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Stadt Offenbach

Verleihung der Bürgermedaille in Silber an Barbara Leissing und das Ehepaar Wagner

18.12.2014

Der Oberbürgermeister der Stadt Offenbach am Main, Horst Schneider, hat am frühen Mittwochabend drei Offenbacher Persönlichkeiten im Stadtverordnetensitzungssaal die Bürgermedaille in Silber überreicht. Geehrt wurden als Zeichen der Anerkennung Barbara Leissing sowie das Ehepaar Ingrid und Dr. Hartmut Wagner für ihre besonderen Leistungen zum Wohle der Stadt und ihrer Bürger.

„Bürgerschaftliches Engagement macht die Gesellschaft menschlicher und leistungsfähiger“, betonte Oberbürgermeister Schneider in seiner Rede, „und die heute Geehrten zeigten und zeigen durch ihr Aktivitäten, dass sich unsere Offenbacher Gesellschaft nach wie vor durch Mitmenschlichkeit und Gemeinsinn auszeichnet.“

Ehrung für Barbara Leissing:

Barbara Leissing wurde 1960 in Münster, Westfalen geboren. Als sie elf Jahre alt war, zog ihre Familie nach Offenbach. Nach Abschluss der Mittleren Reife strebte sie zuerst eine Karriere als Modedesignerin und Schneiderin an, stellte aber schnell fest, dass dieser Beruf für sie keine Zukunft hat. Sie begann daraufhin eine Ausbildung zum Portefeuiller bei der Firma Mosbach und Gruber in Offenbach. Auf dem zweiten Bildungsweg absolvierte sie den Fachhochschulabschluss an der Käthe-Kollwitz-Schule und begann das Studium der Sozialarbeit. Während ihrer Zeit an der Käthe-Kollwitz-Schule übernahm sie das Amt der Schulsprecherin und begann sich für andere einzusetzen.

Seit 1985 engagiert sich Leissing bei der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). Die 1946 von Überlebenden der faschistischen Haftstätten und Konzentrationslager und Frauen und Männern aus dem antifaschistischen Widerstand gegründete Organisation diente der Vertretung der sozialen und politischen Interessen des „anderen Deutschlands“. Ihre Forderung lautete: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“

1966 gründete Leissing mit Gleichgesinnten die Offenbacher Geschichtswerkstatt. Unter ihrer Leitung entstand ein Arbeitskreis, der sich mit außerordentlicher Intensität der Aufgabe widmete, die Verbrechen der Nationalsozialisten in Offenbach nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und den Opfern dieser Zeit ein ehrenvolles Gedenken zu bewahren. Einige Verdienste sind zum Beispiel die Verlegung der Stolpersteine. Ein weiteres Projekt der Geschichtswerkstatt war die Errichtung eines Gedenksteins am Rebentisch-Zentrum für die Offenbacher, die sich einer Zwangssterilisation unterwerfen mussten oder als Behinderte in Hadamar in der Gaskammer starben. Die Geschichtswerkstatt organisierte Studienreisen zu verschiedenen Konzentrationslagern und Gedenkstätten.

Die 2009 entstandene Arbeitsgruppe Offenbach Archival Depot erarbeitete mit detektivischem Spürsinn und einem Gefühl für historische Zusammenhänge eine umfassende Dokumentation zum Offenbacher Depot (OAD), die in Buchform am 11. März 2012 im Stadtarchiv vorgestellt wurde. Das Buch thematisiert ein Stück Offenbacher Stadtgeschichte, das bislang wenig Beachtung gefunden hat: die Rückgabe von geraubtem Kulturgut nach dem zweiten Weltkrieg durch die amerikanische Militärregierung. „Hinter all diesen Aktivitäten der Offenbacher Geschichtswerkstatt steht mit bewundernswerter Geduld, mit Anregungen und Motivation Barbara Leissing, die sich nie in den Mittelpunkt stellt, sondern sich als Moderatorin unter Gleichgesinnten versteht.“ Mit diesen Worten empfahlen Walter Buckpesch und Manfred Wirsing Barbara Leissing für die Auszeichnung.

Darüber hinaus engagiert sich Leissing im Bündnis Bunt statt Braun und ist Gründungsmitglied des Heinrich Heine Clubs in Offenbach. „Sie halten das, was Sie freiwillig leisten, für selbstverständlich, drängen nicht nach Aufmerksamkeit, aber es ist gut, dass die Aufmerksamkeit heute auf sie fällt“, sagte Schneider abschließend.

Ehrung für das Ehepaar Ingrid und Dr. Hartmut Wagner:

In außergewöhnlicher Weise um das Leben und die Gesundheit der Einwohner Offenbachs verdient gemacht, hat sich das Ehepaar Wagner. Ingrid und Dr. Hartmut Wagner sind unermüdliche, ehrenamtliche Streiter gegen den Fluglärm über Offenbach und der ganzen Region. Seit 1983 sind sie mit spontanen Aktionen gegen den Fluglärm aktiv und haben dem Widerstand gegen den Lärm einen Namen gegeben. „Beide kämpfen gegen das, was uns allen immer wieder den Schlaf raubt, den Fluglärm“, würdigte Schneider das Ehepaar.

Ingrid Wagner ist Mitglied der ersten Stunde und Vorsitzende der 1990 gegründeten Offenbacher Bürgerinitiative Luftverkehr (BIL). „Sie sind eine quirlige und kommunikative Mitstreiterin, in den Bürgerinitiativen rund um den Flughafen aktiv und immer dort anzutreffen, wo gegen den Airport-Ausbau und den Fluglärm demonstriert wird“, so Schneider. Ingrid Wagner organisiert die Montagsdemos im Flughafenterminal und einer der Höhepunkte ihrer Arbeit war wohl in diesem Jahr die 100. Demonstration mit prominenter Begleitung.

Hartmut Wagner gründete im Jahr 2000 den Klageverein Institut zur Abwehr von Gesundheitsgefahren durch Lärm (IAGL), da er davon ausging, dass Verhandlungen durch die Politik allein nicht ausreichen würden. Hartmut Wagner bereiste betroffene Gemeinden und Initiativen in der Region, bot seine Hilfe an und suchte Verbündete. 2011 erwirkten dann zwei Offenbacher mit Unterstützung der IAGL das vorläufige Nachtflugverbot von 23 bis 5 Uhr. Bis heute arbeitet er im Vorstand des Instituts. Weiterhin war er der Sprecher des Bündnisses der rund 80 BIs in der Region.
Gemeinsam hat das Ehepaar Wagner viele Abende und Wochenende für den Kampf gegen den Fluglärm geopfert. Ziel ihres Engagements ist es unter anderem ein echtes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr. Hinzu kommen Forderungen, die zum großen Teil zum Umweltschutz aufrufen. Forderungen, die oftmals vor Gericht erstritten werden müssen. Hartmut Wagner vertieft sich als Rechtsanwalt in juristische Urteilsbegründungen und stattet die „Kämpfer“ gegen den Fluglärm mit Argumenten aus.

Weiterhin ist das Ehepaar im Vorstand des BUND in Offenbach tätig und arbeitet auch beim BUND Hessen mit. Es ist Mitglied in der Umweltkommission und in der BI Rumpenheim, Hartmut Wagner als Mitglied, Ingrid Wagner im Vorstand. „Beide sind echte Offenbacher, fest verwurzelt und wollen hier auch nicht weg“, lobte Schneider.
Für Ingrid Wagner war es immer schon selbstverständlich, sich zu engagieren. Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft zeichnen sie aus. Als Jugendliche war sie in der Jugendarbeit der Luthergemeinde aktiv, später Elternbeirat im Kindergarten und Schulelternbeirat. Zusammen mit Rolf Scherer gründete sie den Runden Tisch Ost und arbeitete im Präventionsrat mit. Sie war im Vorstand der Rumpenheimer Schlosskirchengemeinde und ist die Koordinatorin des Wellcome-Projektes der Evangelischen Familienbildungsstätte. Auch dort ist sie in mehreren Gremien aktiv. Besonders das Wellcome-Projekt ist ihr eine besondere Herzensangelegenheit. Nachdem die anfängliche Unterstützung durch das Hessische Sozialministerium ausgeblieben ist, geht sie von Tür zu Tür, um Gelder zu sammeln, damit das Projekt weitergeführt werden kann. „Ich bin mir sicher, nicht all Ihre Ehrenämter erwähnt zu haben“, so Schneider, „Sie machen einfach zu viel. Mein Respekt dafür!“

Bildinformation:
(v.l.n.r.) Dr. Hartmut Wagner, Ingrid Wagner, Barbara Leissing und Oberbürgermeister Horst Schneider. Foto: Stadt Offenbach

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