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Stadt Offenbach

Stadt Offenbach am Main trauert um Ferdinand Walther

28.02.2019

Offenbach am Main, 28. Februar 2019 – Die Stadt Offenbach trauert um Ferdinand Walther. Der ehemalige Stadtverordnete und Kulturdezernent starb am 26. Februar im Alter von 82 Jahren. „Mit großer Traurigkeit haben wir die Nachricht vom Tod Ferdinand Walthers aufgenommen“, so Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke und Stadtverordnetenvorsteher Stephan Färber in einer gemeinsamen Erklärung. „Wir verlieren mit Ferdinand Walther eine hochbeachtete Persönlichkeit, die von 1964 bis 2016 mit einer unbändigen Leidenschaft für Offenbach das politische Leben unserer Stadt prägte.“ Überzeugt von einer Sache wusste er seine Ziele mit Beharrlichkeit und Mut, aber auch mit Humor und Geduld erfolgreich durchzusetzen und manchmal zum Leidwesen seiner Konkurrenten auch mit List und auf Umwegen. „Unsere Gedanken“, so Schwenke und Färber, „gelten heute den Angehörigen und Freunden des Verstorbenen. Ihnen sprechen wir im Namen der Stadt unsere tief empfundene Anteilnahme und unsere Zusicherung aus, dass wir sein Andenken in Ehre halten werden.“

Wie Schwenke ausführt, waren das Werkzeug des geschickten Taktikers das Wort und die prägnante Formulierung ebenso wie die Lust am Entwickeln von Ideen und am Durchsetzen von Lösungen, die er am liebsten im breiten Konsens auf den Weg brachte. „Als junger Stadtverordneter hat er mich sehr beeindruckt mit seiner unglaublich geschliffenen und variablen Sprache“, erinnert sich Oberbürgermeister Schwenke. „Ferdinand Walther war nicht nur sehr klug, er wusste sich auch stets klug auszudrücken.“

Insgesamt 49Jahre lang wirkte Walther in der Stadtverordnetenversammlung und dem Magistrat. Die Liste seiner Aktivposten als hauptamtlicher Kultur- und Sportdezernent (1980-1986) ist lang: die Gründung der Jugendkunstschule, die Idee einer Kulturmeile, die Einrichtung von elf Ausländerzentren, die Artothek, der Schriftsteller im Bücherturm, der Ausbau von Stadtarchiv und -museum, die Gründung von freien Theater- und Kreativ-Gruppen, die Bereitstellung von günstigen Räumen für kulturelle Initiativen und Bands, die Förderung neuer Sportarten oder der Behindertensport um nur wenige Beispiele zu nennen.

Ferdinand Walther hat in seiner Amtszeit der Offenbacher Kultur Gesicht, Profil und Struktur gegeben. „Ferdi“ nannten ihn viele Menschen in Offenbach und auch seine Kolleginnen und Kollegen im Rathaus über die Parteigrenzen hinweg. Dieser Name war sein Markenzeichen, zugleich aber auch ein Ausdruck von Achtung für seine Leistung und Zeugnis für seine Beliebtheit. Seine kulturpolitischen Initiativen erleichterten den in den siebziger Jahren beginnenden Strukturwandel Offenbachs von einer Arbeiterstadt hin zu einem urbanen Gemeinwesen, das von heterogenen Milieus und vielen Kulturen geprägt wird. Geschickt verknüpfte er die Fäden zwischen der Tradition der Arbeiterbewegung, deren Historie er in verschiedenen Projekten nachspürte, mit dem für Offenbach neuen kulturellen Selbstbewusstsein des Bürgertums. Er eröffnete so der Stadt neue kulturelle Horizonte, auch mit seinem Weg der Anerkennung der kulturellen Leistungen der Migranten, ihrer Geschichte und Identität als Grundvoraussetzung für Integration. „Diesen Zusammenhang hat Ferdinand Walther früher als viele andere verstanden“, sagt Schwenke. 

Früh erkannte Walther die Bedeutung der Kreativwirtschaft für die Stadt, förderte die Künstlerszene bei der Existenzgründung durch Vermittlung von Ateliers und Agenturräumen, suchte erstmals engere Kooperation von Stadt und Hochschule für Gestaltung. In seine Zeit fiel der Wiederaufbau des Büsingpalais, damals mit einem eigenen Kulturprogramm. Insgesamt fand ein starker Ausbau des Kulturlebens statt – auch ablesbar am städtischen Budget. Walther entwickelte eine aktive, zielgerichtete Integrationspolitik in der Offenbach, als dies sonst noch kaum Thema war. Mit städtischer Hilfe entstanden Zentren für die Kultur- und Sportvereine der Migranten, damit diese aus der gesellschaftlichen Anonymität heraustreten, Hausaufgabenhilfe und Beratung anbieten konnten. Am Ende seiner Amtszeit ermittelte die Offenbach-Post in zwei Umfragen für ihn die höchsten Beliebtheitswerte aller Kommunalpolitiker.

Mit Ferdinand Walther verliert Offenbach auch eine starke Stimme in der Region. Lange Jahre vertrat er die Interessen der Stadt im Landeswohlfahrtsverband und im Umlandverband. Ohne ihn, so berichten Zeitzeugen, wäre die S-Bahn an der Offenbacher Innenstadt vorbeigefahren. Als Bund, Land und Bahn bereits die Weichen Richtung Hauptbahnhof gestellt hatten, überzeugte der Liberale zunächst seine Fraktion von der Alternative, dann seinen damaligen Koalitionspartner CDU, die oppositionelle SPD und mit allen gemeinsam die Verkehrsminister von Bund und Land. „Hoffen wider alle Hoffnung“ bezeichnete der gläubige Katholik Walther, der aus einer Offenbacher Arbeiterfamilie stammt, einmal als seine wichtigste  Eigenschaft.   

Oberbürgermeister Schwenke: „Ich durfte im Magistrat mit Ferdinand Walther einige Jahre bis zu seinem Ausscheiden als ehrenamtlicher Stadtrat im Jahr 2016 zusammenarbeiten. Mit ihm verliert Offenbach im positiven Sinne einen Typ, der wegen seiner gradlinigen Art, seinem Stehvermögen und seiner sprachlichen Brillanz einmal zum beliebtesten Politiker Offenbachs gewählt wurde. Offenbach verliert eine Persönlichkeit, der die Stadt viel zu verdanken hat.“ 

Ferdinand Walther gehörte der Stadtverordnetenversammlung seit 1964 an. Im Jahr 1980 wählte ihn das Parlament zum Stadtrat für Kultur. Nach seinem Ausscheiden war er mit einer kurzen Unterbrechung bis 2006 Mitglied der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Offenbach am Main. Als stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher war er von 1968 bis 1972 und noch einmal von 2001 bis 2011 Teil des Präsidiums.

Während seiner Zeit als Stadtverordneter gehörte er zahlreichen Ausschüssen der Stadtverordnetenversammlung, Kommissionen und anderen Gremien an. Unter anderem engagierte er sich im „Umgründungsausschuss Stadtwerke“, dessen Vorsitzender er von 1972 bis 1977 war. Dem Magistrat gehörte Walther hauptamtlich als Kulturdezernent von 1980 bis 1986 an, von 2006 bis 2016 war er ehrenamtlicher Stadtrat.

Außerdem war er, um nur zwei herausragende Funktionen in der Region zu nennen, von
1977 bis 1981 und von 1992 bis 2011 Vertreter der Stadt Offenbach im Landeswohlfahrtsverband, ab 2006 als ehrenamtlicher Beigeordneter.

 

Mitgliedschaft in Kommissionen und anderen Gremien:

Personal- und Organisationskommission: 1977-03/1980

Theater- und Kulturkommission: 1977-03/1980, 1997-2001, 2006-2011

Sportkommission: 1977-03/1980, 1989-1993, 1993-1997, 1997-2001

Kommission für Umweltschutz: 1977-03/1980

Jugendwohlfahrtsausschuss: 1977-03/1980

Kreiskuratorium für Erwachsenenbildung: 1977-03/1980

Regionale Planungsversammlung beim RPD: 1989-1993, 1993-1997

Verb. Vers. Zweckverband Müllbeseitigung OF: 1989-1993 (stellv. Mitglied)

Betriebskommission Städt. Friedhöfe: 1993-1997

Ehrungskommission: 1993-1997, 1997-2001, 2006-2011, 2011-2016

Aufsichtsrat GBO: 1993-1997

Regionalversammlung Südhessen: 2001-2006, 2006-2011, 2011-2016

Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main: 2006-2011

Mitglied Rat der Regionen: 2006-2011 (stellv. zweites Mitglied)

Kulturkommission: 2011-2016

Betriebskommission ESO: 2011-2016 (stellv. Mitglied)

Betriebskommission EKO: 2011-2016 (stellv. Mitglied)

Beigeordneter Landeswohlfahrtsverband: 12/2006-2011


 

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