALG-II-Bezieherinnen für die Tätigkeit als Kinderfrau. Zu der Fortbildung zählten Eignungstests sowie ein Praktikum in einer städtischen Kindertagesstätte. Für zwölf der 18 Frauen hat sich die Qualifizierung als Sprungbrett erwiesen. Vier der Frauen erhielten eine Festanstellung, sechs Frauen fanden eine Anstellung als Honorarkraft und eine Frau arbeitet selbstständig als Kinderfrau in einem privaten Haushalt.

Sechs Frauen sind nun als Kinderfrauen für Klientinnen der MainArbeit tätig, indem sie den Betreuungsbedarf außerhalb der Öffnungszeiten öffentlicher Kitas decken. Alle arbeiten für sieben Euro die Stunde. Der Verdienst wird auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Bei den Kinderfrauen handele es sich überwiegend um Frauen über 50, die auf dem Arbeitsmarkt kaum eine Chance hätten. Die Tätigkeit als Kinderfrau stärke ihr Selbstwertgefühl – auch wenn sie ihnen keine finanzielle Unabhängigkeit ermögliche, erklärt Christiana Klose vom Offenbacher Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik (INBAS). Im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung hat INBAS die Dringlichkeit des Problems nachgewiesen: Aktuell beziehen 387 Frauen ALG II, die alleinerziehend und jünger als 30 Jahre sind, und deren Kinder jünger als 15 sind. Das sind immerhin 6,7 Prozent der insgesamt 5786 Frauen im Hartz-IV-Bezug, von denen mehr als die Hälfte (3124) Kinder unter 15 Jahren haben.

Seit Juli sind die sechs Kinderfrauen der MainArbeit im Einsatz und seither konnten laut Charlotte Buri 26 Mütter in Jobs vermittelt werden oder es wurde ihnen ermöglicht, ihre Beschäftigung zeitlich auszuweiten. Sie alle seien im Dienstleistungsgewerbe tätig: Im Einzelhandel, in der Gastronomie, in der Pflege oder im Büro. 20 weitere warteten aktuell noch auf Vermittlung. „Wir sichern erst die Betreuung und starten dann die Vermittlung“, so Buri. Im Februar/März soll die Qualifizierung von weiteren 18 Kinderfrauen starten.

Deren Tätigkeit sieht mitunter so aus, dass sie frühmorgens um 5 Uhr in die Wohnung der Mutter kommen, wenn diese aus dem Haus muss, um das Kind in gewohnter Umgebung zu betreuen, zu versorgen und in die Kita zu bringen. Oder die Kinderfrau hole das Kind von der Kita ab, bringe es nach Hause und versorge es dort bis die Mutter von der Arbeit kommt. Immer seltener könne der Betreuungsbedarf in diesen Randzeiten durch Verwandte, Nachbarn oder Freunde gedeckt werden, den die seien meist selbst erwerbstätig.

Und auch Tagesmütter kämen dafür nicht in Frage, denn die müssten schon während der Kernzeiten ein hohes Maß an Flexibilität beweisen. Betreuten sie doch oft bis zu vier oder fünf Kinder, wobei die Bring- und Abholzeiten variierten. Mit der Tätigkeit als Tagesmutter sei es kaum vereinbar, in den frühen Morgenstunden oder späten Abendstunden zusätzlich noch Betreuung außer Haus zu leisten.

Mit 100.000 Euro hat das Land Hessen das Projekt unterstützt, wobei ein Teil des Geldes aus dem Europäischen Sozialfonds stammt.
Ein Teil der Fördermittel kommt einer neuen Kinderbetreuungseinrichtung zu Gute, die im Januar 2009 eröffnen soll. Die gemeinnützige Starthaus GmbH, selbst Anbieter von Qualifizierungs- und Integrationskursen, wird Träger einer neuen Kita mit dem Namen „Potzblitz“ für Kinder im Alter von 0 bis 12 Jahren in der Domstraße 74. Von den 38 Plätzen hat die MainArbeit 22 Belegplätze gebucht, die sie kurzfristig an ihre Klientinnen vermitteln kann. In Verbindung mit dem Kinderfrauen-Modell ist so eine umfassende Betreuung gewährleistet, die ALG-II-Bezieherinnen die Annahme einer Stelle mit außergewöhnlichen Arbeitszeiten ermöglicht. Charlotte Buri schätzt die Katalysatorwirkung einer geregelten Kinderbetreuung sehr hoch ein. Die jüngsten Erfahrungen hätten gezeigt, dass die Vermittlung in Arbeit dann sehr schnell gelinge.

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