140 Jahre Nahverkehr in Offenbach
1884 fuhr die erste elektrische Straßenbahn durch Offenbach. 140 Jahre später hat sich der Nahverkehr weiterentwickelt und statt elektrischen Straßenbahnen rollen E-Busse durch die Stadt. Die Rolle des ÖPNV bleibt jedoch zentral: Ohne Busse und Bahnen würde es im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet zum Verkehrskollaps kommen und auch zur Erfüllung des Luftreinhalteplans für Offenbach leistet der ÖPNV einen wichtigen Beitrag. Im Jahr 2023 haben über 12,4 Millionen Fahrgäste die Offenbacher Stadtbusse genutzt.
Offenbachs erste Straßenbahn
1884 wurde die erste Straßenbahnlinie zwischen dem Offenbacher Mathildenplatz und dem Deutschherrn-Quai in Frankfurt in Betrieb genommen. Dafür wurde eigens die Frankfurt-Offenbacher Trambahn-Gesellschaft gegründet – der Vorläufer der Mobilitätsunternehmen der Stadtwerke Offenbach.
Frankfurt und Offenbach waren die ersten Städte in Deutschland, die eine elektrische Straßenbahn in Betrieb genommen haben. Für die Bevölkerung der beiden Städte waren die ersten Straßenbahnfahrten ein Spektakel, auch wenn die Fahrten nicht immer reibungslos verliefen: Gleich am ersten Betriebstag riss die Oberleitung und musste geflickt werden. Die kleinen Wagen sprangen ab und an aus den Schienen und Fahrgäste musste anpacken und sie wieder auf die Schiene setzen. Der Schlitten des Stromabnehmers sprang regelmäßig aus der Führung – dann musste der Fahrer auf das Dach des Wagens klettern und den Schlitten richten.
Die Fahrten mit der Straßenbahn waren nicht sehr komfortabel und die Fahrgäste wurden ordentlich durchgeschüttelt. Daher bekam die Bahn schnell ihren Spitznamen „Knochenmiehl“. Die „Knochenmiehl“ war 22 Jahre lang im Einsatz.
Neue Offenbacher Straßenbahn
Die Stadt Offenbach kauft die in Offenbach gelegene Infrastruktur der Frankfurt-Offenbacher Trambahngesellschaft. Die Gleise wurden von ihrer ursprünglichen Spurweite von einem Meter auf eine Spurweite von 1435 Millimetern erweitert. Die neue Offenbacher Straßenbahn führte ab 1906 von der Landesgrenze über die Frankfurter Straße, den Marktplatz, die Bieberer Straße, die Hebestraße und die Friedhofsstraße und dann wieder zurück. Auf den Offenbacher Straßenbahngleisen waren ab dem Winter 1907 zwölf Triebwagen der Firma Siemens-Schuckert-Werke mit zwei Motoren und 33 PS unterwegs.
Ab Sommer 1907 wurde auch der neue Stadtteil Bürgel an das Straßenbahnnetz angeschlossen und nach und nach wurden neue Straßenbahnlinien gebaut und weitere Triebwagen angeschafft.
Wer von Offenbach nach Frankfurt oder von Frankfurt nach Offenbach wollte, musste bis 1910 an der Stadtgrenze, die damals auch die Landesgrenze zwischen Preußen und dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt war, aussteigen und die Grenze zu Fuß überqueren.
Großkraftwagenlinie Offenbach - Bieber: Offenbachs erste Buslinie
Die Gemeinde Bieber wird 1926 mit der Großkraftwagenlinie Offenbach am Main – Bieber an die Innenstadt angebunden: Die erste Buslinie verläuft vom Mathildenplatz bis zur S-Kurve in Bieber. Neun Zweiachser und drei Dreiachser waren im Einsatz.
1927 folgte eine zweite Omnibuslinie von der Landesgrenze zur Waldstraße. Nach und nach wurde der Stadtbusverkehr ausgebaut.
Ab 1930 wurden die bisher mit Benzin betriebenen Busse nach und nach auf Dieselmotoren umgestellt. Das erbrachte eine Reduzierung der Treibstoffkosten um 80 Prozent.
Nahverkehr in den Kriegs- und Nachkriegsjahren
Während des zweiten Weltkriegs gewann der ÖPNV in Offenbach an Bedeutung, denn der private Autoverkehr wurde stillgelegt und es gab Einschränkungen im Eisenbahnfahrplan. 1940 wurde auch der Busbetrieb eingestellt, weil Benzin, Diesel, Öl und Reifen knapp wurden. Auch für den Gütertransport wurden die Straßenbahnen relevant: An Markttagen fuhren Gemüsezüge von der Frankfurter Großmarkthalle zum Markt auf dem Offenbacher Wilhelmsplatz, ab 1944 brachte ein Brotwagen Brot von einer Fabrik in Offenbach nach Frankfurt. Bei Luftangriffen wurde 1944 das Schienennetz zerstört.
Unmittelbar nach Kriegsende wurden die Schäden behoben und im Juni 1944 konnte die erste Straßenbahn den Betrieb wieder aufnehmen. Außerdem wurden zwei zusätzliche Buslinien in Offenbach eingeführt – eine verband den Vorort Bieber mit der Innenstadt, eine führte über die Mühlheimer Straße und band Waldheim und den Bezirk Rohrmühle an.
Mitarbeiter der städtischen Verkehrsbetriebe reparierten nach und nach die beschädigten Triebwagen der Straßenbahn und Omnibusse, die einst von der Wehrmacht beschlagnahmt worden und nun zurückgegeben worden waren. So konnten sukzessive weitere Straßenbahn- und Buslinien in Betrieb genommen werden. 1947 betrug die Leistung des Busbetriebs 60.000 Kilometer im Jahr, bis 1948 steigerte sie sich auf 210.000 Kilometer pro Jahr.
Das bombenbeschädigte Dach der 1906 errichteten Wagenhalle auf dem Betriebshof der Verkehrsbetriebe stürzte bei einem Sturm im Mai 1948 ein, konnte bis zum Winter aber geflickt werden.
Oberleitungsbusse - modern, leise und sauber
Am 16. Juli 1951 wurde die erste Obus-Linie (Oberleitungsbus-Linie) in Offenbach eröffnet. Die elektrisch angetriebenen Obusse benötigten zwar Oberleitungen, aber der aufwendige Bau von Gleisen sowie deren Instandhaltung entfielen. Obusse waren modern, konnten Hindernissen im Stadtverkehr ausweichen, waren leise und stießen keine Abgase aus. Die erste Linie verlief zwischen der Hessenstraße in Bürgel und dem Goethering. Nach und nach wurden weitere Linien in anderen Stadtteile aufgebaut. Bis 1959 wurde die Flotte kontinuierlich durch weitere Fahrzeuge und Anhänger erweitert. Mit dem Ausbau der Obus-Linien wurden die Straßenbahnlinien nach und nach eingestellt, ab 1963 fuhr nur noch die Linie 16 zwischen Frankfurt und Offenbach.
Dieselbusse setzen sich durch
Nach und nach sind alle Linien auf Dieselbusse umgestellt worden. Ende September 1972 endet der Obus-Betrieb in Offenbach: Verkehrsflüsse wurden umgelenkt, Straßen erweitert und neu gebaut. Das hätte hohe Investitionen in die Oberleitungen bedeutet. Außerdem sprangen die Stromabnehmer häufig aus der Oberleitung und die Busse bleiben dadurch liegen. Daher haben die Verantwortlichen sich für die Umstellung auf Dieselbusse entschieden.
Zitat aus dem Archiv „100 Jahre Nahverkehr in Offenbach“:
„Die Obusfreunde trauern dem Gefährt nach, das nie eine schlechte Luft hinterließ. Mit Strom, ohne Schienengeräusche und Erschütterung, ohne Abgase, ist er das Sauberste, was man sich denken kann, sagen sie. Idealer wäre nur ein elektrisch angetriebener Wagen, der an keine Leine gebunden ist. Die Freunde erlauben sich zu träumen und meinen, dies sei jedermann erlaubt."
Die S-Bahn ersetzt die Straßenbahn
1995 wir die Offenbacher S-Bahn-Strecke eröffnet und bindet Offenbach über die drei Bahnhöfe „Marktplatz“, „Ledermuseum“ und „Kaiserlei“ an Frankfurt an. Am 2. Juni 1996 wurde die Straßenbahnlinie 16 zwischen Marktplatz und August-Bebel-Ring stillgelegt, die Offenbach und Frankfurt bis dahin miteinander verbunden hatte. Seit 2003 sind auch Bieber und Bieber-Waldhof an das S-Bahn-Netz angeschlossen.
Umstellung der Flotte auf E-Busse
Um die Mobilität von morgen im dicht besiedelten Ballungsraum sicherzustellen, stellen die Stadtwerke ihre Busflotte schrittweise Elektroantrieb um. Der Betriebshof wurde elektrifiziert und in den Hallen in der Hebestraße wurde Ladeinfrastruktur für die E-Busse aufgebaut. Am Kaiserlei wurde eine Ladestation errichtet, an der die E-Busse bei jedem Umlauf zwischenladen können. Die ersten sieben Elektrobusse fahren seit dem Fahrplanwechsel am 13. Dezember 2020, Im Laufe des Jahres 2021 wurden sukzessive weitere 29 E-Busse in Betrieb genommen. Inzwischen fahren 36 Busse - das ist etwa die Hälfte der Stadtwerke-Flotte - mit Strom.