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Stadt Offenbach

Jugendkonvent der Städtepartner im Oktober: Interview mit Offenbacher Jugendlichen

31.08.2017

Offenbach am Main, 31. August 2017 – Gemeinsam mit den Partnerstädten Esch-sur-Alzette, Puteaux, Mödling und Velletri hat die Stadt Offenbach einen Jugendkonvent des Partnerschaftsrings ins Leben gerufen. Das erste offizielle Treffen des Konvents ist für Oktober 2017 in Puteaux geplant. Im Juli fand ein Vorbereitungstreffen in Mödling statt, an dem für Offenbach der zwanzigjährige Auszubildende in der Stadtverwaltung Florian Fritsch, der achtzehnjährige Landesschulbeirat Paulius Baronas und das zweiundzwanzigjährige ehemalige Mitglied des Stadtschülerrates Jason Sieshan Shahid teilnahmen. In diesem Interview erzählen sie von ihren Erfahrungen und erklären, was Europa für sie bedeutet.

Warum engagiert ihr euch politisch? 

Jason: Ich habe mich bereits als kleines Kind für Politik interessiert und als ich in der Schule mehr darüber lernte, begann ich mich politisch zu engagieren. Als ich 2014 aus dem Münsterland nach Offenbach zog, trat ich dem Stattschülerrat bei. Daran hat mir besonders gut gefallen, dass man dort durch Zusammenarbeit wirklich etwas verändern konnte. Wir haben zum Beispiel die Aktion „Hand in Hand“ organisiert: Auf einem großen Laken konnten Jugendliche Handabdrücke in verschiedensten Farben, Größen und Formen hinterlassen, welche symbolisch für unsere größte Stärke, nämlich unsere Vielfalt, standen. Der Erlös aus diesem Projekt wurde an die Kinder- und Jugendfarm Offenbach gespendet.

Paulius: Ich wurde von einer Freundin in den Stadtschülerrat eingeladen und bekleidete dort einen Posten als Landesschülerratsdelegierter, womit ich Offenbach auch auf Landesebene vertrat. Dort traf ich mich mit Politikern und befasste mich immer tiefer mit der Materie, auch wenn ich ursprünglich nur daran interessiert war, Schülerinteressen zu vertreten. Momentan bin ich Landesschulbeirat für Hessen und nehme an Sitzungen mit dem Kultusminister teil.

Florian: Ich war lange nicht so politisch engagiert wie die beiden. Zwar schnupperte ich immer wieder in verschiedene Jugendparteien hinein, doch keine konnte mein Interesse wecken. Wegen meiner Tätigkeit als Auszubildender in der Stadtverwaltung wurde mir angeboten an einem Treffen des Städtepartnerschaftsrings in Esch teilzunehmen, bei dem der Jugendkonvent besprochen wurde. Das machte mir viel Spaß und etwas später sprach ich Jason und Paulius an und holte sie für das nächste Treffen in Mödling mit dazu.

Was waren eure Erwartungen an das Treffen in Mödling? 

Paulius: Ich hatte keine wirklichen Erwartungen und wollte mir das ganze einfach nur mal angucken. Erst auf der Busreise wurde mir erzählt, dass das Treffen mit dem sehr alten Städtepartnerschaftsring zusammenhängt. Auf dem Treffen hat man schon das Gefühl bekommen, das Ganze sei etwas größer als man selbst.

Was waren die Themen beim Treffen? 

Florian: Es handelte sich hauptsächlich um ein Sondierungstreffen, um herauszufinden, wie viele der Jugendlichen nach dem Treffen in Esch noch am Projekt interessiert waren, um neue Ideen zu sammeln und sich besser kennenzulernen.

Paulius: Man muss bedenken, dass die Partnerschaften zwar sehr alt sind, das Projekt mit Jugendlichen aber noch brandneu.

Florian: Es musste erstmal sichergestellt werden, dass genug Leute engagiert sind, um Ideen gut umsetzen zu können.

Welche Aufgaben und Funktionen soll der Jugendkonvent haben?

Paulius: Ich denke im Jugendkonvent wird es ähnlich ablaufen wie im Amt des Landesschulbeirats, nur, dass es auf europapolitischer Ebene stattfindet: Man trifft sich mit Würdenträgern und bespricht, welche Ideen der Jugendlichen sich umsetzen lassen und wie.

Florian: Wie der stellvertretende Bürgermeister von Esch, Daniel Codello, sagte: „Europa befindet sich im Wandel und wer soll für die Jugendlichen besser das zukünftige Europa vorbereiten als die Jugendlichen selbst?“

Paulius: Was das Umsetzen von konkreten Projekten angeht, sehe ich mich weniger als ein Mensch, der komplett neue Ideen einbringt, sondern eher als jemanden, der an alten weiterarbeitet und sie verbessert.

Florian: Drei konkrete Schwerpunkte hatten wir uns bereits gesetzt: Die Reisemöglichkeiten für Jugendliche in Europa zu verbessern, möglicherweise durch eine Art Europaticket für Jugendliche, das Errichten von Jugendhäusern in kleineren und ärmeren Städten und Sprachangebote in diesen Jugendhäusern, damit wir unser Englisch verbessern und besser miteinander kommunizieren können.

Was bedeutet Europa für euch? 

Paulius: Für mich ist Europa sehr wichtig, da ich ursprünglich aus Litauen komme und ohne die Reisefreiheit in Europa möglicherweise überhaupt nicht hier sein würde.

Jason: Ich mag an Europa vor allem die Verbundenheit und Solidarität unter den Ländern. Vor allem für kleinere Staaten ist es ein großer Vorteil an so einer großen Union teilzunehmen. Auch als Friedensprojekt halte ich Europa für einen Wegweiser.

Florian: Auch die Abschaffung der Zölle schafft viele Vorteile, die es vorher nicht gab. Sowohl sozialer wie auch wirtschaftlicher Natur.

Was würdet ihr an Europa verändern? 

Jason: Mich stört vor allem an der Flüchtlingspolitik, dass das Leid der Menschen oft ausgebeutet und für Wahlkämpfe missbraucht wird. Andererseits gibt es auch Flüchtlinge, die sich unter falschem Vorwand nach Europa schleichen. Ich halte das für ein sehr heikles Thema.

Paulius: Mein größter Kritikpunkt ist die Steuergeldverschwendung im Europaparlament. Die Umweltverpestung und Kosten, die beim Pendeln zwischen Brüssel und Straßburg entstehen, halte ich für absolut unnötig.

Florian: Mich nervt vor allem, dass einzelne Länder sich wieder abschotten. Mit dem „Brexit“ möchte der erste Staat Europa ja bereits verlassen, auch wenn viele Länder, die auf die Union angewiesen sind, darunter leiden. Mit besseren Kompromissen und mehr Konsenspolitik ließe sich so etwas sicher verhindern.

Wie wollt ihr Europa hier nach Offenbach bringen? 

Jason: Es wäre sicherlich hilfreich, Offenbach ein wenig aus dem Schatten von Frankfurt rauszuholen, damit es nicht immer heißt: Wo liegt Offenbach? Ah, in der Nähe von Frankfurt. Ich glaube den Leuten in Mödling geht das ähnlich, da sie immer im Schatten von Wien stehen

Florian: Meiner Meinung nach muss Europa gar nicht mehr nach Offenbach gebracht werden, die ganze Welt ist ja schon hier. Man könnte aber noch eine engere Verbindung zu Europa erreichen, durch eine stärkere Kooperation zwischen Vereinen in den Partnerstädten oder Menschen, die dieselben Hobbies haben.

Paulius: Ich glaube, wenn man zusammen Spaß hat, ist das eine viel stärkere Verbindung, als wenn man bloß gemeinsam diskutiert und Vorlesungen besucht. Man sollte das von einer kulturellen und spaßigen Ebene her angehen, so wird uns Europa auch im Alltag näher gebracht. Ich glaube, viele Europapolitiker vernachlässigen das momentan.

Das Interview führte Christian D'Amico (Praktikant im Amt für Öffentlichkeitsarbeit)

Bildinformation:

Auf dem Foto (Stadt Offenbach) sind von links zu sehen: Jason Sieshan Shahid, Florian Fritsch und Paulius Baronas.

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