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Stadt Offenbach

Kitabesuch fördert die Integration und Fremdsein macht dick: Zwei Erkenntnisse aus der Schuleingangsuntersuchung 2017

31.08.2018

Offenbach am Main, 31. August 2018 – Eine Minute lang hüpfen, ein Bild malen, ein Geräusch verorten oder inmitten von Punkten ein Auto erkennen: Ab November des Vorjahres werden bei allen angehenden Grundschülern vom Stadtgesundheitsamt Schuleingangsuntersuchungen durchgeführt. Die Untersuchung der angehenden Grundschüler hat eine lange Tradition, um Beeinträchtigungen beim Lernen zu vermeiden und etwaige Entwicklungsauffälligkeiten oder auch Störungen rechtzeitig erkennen und behandeln zu können. Insgesamt 1369 wurden im vergangen Jahren von den Ärzten des Stadtgesundheitsamtes „auf Herz und Nieren“ geprüft, ausgewertet wurden Gewicht, Grobmotorik, Feinmotorik, Gehör und Sehschärfe. Außerdem wurden der Impfstatus sowie die sprachliche Entwicklung geprüft.

Kitabesuch wirkt sich positiv auf Spracherwerb aus

Während in manchen Gemeinden Grundschulen mangels Masse schließen müssen, wird es in den Offenbacher Grundschulen langsam eng. Die Stadt wächst und damit auch die Zahl der Kinder, die im vergangenen Jahr von den Ärzten des Stadtgesundheitsamtes untersucht worden. Durchschnittlich 1280 ABC-Schüler waren es in den letzten Jahren, 1369 die 2017 eingeschult wurden, davon 733 Jungen und 636 Mädchen. 1016 Kinder hatten keinen Migrationshintergrund, die meisten Kinder hatten die Kita durchschnittlich eineinhalb bis drei Jahre besucht. Dies wirkt sich insbesondere bei Kindern mit Migrationshintergrund insgesamt positiv auf den Spracherwerb aus, denn hier, so Dr. Barbara Schneider vom Sachgebiet Kinder- und Jugendmedizin beim Stadtgesundheitsamt , führte die zunehmende Kitabesuchsdauer zu einer deutlichen Verbesserung der Deutschkenntnisse. Bei mehr als dreijährigem Kitabesuch sprechen über vierzig Prozent der Kinder fehlerfrei. Allerdings hat der Anteil der insgesamt fehlerfrei deutsch sprechenden Kinder weiter abgenommen, nur 28,4 Prozent waren dies 2017. Zum Vergleich: 2015 lag dieser Wert noch bei über vierzig Prozent. „Dabei“, so Dr. Schneider, „haben gute Deutschkenntnisse der Mutter zwar Einfluss auf die Deutschkenntnisse des Nachwuchses insgesamt, allerdings sprechen nur 55 Prozent der untersuchten Kinder der zweiten Einwanderergeneration tatsächlich ebenfalls fehlerfrei.“ Eine Ursache sieht sie unter anderem in der enormen Sprachmischung in den Kitagruppen, die von den Erziehern trotz der ambitionierten Sprachförderungsprogramme der Stadt kaum durchbrochen werden könne: „Um das Niveau der Sprachförderung zu heben, bedarf es einem deutlichen Plus an Personal.“

Wenig Bewegung, viel Gewicht

75,53 Prozent der untersuchten Kinder bringen ein Normalgewicht auf die Waage. 7,52 Prozent sind untergewichtig beziehungsweise stark untergewichtig (3,58 Prozent). „Das bedeutet nicht zwingenderweise, dass die Kinder zu wenig zu essen bekommen“, erklärt Schneider. „Manche sind einfach beschäftigt, essen ist ihnen lästig und kostet kostbare Spielzeit.“ Dem gegenüber unverändert der Anteil der übergewichtigen (6,28 Prozent) beziehungsweise adipösen Kinder (5,99 Prozent). Die Differenzierung zwischen Kindern mit beziehungsweise ohne Migrationshintergrund nivelliert sich laut Dr. Schneider zunehmend.

Untersucht nach den grobmotorischen Fähigkeiten, eben zehn Sekunden seitwärts Hüpfen, Seiltänzergang, Einbeinhüpfen oder ähnlichem, schneiden Jungs deutlich schlechter ab als Mädchen: 9,2 Prozent betrug die Differenz bei den Auffälligkeiten zwischen den Geschlechtern (Jungs 18,2 Prozent, Mädchen 9 Prozent). Auch bei den feinmotorischen Fähigkeiten lassen die Mädchen die Jungs hinter sich, während 10,7 Prozent der Mädchen Auffälligkeiten zeigten, also keine ordentliche Linienführung oder Stifthaltung beherrschten, waren es bei den Jungs 31,4 Prozent. Bei Seh- und Hörtest gibt es keine geschlechtsspezifischen Unterschiede, auch ein etwaiger Migrationshintergrund spielte keine Rolle. Insgesamt ging die Zahl der Auffälligkeiten beim Hörtest auf 4,4 Prozent zurück, beim Sehtest gab es 11,8 Prozent Auffälligkeiten.

Vorsorgestatus ist herkunftsabhängig

Neugeborene Kinder werden in Deutschland engmaschig untersucht, dokumentiert wird dies in den U-Heften, die hier geborene Kinder bis zur U9 im 60. beziehungsweise 64. Lebensmonat begleiten. Die Bundesländer haben 2008 für die Vorsorgeuntersuchungen eine Meldepflicht eingeführt, auch in Offenbach sind Ärzte verpflichtet, versäumte Vorsorgen zu melden. Insgesamt 88 Prozent der Eltern legten den Ärzten des Stadtgesundheitsamtes im vergangenen Jahr ein U-Heft vor, allerdings besaßen nur 71 Prozent der Kinder einen kompletten Vorsorgestatus. Dies gilt vor allem für Migrantenkinder, die sich teilweise zum Zeitpunkt der verschiedenen Vorsorgeuntersuchungen nicht in Deutschland befanden.

Ähnlich sieht es auch bei der Abfrage des Impfstatus aus: Auch hier weisen Kinder ohne Migrationshintergrund einen deutliche besseren Impfstatus aus. Insgesamt besaßen 77 Prozent der untersuchten Kinder einen guten Schutz gegen Masern, Windpocken und andere Krankheiten. „Die Gründe für einen schlechten Impfstatus sind vielfältig“, erklärt Schneider, „neben der mangelnden Sorgfalt ist es häufig leider auch die aktive Verweigerung der Eltern, die nicht nur die Gesundheit ihres Kindes, sondern auch anderer riskieren.“

Fremdsein macht dick

Untersucht wurden auch die sogenannten Seiteneinsteiger, also Kinder, die zwischen 1999 und 2010 im europäischen Mittelmeerraum, in den GUS-Staaten und anderen Ländern das Licht der Welt erblickten und jetzt in Offenbach leben. Insgesamt 241 Kinder wurden 2017 untersucht, davon 125 Jungen und 116 Mädchen. Hier zeigten sich vor allem in Bezug auf das Gewicht signifikante Unterschiede zum letztjährigen Einschulungsjahrgang 2017: Während 75,5 Prozent Normalgewicht der Schulanfänger auf die Waage brachten, lag der Anteil bei den Seiteneinsteigern bei lediglich 63,3 Prozent. Mit 16,05 Prozent beziehungsweise 13,1 Prozent fällt der Anteil der Übergewichtigen beziehungsweise adipösen Kindern beider Geschlechter deutlich auf. Immerhin verfügen immerhin fast 19 Prozent über gute bis radebrechende Deutschkenntnisse. Der Impfstatus bei diesen Kindern ist entweder unvollständig oder gänzlich unbekannt.

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