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Stadt Offenbach

Stadt Offenbach weist Kritik des ehemaligen Stadtschülersprechers entschieden zurück / Antisemitismus-Vorwürfe kommen auf die Tagesordnung

03.11.2014 – Die jüngsten Schilderungen des ehemaligen Stadtschülersprechers Max Bonifer über antisemitische Anfeindungen gegen seine Person nehmen die Verantwortlichen der Stadt Offenbach sehr ernst. Mit Unverständnis reagiert Sozialdezernent Dr. Felix Schwenke jedoch auf pauschale Vorwürfe des 18-Jährigen gegenüber der Integrationspolitik und den muslimischen Mitbürgern in der Stadt. „Wir haben in Offenbach nicht mehr oder weniger gesellschaftliche Konflikte als anderswo in Deutschland“, betonte Schwenke am Donnerstag nach einem persönlichen Gespräch mit dem jungen Mann.

Ins Rathaus eingeladen hatten ihn am vergangenen Donnerstagnachmittag Bürgermeister Peter Schneider in seiner Funktion als Schuldezernent sowie Schwenke, nachdem Bonifer bislang nicht von sich aus auf die Stadt zugegangen war. Beide hauptamtlichen Dezernenten betonten im Anschluss, dass die von Bonifer geschilderten Anfeindungen in den nächsten Sitzungen des Islamischen Runden Tisches sowie des Kompetenzteams Integration auf die Tagesordnung gesetzt würden. „Wir nehmen die Angelegenheit sehr ernst“, erklärten beide. „Niemand darf mit dem Tod bedroht werden. Das ist kein Klima, das wir akzeptieren.“ Gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte dürfe es für Antisemitismus, wie auch für andere extremistische Ideologien, keine Chance geben. „Umgekehrt ist die unbelegte These schlichtweg falsch, die Mehrheit der Muslime in unserer Stadt sei nicht integrationswillig. Solche einseitigen Aussagen belasten unnötig das Zusammenleben der Menschen in der Stadt.“

Schwenke betonte, dass das Miteinander der Bürgerinnen und Bürger unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher Nationalität stets ein zentrales Thema der Offenbacher Politik ist, „und wenn konkrete Vorfälle bekannt werden, widmen wir uns diesen mit allem nötigen Nachdruck“. Vor diesem Hintergrund bedauerte Schwenke, dass sich Bonifer, der bis zu seinem Schulwechsel nach Mühlheim am Main im vergangenen Sommer die Funktion des Offenbacher Stadtschülersprechers ausübte, in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt an ihn oder andere Ansprechpartner gewandt habe: „Er hat uns seine Probleme nie mitgeteilt, umso unverständlicher ist es, dass er dies bis zu unserem Gespräch nur über die Medien tat.“

In diesem Zusammenhang kritisierte Schwenke unmissverständlich die undifferenzierten Vorwürfe Bonifers, „die Stadt rede alles schön“ und „die Integrationspolitik sei gescheitert“. „Entgegen polarisierender Behauptungen funktioniert das Zusammenleben in Offenbach grundsätzlich sehr gut. Ich habe aber immer betont, dass es auch Probleme gibt, die ich sehr ernst nehme.“ Wie in anderen Städten auch gebe es gesellschaftliche Reibungen und Diskriminierung, etwa Anfeindungen gegen Juden, gegen Muslime und gegen Deutsche. Und diese nähmen tendenziell überall aufgrund der aktuellen weltpolitischen Lage zu: „Das führt auch in Offenbach zu Emotionen und Parteinahmen, diese dürfen jedoch nicht zu Diskriminierung bei uns führen, jeder muss sich frei bewegen können“, macht Schwenke die Haltung der Stadt unmissverständlich klar. Dieselbe Einschätzung nehme er sowohl bei dem für die Jugendarbeit zuständigen Bürgermeister wie auch bei Oberbürgermeister Horst Schneider und dem Vorsitzenden des Ausländerbeirats, Abdelkader Rafoud, wahr. „Es gibt niemanden hier in Offenbach, der etwas schönredet!“

Ganz im Gegenteil werde mit einer Vielzahl interkultureller Projekte dazu beigetragen, den Austausch zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in der Stadt zu fördern. Beispielsweise mit Veranstaltungen wie dem Kulturfest der Nationen oder dem Fest der Vereine am Mainufer sowie ganzjährig mit der Quartiersarbeit in den Stadtteilbüros. Dass seitens der Stadt Offenbach viel getan wird, bestätigt auch der stellvertretende Stadtschulsprecher der Stadt Offenbach Mohamed El Bannay, ebenfalls Schüler der Theodor-Heuss-Schule: „So besichtigen wir für den kulturellen Austausch in der elften Klasse eine Synagoge, eine Moschee und eine Kirche und diskutieren mit den Vertreter/innen der Glaubensrichtungen.“(…) “Und schon in vielen Kindergärten werden nicht nur christliche Feste zusammen gefeiert, sondern auch Feste und Feiertage anderer Glaubensrichtungen.“

Dass Bonifer aufgrund persönlicher und inakzeptabler Erfahrungen die Schlussfolgerung zieht, alleine die kommunale Integrationspolitik sei schuld daran, weist Schwenke vollumfänglich zurück: „Hier stellt sich doch die Frage, welche Maßstäbe man ansetzt, wenn gleichzeitig weder die Schulen, noch die Zivilgesellschaft mit ihren religiösen Gemeinschaften, die Bundespolitik oder Auswirkungen globaler Konfliktlinien hinterfragt werden.“ Anders als etwa in Neukölln gelinge es in Offenbach, mit allen Moscheegemeinden an einem Tisch zu diskutieren. Darüber hinaus wende die Stadt dieselben Instrumente an, die auch anderen Kommunen zur Verfügung stehen: ein intensiver interreligiöser Dialog, eine Lenkungsgruppe Prävention mit der Polizei sowie die direkte Einflussnahme auf junge Menschen mittels Lehrern, Schulsozialarbeitern, Jugendbeauftragten und vielen ehrenamtlichen Helfern im sozialen Bereich: „Von daher ist auch die Behauptung, wir gehen nicht an die Menschen heran, schlichtweg falsch.“

Auf aktuelle Entwicklungen werde in der Arbeit vor Ort sofort reagiert, „auch das haben wir in den vergangenen Tagen unter Beweis gestellt“. Von Verharmlosung oder Weglächeln könne daher keine Rede sein. „Denn auch das ist allen Beteiligten klar: Wir als Kommune werden niemals alle erreichen können, dazu benötigen wir die Unterstützung der Zivilgesellschaft, der Religionsgemeinschaften und der Landes- und Bundespolitik.“ Und für die unbelehrbaren Antisemiten, radikalen Islamisten und sonstige Rassisten bedürfe es der konsequenten Anwendung der Gesetze durch Polizei und Strafverfolgungsbehörden. Die klare Haltung dabei: „In Deutschland muss Deutsch unsere gemeinsame Sprache sein, die hier geltenden Regeln und Gesetze müssen eingehalten werden und so darf zum Beispiel niemand wegen seiner Herkunft, seiner Religion oder seines Geschlechts diskriminiert werden“, so Schwenke. „Unser Ärger über ungerechtfertigte pauschale Äußerungen soll aber keineswegs ablenken: Das was Bonifer nach seiner Aussage widerfahren ist, ist absolut inakzeptabel“, so Schneider und Schwenke abschließend.

Dem schließt sich auch die Jüdische Gemeinde Offenbach uneingeschränkt an: "Integrationspolitik ist nicht nur alleine Aufgabe der Politik, sondern auch der Schulen und Gemeinden (Religionsgemeinschaften)", so Henryk Fridman vom Vorstand der Gemeinde. "Es darf nicht sein das ein Bürger dieser oder einer anderen Stadt aufgrund seiner erkennbaren Religionszugehörigkeit beleidigt und bedroht wird." Der Fall Bonifer zeige aber, so Fridman weiter, dass die Anstrengungen in allen Bereichen des Lebens nicht nachlassen dürfen und alles dafür zu tun sei, Ausgrenzungen und Anfeindungen in unserer Gesellschaft keinen Platz zu bieten.

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