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Stadt Offenbach

Was man beachten sollte, wenn man Geflüchtete aufnehmen möchte

Die Betroffenheit über den Krieg in der Ukraine und das Leid der Menschen ist groß. Derzeit machen sich viele Flüchtlinge auf den Weg in ein sicheres Land, auch in Deutschland kommen geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer an und suchen Schutz und Unterkunft.
Die Hilfsbereitschaft in Deutschland ist enorm und viele Bürgerinnen und Bürger möchten Geflüchtete eine private Unterkunft anbieten. Wer Geflüchtete aufnehmen möchte, sollte allerdings einiges bedenken, dazu ein Leitfaden.

Selbsteinschätzung vorab

Überlegen Sie (mit Ihrer Familie), ob Sie die Kapazitäten, die Räumlichkeiten und auch eventuell die Zeit für einen Geflüchteten haben.
Wie lange können oder möchten Sie einen Geflüchteten oder eine Familie aufnehmen? Ist es ein spontaner Gedanke aus dem Gefühl heraus, man müsse etwas tun?
Wie sind Ihre zeitlichen Ressourcen? Denn eine Unterstützung bei den amtlichen Formularen oder sonstige Hilfestellung können hilfreich sein.
Stellen Sie sich vor, wie sich die Situation in drei Monaten darstellt. Sie kennen den/die neuen Mitbewohner nicht, der kulturelle Hintergrund, Lebenserfahrungen und bisherige Lebensumstände können sehr unterschiedlich sein. Dies kann eine große Bereicherung sein, aber auch zu Irritationen führen. In jedem Fall wird eine Unterbringung Ihren Alltag verändern.

Grundsätzlich ist es ratsam, sich vorher über die rechtlichen Aspekte einer Aufnahme im privaten Wohnraum zu informieren. 
Geflüchtete haben unter Umständen nur das Nötigste bei sich und kommen mit wenigen oder keinen finanziellen Mitteln in Deutschland an. Erst wenn die Aufenthaltserlaubnis erteilt ist, haben sie auch Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Dies kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Wenn Sie also eine ganze Familie bei sich aufnehmen, entstehen zu Beginn Mehrkosten für Essen, Hygieneartikel etc.

Wer zur Miete wohnt, kann Geflüchtete erst einmal aufnehmen. Ein Zeitraum von sechs bis acht Wochen gilt üblicherweise als „erlaubnisfreier Besuch“. Grundsätzlich benötigt man nach dem Zeitraum des erlaubnisfreien Besuches und für eine Untervermietung gegen Entgelt eine Genehmigung des Vermieters, um keine Kündigung der Wohnung zu riskieren. Die Personen müssen dann beim Vermieter angemeldet werden, was sich auch auf Ihre Nebenkosten (Müllabfuhr, Heizung etc.) auswirken kann. Vorsicht auch bei Bildung einer Wohngemeinschaft: Auch hier ist in der Regel eine Zustimmung des Vermieters erforderlich.

In manchen Fällen benötigen Sie keine Erlaubnis des Vermieters, wenn Sie Menschen längerfristig in Ihrer Wohnung aufnehmen möchten - dies betrifft die Unterbringung von engen Verwandten. 
Mehr Informationen dazu finden Sie zum Beispiel auf der Webseite des Deutschen Mieterbundes:

Der Leistungskatalog nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sieht auch Unterkunft/Miete vor. Die Ämter haben allerdings Obergrenzen für die Miete und Größe der Unterkunft festgelegt, die sie pro Person übernehmen (KdU-Tabelle: Kosten der Unterkunft, Angemessenheitsgrenzen für Bruttokaltmiete und Heizkosten). Wer Geflüchteten ein Zimmer anbieten möchte, aber auf eine Kostenaufteilung der Miete angewiesen ist (zum Beispiel in einer WG), sollte sich bei den Behörden vorher erkundigen, ob die Miete der Wohnung den Vorgaben entspricht und übernommen wird.

Art der Unterkunft

Ein Schlafplatz auf der Couch ist sicherlich nur eine Notlösung für zwei bis drei Tage. Für alle Beteiligten ist mindestens ein eigenes Zimmer auf Dauer empfehlenswert. Ein eigener Raum ist auch als Rückzugsmöglichkeit wichtig, nicht zuletzt, um die Ereignisse in der Ukraine und auf der Flucht verarbeiten zu können.

Dauer der Unterbringung

Niemand weiß, wie lange der Krieg dauert. Die Geflüchteten dürfen in Deutschland mit ihren eigenen finanziellen Mitteln eine Wohnung anmieten oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Kosten der Unterkunft beantragen. Dies können sie jedoch erst tun, wenn sie mit dem Sozialamt Kontakt hatten - außerdem gibt es Obergrenzen für die Miete und Größe der Unterkunft (KdU-Tabelle: Kosten der Unterkunft, Angemessenheitsgrenzen für Bruttokaltmiete und Heizkosten). Die Wohnungssituation in den Ballungsräumen ist jedoch angespannt, es ist nicht einfach, eine bezahlbare Unterkunft zu finden. In einer akuten Notsituation und zum ersten Ankommen ist eine kurzfristige Unterkunft sicherlich hilfreich. Sinnvoller ist eine baldige Unterbringung für einen längeren Zeitraum. Endet der private Aufenthalt plötzlich, werden die geflüchteten Personen aus dem Umfeld gerissen, an das sie sich gerade gewöhnt haben. Im schlimmsten Fall fühlen sie sich also ein weiteres Mal vertrieben. Seien Sie also mit sich selbst und mit den Geflüchteten ehrlich und offen, wie lange der Aufenthalt dauern kann und ob Sie gegebenenfalls Miete für das Zimmer verlangen möchten. 

Während des Aufenthaltes

Seien Sie sich bewusst, dass die Geflüchteten in ihrem Heimatland ihr ganz normales autarkes Leben hatten, in ihrer eigenen Wohnung gelebt und vielleicht einen guten Job ausgeübt haben. Plötzlich befinden sie sich in einer neuen Umgebung, wissen nicht, wie die Zukunft aussehen wird und sind auf einmal in einer „bedürftigen“ und abhängigen Situation. Dies kann unterschiedliche Reaktionen auslösen: große Dankbarkeit und Zugewandtheit, aber auch Scham, Frust oder Wut und ein damit verbundenes distanziertes Verhalten. 
Hier ist Empathie und Geduld gefragt, zu große oder zu unrealistische Erwartungen an die aufgenommenen Personen sind nicht ratsam. Bieten Sie Unterstützung und Hilfe an (zum Beispiel für den Gang zum Amt), lassen Sie den Gästen aber auch Freiraum für Selbstständigkeit und Privatsphäre. Gespräche über die Flucht oder die Kriegserlebnisse sollte man nicht erzwingen. Am besten wartet man ab, ob die Menschen von sich aus über die Erlebnisse reden möchten.

(Mögliche) Traumata und psychische Belastungen

Geflüchtete können traumatische Erfahrungen im Krieg und auf der Flucht gemacht haben. Und sei es „nur“, dass sie geliebte Menschen in der Heimat zurücklassen mussten und damit verbunden die Sorgen und die Angst um Verwandte. Rechnen Sie damit, dass die Geflüchteten in Tränen ausbrechen, in sich gekehrt sind oder sich unter Umständen weinend in ihr Zimmer zurück ziehen und ihre Ängste und Trauer verarbeiten müssen.
Traumata wirken sich unterschiedlich auf die Menschen aus: Ängste, Teilnahmslosigkeit, Depressionen, Probleme, sich in einer neuen Kultur einzuleben und zurechtzufinden, große Verletzlichkeit oder Empfindlichkeit. Unter Umständen ist es ratsam, eine professionelle Beratungsstelle aufzusuchen.

Netzwerk

Netzwerke bilden, ist immer hilfreich. Sei es, um sich mit anderen Ehrenamtlichen auszutauschen, sich Hilfe zu suchen oder rechtliche Fragen zu klären.
Oftmals bieten Wohlfahrtsorganisationen oder Vereine hauptamtlich Beratungsangebote oder eine Migrationsberatung an. Freiwillig Engagierte organisieren sich in Sozialen Medien, in Flüchtlingsgruppen oder Vereinen. Informieren Sie sich bei Ihrer Kommune, an wen Sie sich wenden können.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Wenn neu eingereiste Minderjährige ohne Begleitung (erst einmal unabhängig des Herkunftslandes) in Offenbach ankommen, sind die Sozialen Dienste im Jugendamt Ansprechpartner. Sie nehmen die minderjährigen Kinder oder Jugendliche in ihre Obhut. Bitte nehmen Sie hierzu Kontakt zur Stadtpolizei auf (Telefon 8065-3195)

Referat Ehrenamt

Stadt Offenbach am Main

Berliner Straße 100
63065 Offenbach

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