Taucher hat Kanalrohr auf Schäden kontrolliert
22.09.2023 – Es hört sich eher nach einer Mutprobe als nach einem Arbeitseinsatz an: Ein gefülltes Kanalrohr im Main auf 65 Metern zu durchtauchen klingt nicht nach einem öden Berufs-Alltag. Aber für die Industrietaucher des Unternehmens Diedrich Taucharbeiten sind solche Aufträge Routine. Das Unternehmen war jetzt im Auftrag der Abteilung Tiefbau der Stadtwerke Offenbach auf Tauchgang. An der Strahlenberger Straße unterhalb der Schleuse ist der Einstieg, von dem aus das Bauwerk auf eventuelle Schäden untersucht wurde. Dieser Kanal führt kein Abwasser, sondern dient der Regenwasserentlastung. Er ist immer voller Mainwasser, das bei Regen durch den höher als der Mainpegel gelegenen Zulauf vom einströmenden Wasser verdrängt wird.
„Laut Entwässerungskontrollverordnung müssen Regenwasserentlastungskanäle alle zehn Jahre begangen und begutachtet werden“, zitiert Dominik Arnold, Abwassermeister und Projektleiter aus der Abteilung Tiefbau. „Diese Vorgabe macht uns das Regierungspräsidium in Darmstadt als obere Aufsichtsbehörde. Da das Main- oder Regenwasser recht klar ist und die Sicht auf potenzielle Schäden erlaubt, können wir hier einen Taucher einsetzen.“
Untersucht wurde das Mauerwerk auf Risse, Schäden oder gar Einbrüche. Wobei mit Einbrüchen niemand ernsthaft gerechnet hat: Denn das jetzt kontrollierte Teilstück des insgesamt rund 270 Kilometer umfassenden Offenbacher Kanalnetzes stammt aus dem Jahr 1915, wurde damals noch per Hand mit Klinkersteinen gemauert und ist so robust, dass es kein modernes Fertigrohr mit ihm aufnehmen kann. Jahrzehnte später wurde das Kanalstück auch noch mit einer zusätzlichen Betonschicht umhüllt, um den statischen Druck abzuhalten.
Der einsame Tauchgang an einem 65 Meter langen Schlauch für die Sauerstoffzufuhr wurde während des zweitägigen Einsatzes oberirdisch von einem ganzen Team begleitet, bestehend aus Mitarbeitenden des beauftragten Unternehmens sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abteilung Entwässerung der Stadtwerke. Zunächst wurde ein ebenerdig gesteuerter Tauchroboter losgeschickt, um für den nachfolgenden Taucher potenzielle Gefahren nach Möglichkeit auszuschließen. Erwartet wurden hier weniger Alligatoren oder ähnliche Fabelwesen, die Großstadtkanälen immer mal wieder angedichtet werden, sondern eher Hindernisse, an denen er sich hätte verletzen oder der Sauerstoffschlauch hängenbleiben oder gar aufreißen können.
Zwar haben die Taucher für Notfälle immer auch eine Sauerstoffflasche auf dem Rücken, sollten aber nicht darauf zurückgreifen müssen. Außerdem sind Taucher bei jedem Einsatz über Funk mit dem Entwässerungsteam verbunden, bis sie an der Kammer der Schiffsbootsschleuse wieder aussteigen. Auch Marcus Diedrich ist unbeschadet wieder aufgetaucht. Und er hatte eine gute Nachricht für den Stadtservice: Das alte Rohr hat auch die vergangenen zehn Jahre ohne Defekte überstanden, Reparaturen sind nicht notwendig.