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Stadt Offenbach

Am Freitag ist Anti-Catcall-Tag

07.06.2023

Pfeif- oder Kussgeräusche, obszöne Gesten, anzügliche Sprüche auf offener Straße oder übergriffige Nachrichten auf Social Media wie „Ey Schnecke!“, „geiler Arsch“ oder Hinterherhupen: Dies sind eher harmlose Beispiele für die niedlich klingende Bezeichnung „Catcalling“. Der Begriff stammt aus der englischen Umgangssprache und bedeutet in etwa „Katzen-Rufen“, eben das Geschrei verliebter Kater und meint alle sexuell konnotierten Verhaltensweisen beziehungsweise verschiedene Arten der sexuellen Belästigung ohne Körperkontakt im öffentlichen Raum.

„Catcalling“ betrifft vornehmlich Frauen. Sie werden auf der Straße belästigt, die Betroffenen berichten von körperlichen und emotionalen Folgen: Symptome wie Muskelverspannungen, Atembeschwerden, Schwindel und Übelkeit, aber auch der Angst vor Vergewaltigung oder die eigene Privatsphäre nicht schützen zu können, sind keine Seltenheit. In der Folge beginnen Frauen und Mädchen Bereiche im öffentlichen Raum zu meiden und sich nicht mehr unbefangen in der Öffentlichkeit bewegen.

Catcalls kommen selten zur Anzeige, zumal das Catcalling an sich kein eigener Straftatbestand ist und nur in Kombination mit Nötigung oder sexuellen Übergriffen im juristisch geahndet werden kann. Dabei erlebten laut einer aktuellen Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend schon 44 Prozent der Frauen in Deutschland Situationen sexistische Zeichen und Anzüglichkeiten. Lange als Kavaliersdelikt abgetan, thematisieren immer mehr diese Übergriffe: So startete Antonie Quell vor drei Jahren ihre Petition „Es ist 2020. Verbale sexuelle Belästigung sollte strafbar sein“ und sammelte in kurzer Zeit knapp 70.000 Unterstützerinnen und Unterstützer und auch der Deutsche Juristinnenbund fordert schon länger eine rechtliche Normierung berührungsloser sexueller Belästigung (DJB, 2021).

Nun machen die Gleichstellungsbeauftragten auf kommunaler Ebene mit dem bundesweiten Anti-Catcall-Tag, dieser ist immer am zweiten Juni-Freitag, 2023 am 9. Juni auf diese nicht länger akzeptablen Vergehen aufmerksam.

„Catcalling ist Ausdruck patriarchaler Gewalt und ein gesamtgesellschaftliches Problem, das überwiegend Frauen und Mädchen einschränkt, sich frei und unbehelligt zu bewegen“, so die Kommunale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte Dr. Inga Halwachs. „Hier entgegenzuwirken muss Aufgaben und Ziel aller Bürgerinnen und Bürger in Offenbach sein“.

#Catcallsofoffenbach

Seit 2020 machen die #Catcallsofoffenbach Alltagssexismus und sexualisierte Belästigung in der Öffentlichkeit sichtbar. Via Instagram können Betroffene Catcalls melden. Diese werden gesammelt und an dem Ort, an dem die Belästigung erlebt wurde, mit Kreide sichtbar gemacht. Ein Foto und die anonymisierte Originalnachricht mit den Hashtags #stopptbelästigung und #metoo werden dann auf Twitter gepostet.

Für ihr Engagement wurden die Initiatorinnen der Catcallsofoffenbach, Karin Henkes und Dora Starck, 2022 mit dem Sophie von La Roche-Preis ausgezeichnet. Der Preis wird alle zwei Jahre an Privatpersonen oder Initiativen verliehen, die sich auf kulturellem, sozialem und gesellschaftspolitischem Gebiet für die Geschlechtergleichstellung und gegen Diskriminierung engagieren. „Wir verstehen uns als Sprachrohr für Betroffene von sexueller Belästigung und möchten diese darin bestärken, dass sie nicht alleine sind. Wir möchten dazu beitragen, dass Catcalls nicht als unbeholfene Komplimente kategorisiert werden, die ausgehalten werden müssen, sondern als sexuelle Belästigungsform erkannt und eingeordnet werden“, erklären die Catcallsofoffenbach. Die Stadt Offenbach unterstützt die Initiative mit einer Sondergenehmigung: In Offenbach werden die Kreidebotschaften nicht geahndet, sondern bewusst im öffentlichen Raum belassen.  

„Dass Frauen und Mädchen scheinbar selbstverständlich und tagtäglich mit Catcallings leben müssen, ist unfassbar. Es ist, um es sehr deutlich zu sagen, eben kein Kavaliersdelikt und schon gar kein Kompliment, wenn – meistens – Männer Frauen auf Körperlichkeiten reduzieren, in Verlegenheit bringen oder sogar in Bedrängnis. Keinem Menschen sollte in der Öffentlichkeit so etwas passieren und wenn doch, darf es nicht unkommentiert bleiben und da kommt Catcallsofoffen-bach ins Spiel – und das finde ich richtig gut so“, sagt Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke. „Weil Gesetze niemals alleine ausreichen, um in einer Gesellschaft gleichberechtigt, gewaltfrei und ohne Diskriminierungen zu leben, appelliere ich an alle Bürgerinnen und Bürger, abwertende Reden im eigenen Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis nicht zu akzeptieren und so einen Betrag für einen respektvollen Umgang in der Gesellschaft zu leisten.“

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