Capitol & Stadthalle haben sich „fairpflichtet“
Krisen bergen auch Chancen: Mitten in der Corona-Pandemie nutzt das Team von Capitol und Stadthalle die unfreiwillige freie Zeit, um sich dem Thema Nachhaltigkeit zu widmen. Veranstaltungstechniker Julian Rothermel hat sich zum Nachhaltigkeitsberater in der Event-Branche ausbilden lassen und steckt nun voller Ideen, wie sich der Begriff mit Leben und Taten füllen lässt.
„Nachhaltigkeit ist mehr als ein Trend – sie verpflichtet uns im Hinblick auf den Klimawandel und auch im Interesse unserer Kunden und Gäste, für die das Thema eine immer wichtigere Rolle spielt“, sagt Birgit von Hellborn, Geschäftsführerin der beiden Häuser aus dem Geschäftsfeld Veranstaltungen der Stadtwerke-Gruppe. Daher hat sich das Team von Capitol und Stadthalle nun voller Tatendrang „fairpflichtet“ und eine Unterstützungserklärung für den gleichnamigen Nachhaltigkeitskodex der deutschsprachigen Veranstaltungsbranche abgegeben. „Das, was im Hinblick auf Klimaschutz und ökologisches Denken finanziell machbar ist, möchten wir auch umsetzen“, betont Birgit von Hellborn.
LED-Leuchten und Streaming-Lösungen
Bei der Technik hat die Umstellung längst begonnen: Nebenräume und Flure der Häuser werden mit LED-Leuchten illuminiert, aktuell erscheint auch der Kleine Kultursalon im Capitol mit LED im richtigen Licht. Rothermel möchte nun ausloten und gegenrechnen, wie sich die energiesparenden Lampen auch für große Veranstaltungen nutzen lassen: „Hier können wir manche Anschaffung hoffentlich schneller tätigen als erwartet.“ Im Kulturdenkmal Capitol gelte es dabei die baulichen Grenzen zu beachten. Für Tagungen und Konferenzen plant Rothermel, mehr Streaming-Lösungen anzubieten: So können die Veranstalter auch Teilnehmer*innen von auswärts zuschalten und damit Dienstreisen vermeiden, was sich wiederum für die Unternehmen rechnet.
Schon diese Beispiele zeigen, dass Nachhaltigkeit auch in der Veranstaltungsbranche auf drei Ebenen basiert: ökologisch, ökonomisch und sozial. „Der Kultursalon ist für uns nicht profitabel, aber sozial nachhaltig, da er Künstlerinnen und Künstlern in dieser für sie besonders schwierigen Coronazeit Auftritte und damit Einnahmen ermöglicht“, verdeutlicht Birgit von Hellborn. So greifen die drei Aspekte ineinander, wobei der Fokus in Capitol und Stadthalle auf der ökologischen Nachhaltigkeit liegt. Rothermel kann sich beispielsweise vorstellen, pro verkauftem Ticket einen Baum zu pflanzen: „In dem Wiederaufforstungsprojekt kostet jeder Baum einen Euro.“ Apropos Ticket: Das gilt meist auch als RMV-Fahrschein, und diese Möglichkeit der umweltfreundlichen wie kostenfreien Anreise soll mehr beworben werden.
Neue Anforderungen an das Catering
Zudem wird der Berater das Catering künftig genauer unter die Lupe nehmen: Gibt es regionale Zulieferer? Bemühen sich die Anbieter darum, Müll zu vermeiden, oder handeln sie gar selbst nach einem Nachhaltigkeits-Kodex? Werden Essensreste zum Mitnehmen verteilt? Das hauseigene Catering im Capitol geht mit gutem Beispiel voran und funktioniert bereits seit 2010 weitestgehend plastikfrei. Wenn bei Veranstaltungen kein Glas zulässig ist, gibt es mit Pfand belegte Kunststoffbecher, deren Material aus Pflanzenstärke gewonnen wird. In der größeren Stadthalle wiederum ist Glas grundsätzlich aus Sicherheitsgründen verboten, aber es gibt ebenfalls ein Pfand auf die Becher. Hinzu kommt die Hilfsorganisation „Viva con agua“, die nach manchen Auftritten die Becher für einen guten Zweck – den weltweiten Zugang zu sauberem Trinkwasser – einsammelt. Solche und ähnliche Kooperationen möchte Rothermel weiter ausbauen.
Der junge Mann ist nach seiner Ausbildung bei den Stadtwerken seit drei Jahren als Veranstaltungstechniker in Capitol und Stadthalle tätig. Das Thema Nachhaltigkeit findet er auch privat sehr wichtig: Daher möchte er die social-media-Kanäle der Häuser nutzen, um allgemeine Tipps für nachhaltiges Leben zu geben. Bei seinen Ideen und Vorschlägen orientiert sich Julian Rothermel an einem „Leitfaden für die nachhaltige Organisation von Veranstaltungen“ des deutschen Umweltamts. „Wenn wir unsere Umstellung gut nachweisen und dokumentieren, können wir uns in drei bis vier Jahren offiziell nach dem deutschen Nachhaltigkeitskodex zertifizieren lassen“, hofft er. So bekommt die Fairpflichtung eine klare Perspektive.