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Stadt Offenbach

Die wirtschaftliche Entwicklung Offenbachs

Im 18. Jahrhundert wurde Offenbach zu einem beliebten Standort für Handwerker und Händler, was die Stadt langsam auf den Weg der Industrialisierung brachte. Bereits 1797 hatten sich in dem ehemaligen Bauern- und Fischerdorf über 50 Manufakturen angesiedelt, darunter rund 30 Gewerbe im Textilbereich, 6 Seifen- und Lichtersiedereien und 3 Tabakfabriken.

Über die Seide und Hugenotten – Am Beispiel der Familie André

Das weiche Wasser des Mühlbachs war wichtig für die Färberei

Die Textilindustrie war im 18. Jahrhundert einer der bedeutendsten, hauptsächlich hugenottisch geprägten Industriezweige in Offenbach. Die Bedeutung der Hugenotten für deren Industriezweig lässt sich sehr gut an der Familie André darstellen.

Für die Hugenotten im Süden Frankreichs bot sich als Fluchtweg die Rhône flussaufwärts mit Genf als rettendem Tor an, und auch die Familie Andre entschloss sich im Jahr 1687, diese Reise anzutreten.

Über die Nöte und Entbehrungen der Flüchtlinge in der Winterszeit lässt sich nur spekulieren. Sie dürften anfangs noch keine klaren Vorstellungen von ihrem Zielort besessen haben. Bei aller Hilfsbereitschaft der schweizerischen Glaubensbrüder, konnte die Schweiz nur eine Zwischenstation sein, denn die Zahl der Flüchtlinge war zu hoch.

Auch die Familie André zog im Winter 1687/88 von Genf nach Norden weiter. Im Januar 1688 verstarb Gilles Andrés Mutter, Francoise Andre-Heraud und durch die Strapazen und Entbehrungen der Flucht bis zur Ankunft in Frankfurt auch zwei der vier Kinder.

Die Familie verdiente ihren Lebensunterhalt in den nächsten Jahren als Seidenweber oder auch als Strumpfwirker. Der Sohn Gilles Andre, der das Handwerk bei seinem Stiefvater erlernt hatte, übte später seinen Beruf auch zeitweise in Offenbach aus. 1699 erschien sein Name im Mitgliederverzeichnis der neugegründeten französisch-reformierten Gemeinde in Offenbach. Im gleichen Jahr heiratete er in Frankfurt die ebenfalls einer Hugenottenfamilie entstammende Judith Gerain. Dem Ehepaar wurden acht Kinder geboren, die ersten sechs erblickten in Frankfurt das Licht der Welt, die beiden jüngsten in Offenbach, wohin die Familie im April 1709 übergesiedelt war.

An 31. Mai 1709 ließ sich Gilles André in das Kaufmannsregister in Offenbach eintragen, »um an den Vorrechten (der hiesigen Hugenottengemeinde) teilzuhaben«. Gilles André brachte es durch Fleiß und Geschicklichkeit als selbständiger Seidenweber schon bald zu einem gewissen Wohlstand. In der nördlichen Herrnstraße 54 errichtete er nach einiger Zeit ein geräumiges Wohnhaus, das er und seine Nachkommen bis 1784 bewohnten. Im Alter von 75 Jahren ist Gilles André im August 1748 in Offenbach gestorben.

Von den acht Kindern Gilles Andrés überlebte nur der 1705 geborene Marc seinen Vater. Im Januar 1737 heiratete er in Offenbach die aus Mannheim stammende Marie Julienne Pfaltz. Aus dieser Ehe entstammten alle späteren Mitglieder der Familie André. Als Seidenfabrikant wurde Marc André zu einem recht wohlhabenden Mann, der seiner französisch-reformierten Gemeinde ein großes Wohn- und Schulgebäude neben der Kirche in der Herrnstraße 25 finanzieren konnte.

1751, nur knapp 3 Jahre nach seinem Vater, verstarb Marc Andre im Alter von erst 46 Jahren.

Die Lithographie

Lithopresse

Für Offenbach und die Musikwelt erlangte Marc Andrés ältester Sohn Johann André (1743 – 1799) eine besondere Bedeutung. Im Alter von 16 Jahren trat er in das Geschäft seiner Familie ein, um »die Handlungen zu erlernen«, lernte in Mannheim sein Handwerk und kehrte mit 20 Jahren nach Offenbach zurück.

Durch sein persönliches Interesse geprägt, gründete er am 17. August 1774 in der Herrnstraße 54 einen Musikverlag mit angeschlossener Notendruckerei und übergab die Seidenfärberei seinem Onkel. 1797 wies der Verlagskatalog bereits 1052 Nummern auf: Opern, Arien, Lieder, Konzerte und Sinfonien. Am 18. Juni 1799 ist der Seidenfabrikant, Komponist, Kapellmeister und Musikverleger Johann André im Alter von 58 Jahren in Offenbach gestorben.

Sein Sohn Johann Anton hatte am 6. Oktober 1775 als 5. Kind der Eheleute André das Licht der Welt erblickt. Den größten Teil seiner Kindheit und Jugend verlebte er außerhalb Offenbachs, aber die Kriegsunruhen nach Ausbruch der Französischen Revolution (1789) veranlassten ihn 1793, sich überwiegend in Offenbach aufzuhalten und er übernahm in der väterlichen Verlagsfirma Arbeit und Verantwortung.

1798/99 kaufte er für 3.150 Gulden den musikalischen Nachlass Mozarts von dessen Witwe Constanze. In demselben Jahr hatte Johann Anton André auf einer Geschäftsreise nach Wien in einer Münchner Zeitung eine Anzeige gelesen, in der die Geschäftspartner Franz Gleißner und Alois Senefelder ihr frisch erfundenes Steindruckverfahren anboten.

André interessierte sich dafür und ließ sich die Erfindung daraufhin vorführen. Die Steindrucktechnik überzeugte den Geschäftsmann sofort: »75 Seiten in einer Viertelstunde, wovon immer zwey zugleich gedruckt wurden«, dies erlaubte die Lieferung von Musikalien für sechs Kreuzer je Bogen. Im Kupferdruck hergestellt, kostete der Bogen 24 bis 30 Kreuzer. André konnte Senefelder und dessen Mitarbeiter Gleißner gewinnen, nach Offenbach überzusiedeln.

In der Notendruckerei standen zehn Kupfer- und Zinndruckpressen. Die Hälfte wurde durch Steindruck-Stangenpressen ersetzt und die Arbeiter entsprechend angelernt. Der Umsatz ging in die Höhe und bald gab es hochfliegende Pläne, das Unternehmen auf andere Länder auszudehnen. In London und Paris wurden von den Brüdern Philipp Henri und Peter Friedrich geleitete Niederlassungen gegründet, weitere in Berlin und Wien waren vorgesehen.

Auf Dauer blieb diesen Unternehmungen aber der Erfolg aufgrund von Nachahmern und Konkurrenz versagt. Neben seiner eigentlichen Verlagsarbeit, seinen musikalischen Studien und Kompositionen, beschäftigten Johann Anton André zunehmend die in seinem Besitz befindlichen Mozartschen Handschriften. Er ordnete diese als Grundlage späterer Werksverzeichnisse und gab insgesamt 79 postume Erstdrucke Mozarts heraus. Am 6. April 1842 starb Johann Anton André in Offenbach.

Das Offenbacher Tabakimperium – Die Gebrüder Bernard

Schnupftabakdose der Gebrüder Bernard

Unter Graf Wolfgang Ernst III. von Isenburg-Birstein erfolgte am 31. Januar 1733 die Gründung einer Manufaktur oder – aus späterer Sicht – des ersten Offenbacher Industrieunternehmens.

Dem aus Straßburg zugewanderten Johann Nicolaus Bernard wurde die Erlaubnis zur Gründung einer »Schnupftabakfabrique« erteilt. Es sei erwähnt, dass es sich bei der Familie Bernard, eigentlich »Bernhardt« nicht um Hugenotten handelt, wie man aufgrund der Zeitgeschichte vermuten mag.

Die Familie stammt aus der Gegend von Kassel, war danach im Elsaß ansässig – wo sich im Namen das »h« verlor – und zog dann erst nach Offenbach. Durch Privilegien und Vergünstigungen der Isenburger Fürsten errang die Firma im 18. Jahrhundert eine führende Stellung (beispielsweise 1772 Tabakmonopol des Herzogs Friedrich III. von Sachsen-Gotha).

Gemeinsam mit der reichen, verwandten Familie d’Orville bauten sie um 1775/80 ein repräsentatives Herrenhaus – das heutige Büsingpalais – sowohl als Erweiterung der alten Fabrik als auch zu Wohnzwecken. Goethe erinnerte sich an einen Besuch 1775:

»Doch sollte bei eintretendem Frühling eine anständige ländliche Freiheit dergleichen Verhältnisse enger knüpfen. Offenbach am Main zeigte schon damals bedeutende Anfänge einer Stadt, die sich in der Folge zu bilden versprach. Schöne, für die damalige Zeit prächtige Gebäude hatten sich schon hervorgetan; Onkel Bernard, wie ich ihn gleich mit seinem Familientitel nennen will, bewohnte das größte; weitläufige Fabrikgebäude schlossen sich an; d'Orville, ein jüngerer lebhafter Mann von liebenswürdigen Eigenheiten, wohnte gegenüber. Anstoßende Gärten, Terrassen, bis an den Main reichend, überall freien Ausgang nach der holden Umgegend erlaubend, setzten den Eintretenden und Verweilenden in ein stattliches Behagen.« (Goethe, Dichtung und Wahrheit, 17. Buch)

Offenbacher Fayencen

Seit dem frühen 17. Jahrhundert waren Tee, Kaffee und Trinkschokolade in Europa bekannt, anfangs als Arznei, dann als Genussmittel und Luxusartikel. Weil man in Europa bis dahin keine heißen Getränke kannte, gab es dafür auch kein geeignetes Geschirr.

Bei Metall verbrannte man sich die Lippen, Glas zersprang, Holz beeinflusste den Geschmack und Irdenware war schwierig zu reinigen. Gefäße aus Porzellan waren für den Genuss heißer Getränke ideal, mussten jedoch aus China importiert werden und war für viele nicht erschwinglich.

Aus diesem Grunde versuchte man, das Material auf Tonbasis nachzuahmen. Die Fayence kam dem Porzellan in Aussehen und Nutzung am nächsten und war meist mit floralen Motiven bemalt.

Mit den Arabern war die Fayenceherstellung nach Spanien gelangt und breitete sich während der Renaissance über Italien in ganz Europa aus. Der Preis einer Fayence richtete sich nach der Größe und Dekoration. Einfache Leute kauften unbemalte oder schlicht verzierte preiswerte Ware, wohlhabende Bürger konnten sich kunstvoll bemalte Fayencen leisten.

Reiche Tonvorkommen im Umland Offenbachs, die Nähe zur Messe- und Handelsstadt Frankfurt, die verkehrsgünstige Lage am Main sowie steuerliche und private Freiheiten im Fürstentum Isenburg-Birstein waren maßgebend für die Entscheidung verschiedener Unternehmen Fayencenmanufakturen in Offenbach zu gründen. Die Zeit der Fayancenproduktion fand mit der Einführung des Steinguts ein Ende.

Erläuterungen und Hinweise

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