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Stadt Offenbach

„Kindheit im Park“ – Hella Adelmann zeigt ihr Offenbach

Die Tour von Hella Adelmann führte rund um den Büsingpark. Mit den Erzählungen aus ihrer Kindheit sahen die Teilnehmer manches in dem doch meist bekannten Gebiet mit anderen Augen. Die Führerin der siebten Tour des Freiwilligenzentrums im Rahmen von „Ich zeig dir meine Stadt“ bezeichnet den Park als ihr Spielzimmer, als ihren Park, ist sie doch in den 60er Jahren ganz in der Nähe in der Kaiserstraße aufgewachsen.

Hella Adelmann zeigt ihr Offenbach
Die ehemalige Kapelle im Isenbuger Schloss

Ausgangspunkt der Tour war das Isenburger Schloss. Denn in der Kapelle hatten ihre Eltern 1938 geheiratet. Zuvor war die Mutter 1936 zu den Olympischen Spielen mit dem Rad München nach Berlin gefahren. Für eine Übernachtung machte sie in Offenbach Halt und begegnete erstmals ihrem zukünftigen Mann, der mit Freunden auf dem Main ruderte. In den 70er und 80er Jahren hatte Hella Adelmann die Kapelle noch oft besucht. Damals war dort die rumänisch-orthodoxe Gemeinde beheimatet. „Wenn man die Kapelle betrat, war man fast erschlagen von der farbenfrohen Ausstattung und dem betörenden Duft“, erinnert sich Hella Adelmann.

Im Lilipark gab es bis in die 80er Jahre eine Rollschuhbahn. Hella Adelmann schraubte sich noch in der Wohnung die Rollen an die Schuhe, trampelte dann zum Unmut ihres Großvaters die Holztreppe hinunter, um nur keine Zeit zu verlieren und ihre Runden auf der Bahn zu drehen. 
Weiterer Anziehungspunkt war die Ruine des ehemaligen Badetempels, im Volksmund „Lilitempel“ genannt. In der Grotte – die felsigen Steine sind noch heute zu sehen – konnte sie ganz in die Fantasiewelt von Karl May eintauchen. „Ich habe alle 79 Bände gelesen und im Spiel als Winnetou mit dem Blutbruder Old Shatterhand gefährliche Abenteuer bestanden. Auch den Schatz im Silbersee habe ich gefunden.“

Damals und heute: der ehemalige Badetempel im Lilipark

Vor dem Portal des ehemaligen Stadtbads in der Herrnstraße erinnert Hella Adelmann an das alte Jugendstilbad, dass 1982 Neubauten weichen musste, ohne dass der Denkmalschutz einschritt. Sie selber war als Kind mehrmals wöchentlich am Morgen mit ihrem Vater durch den Park – nur bekleidet mit Badeanzug und Bademantel – zum Schwimmen gegangen. „Mit zunehmenden Alter wurde mir das dann doch peinlich, doch ich musste mit“, schmunzelt sie.
Auch das Parkbad, in dem Hella Adelmann – wie viele Offenbacher Kinder – ebenfalls geschwommen war, gibt es nicht mehr. Heute ist dort ein Hotel, hier hat der Denkmalschutz dafür gesorgt, dass die schwebende Betondecke und anderes erhalten wurden. Eine Besonderheit ist zu Fuße der Treppe hinter dem Empfang zu entdecken: ein Schwimmbecken. Doch bei näherer Betrachtung ist es nur eine Anmutung, es ist noch ein Überbleibsel einer HfG-Ausstellung, eine Installation, die nun dauerhaft zu sehen ist. „Mancher Hotelgast kam schon im Bademantel herunter auf der Suche nach dem Zugang. Doch im Becken ist kein Wasser!“

Blick auf das ehemalige Parkbad und das jetzige Sheraton Hotel

Vom Sheraton Hotel führte Hella Adelmann ihre Tourteilnehmer am Café Frida vorbei. Sie selber hat dann immer den Refrain von „ Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ im Ohr und auf den Lippen, eine schöne Erinnerung an ihre Großmutter. Diese ging gerne – sehr chic gekleidet – durch den Park und an Tagen, wenn die Rente ausgezahlt wurde, durfte die kleine Hella sie begleiten. Dann spielte sich immer das gleiche Ritual ab: Ein paar Mark erhielten die älteren Männer auf den Parkbänken, nachdem sie das Lied angestimmt hatten und später auch die Seniorinnen in der Altentagesstätte, dem heutigen Café.

Hella Adelmann kannte in ihrer Kindheit jeden Baum und jeden Grashalm in ihrem Park, den Büsingpark. „Noch heute überkommt mich eine gewisse Eifersucht, wenn zum Lichterfest tausende Menschen in den Park strömen. Erst wenn ich dann selber in das Fest eingetaucht bin, freue ich mich, dass der Park eine solche Anziehungskraft besitzt.“ Von den Kletterbäumen aus der Kindheit sind nur wenige stehen geblieben. Doch die Hängebuche in Nähe des Sheraton Hotels gibt es noch. „Bei der Pflanzung 1963 war ich mit dabei und heute spreche ich manchmal mit ihr: Wir sind ganz schön alt geworden, aber gut schauen wir aus!“ Eine große Faszination ging immer von einem besonders schönen Nussbaum in der Nähe des Tempels aus. Nur ließen sich die Nüsse nicht knacken. Heute weiß Hella Adelmann, dass es sich um einen sehr seltenen, heute etwa 150 Jahren alten, Schwarznussbaum handelt, dessen Nüsse sich erst nach fünf Jahren öffnen lassen.

Jugenstilelemente in der Kaiserstraße 84

Zum Abschluss der Tour öffneten sich für die Tourteilnehmer die Türen der Kaiserstraße 84, erbaut 1904. Wunderschöne Jugendstilelemente gibt es zu bewundern und im 2. Stock bei der Werbeagentur Hilt Griesbaum gab es besonders viele Ohs und Ahs. Sind doch die Türen, Fenster und Böden liebevoll restauriert. Hella Adelmann selbst wohnt inzwischen im 5. Stock ihres Hauses – ein Aufzug unterstützt den Aufstieg. Doch der lohnt sich, vor allem wenn man auf der Dachterrasse den Blick über das Offenbacher Nordend bis nach Sachsenhausen und in den Taunus schweifen lässt. „Man fühlt sich fast wie auf einem Schiff“, sagt Katja Lenz vom Freiwilligenzentrum. Unterstützt wird dieser Eindruck durch ein Sonnensegel und dem spitz zulaufenden Fluchtweg auf dem Dach, der zu einem kleinen Tor führt. Auch gibt es eine kleine Wetterstation, war Hella Adelmann bis zu ihrer Pensionierung beim Deutschen Wetterdienst beschäftigt. Heute ist sie ehrenamtlich tätig, so engagierte sie sich beim Freiwilligenzentrum unter anderem sehr in der Flüchtlingshilfe.

Dachterrasse mit dem Blick über das Offenbacher Nordend

Solche Einblicke und Eindrücke sind das Besondere an der Reihe „Ich zeig dir meine Stadt“, bei der Offenbacher – gleich welcher Herkunft – ihr persönliches Offenbach zeigen. Die nächsten Touren bestreiten Sigrid Kirbach (7. Juli) und Stephan Färber (voraussichtlich 1. September als Fahrradtour), auch sind Wiederholungen früherer Touren geplant.

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