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Stadt Offenbach

Grabsteine erzählen vom jüdischen Leben

Michael Lenarz, Zweiter Vorsitzender der Max Dienemann / Salomon Formstecher Gesellschaft, ist mit den Jüdischen Friedhöfen in Offenbach vertraut. Zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz Ende Januar 2025 führte er Interessierte zu den Grabsteinen des Alten jüdischen Friedhofs. Im RUHEPUNKT-Interview erläutert er, was die Ruhestätten über die Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Offenbach erzählen.

Jüdisches Gräberfeld auf dem Alten Friedhof in Offenbach

Herr Lenarz, wie viele Jüdische Friedhöfe gibt es in Offenbach?
Es sind fünf Anlagen aus verschiedenen Epochen. Der erste jüdische Friedhof, der von 1708 bis 1860 an der heutigen Bismarckstraße lag, wurde für den Bau einer Bahnlinie zerstört. Mehr als 60 Grabsteine kamen von dort auf das Ersatzgelände am Rande des heutigen Alten Friedhofs an der Unteren Grenzstraße. Die Jüdische Gemeinde war zunächst von Handwerkern und kleinen Kaufleuten geprägt, bis sie sich ab etwa 1830 tatkräftig an der industriellen Entwicklung in Offenbach beteiligte. Davon zeugen die Grabmäler auf dem Alten jüdischen Friedhof. 

Welche Persönlichkeiten sind dort besonders hervorzuheben?
Mehrere Grabstätten erinnern an den Bankier Siegmund Merzbach und seine Söhne: Ihr Bankhaus, das bis zur NS-Zeit an der Frankfurter Straße 47 existierte, finanzierte den industriellen Aufstieg Offenbachs entscheidend mit. Das wohl prominenteste Grab auf dem Friedhof gehört dem Industriellen und Mäzen Ludo Mayer: Die monumentale Anlage erinnert an einen der größten deutschen Lederproduzenten. Neben Mayer sind auch die drei anderen jüdischen Ehrenbürger Offenbachs dort begraben: der Rabbiner Dr. Salomon Formstecher, der zu den „Gründungsvätern“ der jüdischen Reformbewegung im 19. Jahrhundert zählt, der bedeutende Kunstförderer Dr. Siegfried Guggenheim und Max Willner, Mitbegründer und bis 1994 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Offenbach nach dem Zweiten Weltkrieg. 

Was zeichnet den ältesten Jüdischen Friedhof der Stadt in Bürgel aus?
Die allerersten Juden in Bürgel wurden nach meinen Recherchen bereits 1492 erwähnt, erste Beerdigungen auf dem Grabfeld nahe dem Schultheisweiher gab es im 17. Jahrhundert. Von diesen ältesten Zeugnissen blieb jedoch nichts erhalten. Die aktuell zu sehenden Grabsteine stammen aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Sie repräsentieren Kleinfabrikanten, Kolonialwaren- oder Viehhändler, Schreiner, Metzger und Bäcker. 

Welche Veranstaltungen bietet Ihre Gesellschaft 2025 noch an?
Wir kümmern uns um die Geschichte und Kultur der Jüdinnen und Juden in Offenbach – und schauen weit darüber hinaus. So luden wir Ende April, unterstützt von den Stadtwerken, den Präsidenten des einzigen Jüdischen Karnevalvereins „Kölsche Kippa Köpp“ zu einem Vortragsabend über Teilhabe und Ausgrenzung ins Capitol Theater ein. Für den 7. September habe ich eine Ortserkundung auf dem ehemaligen Jüdischen Friedhof an der Bismarckstraße geplant, und im Herbst findet wieder unsere Reihe „Offenbacher Lesungen / Literatur im O-Ton“ mit bis zu 200 Gästen in der Alten Schlosserei der EVO statt.


Friedhofsverwaltung

Friedhofsverwaltung
Mühlheimer Straße 425
63075 Offenbach

Hinweise zur Barrierefreiheit

Behindertenparkplätze vorhanden

Hinweise zur Erreichbarkeit

Buslinien 103, 107, 120 (Haltestelle Neuer Friedhof)

Weitere Hinweise

Besucherparkplatz in der Ulmenstraße

Öffnungszeiten

Die Friedhöfe sind wie folgt geöffnet:

November bis Februar:
Montag-Freitag: 8.00 Uhr - 17.00 Uhr
Samstag, Sonntag und Feiertage: 8.00 Uhr - 17.00 Uhr

März und Oktober:
Montag-Freitag: 7.00 Uhr - 18.00 Uhr
Samstag, Sonntag und Feiertage: 8.00 Uhr - 18.00 Uhr

April bis September:
Montag-Freitag: 7.00 Uhr - 20.00 Uhr
Samstag, Sonntag und Feiertage: 7.00 Uhr - 20.00 Uhr

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