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Stadt Offenbach

Stadt unterstützt Hilfe für Offenbacher Kinder und Jugendliche bei sexualisierter Gewalt

23.02.2022

Corona wirkt oftmals wie ein Brennglas oder Beschleuniger von Prozessen und Problemen, die bisher eher im Verborgenen geblieben sind. In Zeiten der Pandemie sei die Zahl von Kindern und Jugendlichen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, deutlich gestiegen, stellt die Beratungsstelle „Halte.Punkt“ von pro familia fest. Um hier eine Anlaufstelle zu bieten und den Fallzahlen gerecht werden zu können, unterstützt die Stadt Offenbach am Main das Angebot finanziell zusätzlich zu den bisherigen Landesmitteln.

Seit 2018 gibt es in Offenbach bei pro familia diese Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Bislang ausgestattet mit einer halben Vollzeitstelle wurden Kinder und Jugendliche, Eltern und Angehörige, Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher beraten, wenn der Verdacht auf sexuellen Missbrauch bestand. Im vergangenen Jahr hat sich Heike Pinne, Leiterin und Prokuristin von pro familia, an die Stadt gewandt mit der dringenden Bitte um Aufstockung der Kapazitäten. „Wir haben festgestellt, dass sich immer mehr Menschen an uns wenden, je bekannter das Angebot ist. Aber die Kapazitäten können den Fallzahlen in Offenbach nicht gerecht werden. Jeder Fall ist ein Fall zu viel – wir haben die Verantwortung, allen Betroffenen zeitnah Hilfe anzubieten“, so Heike Pinne.

Sozialdezernent Martin Wilhelm hat sich der Sache angenommen und die Stadtverordnetenversammlung fasste den Beschluss, die bisherige Finanzierung aus Mitteln des Landes Hessen durch städtische Mittel aufzustocken. Martin Wilhelm, der als Kämmerer die knappe Finanzsituation der Stadt deutlich vor Augen hat, sieht dennoch den dringenden Bedarf und die Not der Betroffenen. „Wir müssen aufgrund von Hochrechnungen davon ausgehen, dass in Offenbach mindestens 1.700 Kinder und Jugendliche derzeit von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Ihnen muss ein niedrigschwelliger Zugang zu Hilfe und Unterstützung zur Verfügung stehen“, begründet er die Entscheidung, hier aufzustocken.

Pro familia konnte nun eine weitere Fachkraft für Beratung und Prävention einstellen und die Personalkapazitäten mit 1,2 Vollzeitstellen mehr als verdoppeln. Pia Barth heißt die neue Kollegin, sie ist systemische Beraterin und bringt Erfahrung aus der Arbeit zum Thema sexualisierte Gewalt und aus der Bildungsarbeit mit Kinder und Jugendlichen mit. „Hier bei Halte.Punkt gehen Prävention und Intervention Hand in Hand. Ein wirksamer Schutz von Kindern und Jugendlichen braucht beides und ich freue mich, in diesen Bereichen tätig zu sein“, sagt die 31-jährige.

Florian Schmidt und Anke Bäumker sind die erfahrenen Fachkräfte bei Halte.Punkt und beschreiben, wie der Weg in die Beratungsstelle aussieht: „Die meisten Kinder und Jugendliche finden über eine erwachsene Person zu uns, die sie ernst nimmt, ihnen glaubt und ihnen den Weg in die Beratungsstelle erleichtert“, so Schmidt. „Das kann ein Elternteil, eine Lehrkraft oder eine Nachbarin sein.“ Zunächst wird die Person beraten, die sich bei pro familia meldet. Gemeinsam wird besprochen, welche Hilfe benötigt wird und wie konkret geholfen werden kann. Manchmal entsteht ein längerer Beratungsprozess mit betroffenen Jugendlichen, manchmal werden die Unterstützenden beraten. Anke Bäumker betont: „Ziel ist immer, den Schutz des Kindes oder der Jugendlichen wiederherzustellen. Nicht immer ist das schnell möglich. Übereiltes Handeln schadet hier mehr, als es nützt.“ Die Ratsuchenden können sich auf Vertraulichkeit und Schweigepflicht verlassen. Dies sei wichtig, weil das manchmal die Kontaktaufnahme erst ermöglichte. In einem sorgfältigen, fachlich gut begleiteten Prozess können mit den Beteiligten und mit Kooperationspartnern dann alle notwendigen Schritte vorbereitet und eingeleitet werden.

Neben der Beratung im konkreten Fall ist die Durchführung von Präventionsveranstaltungen ein zentraler Baustein der Arbeit von Halte.Punkt. Mit Schulklassen und außerschulischen Gruppen arbeiten die Pädagoginnen und Pädagogen an den Themen Grenzen setzen, Hilfe finden und auch an der Frage, was eigentlich konkret mit sexualisierter Gewalt gemeint ist. „In den Präventionsveranstaltungen wird den Kindern und Jugendlichen manchmal erst klar, dass das was sie erleben, sexualisierte Gewalt ist. Wir gehen davon aus, dass in jeder Schulklasse ein bis zwei Personen betroffen sind. Deshalb müssen wir parallel zur Gruppe auch immer Kapazität für möglicherweise auftretenden Beratungsbedarf vorhalten“, beschreibt Florian Schmidt die Arbeitsweise. Alle Kinder und Jugendlichen erhalten Informationsmaterial und wissen dann genau, wie sie sich an die Beratungsstelle wenden können.

Das geht neuerdings auch über die eigens entwickelte Halte.Punkt-App, die in den Stores kostenfrei erhältlich ist. Hier kann die Kontaktaufnahme datensicher und vertraulich im Chat erfolgen. Die App ergänzt außerdem den Instagram-Kanal von Halte-Punkt. „Damit kommen wir den Jugendlichen auf ihren Kommunikationskanälen entgegen und hoffen, ihnen den Kontakt so noch leichter zu machen“, sagt Heike Pinne. Und Pia Barth betont: „Alle können kommen, schreiben oder anrufen – auch diejenigen, die was erlebt haben und nicht genau wissen, ob das ok ist. Meldet euch, wir sind für euch da!“

Kontakt:

pro familia

Halte.Punkt – Beratung für Kinder und Jugendliche bei sexualisierter Gewalt

Domstraße 43 in Offenbach

Telefon: 069-8509680-0

mobil:0176-85645613

E-Mail: offenbachhaltepunktorg

Chat: Halte.Punkt-App im Appstore oder Google Playstore

Instagram: haltepunkt_of

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