Magistrat beschließt Haushalt für 2024
29.09.2023 – Mehr Geld für die Innenstadt, für Straßen, Geh- und Radwege sowie mehr Personal für Sicherheit und Ordnung und für den Rettungsdienst – das sind die Schwerpunkte des Haushaltsentwurfs von Stadtkämmerer Martin Wilhelm für das Jahr 2024. Unverändert zu den Vorjahren sind die meisten Investitionen wieder für Sanierungen, Erweiterungen und den Neubau von Schulen und Kitas und damit für die Bildungschancen der jungen Offenbacherinnen und Offenbacher vorgesehen. Der Magistrat hat dem Haushaltsentwurf in seiner jüngsten Sitzung zugestimmt und zur Beratung und Beschlussfassung an die Stadtverordnetenversammlung weitergeleitet.
Stadtkämmerer Martin Wilhelm betont: „Trotz der enormen Kostensteigerungen durch die Inflation, den gestiegenen Zinsen und den hohen Tarifabschlüssen für die Beschäftigten der Stadt sind wir mit diesem Haushaltsentwurf weiterhin in der Lage, die Stadt ohne Steuererhöhungen in vielen Bereichen weiter zu gestalten und zu entwickeln.“
Zugleich wird es in den kommenden Jahren für die Kämmerei jedoch zunehmend schwieriger, einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen. Ab 2024 bis mindestens 2027 geht Stadtkämmerer Wilhelm von jährlichen Defiziten aus. Für 2024 sieht der Haushaltsentwurf im ordentlichen Ergebnis ein Minus von 32,4 Millionen Euro vor. Der Finanzhaushalt verzeichnet ein Defizit von rund 36,6 Millionen Euro. Eine Grundsteuerhöhung muss es dank der Rücklagen der Stadt dennoch nicht geben:
Stadtkämmerer Martin WilhelmEs zeigt sich jetzt sehr deutlich, wie wichtig es war, dass die Stadt auch in wirtschaftlich besseren Zeiten an ihrer strikten Sparpolitik festgehalten hat
„Einen wichtigen Beitrag haben außerdem die positiven Jahresergebnisse – insbesondere im Jahr 2022 – geleistet. Daran hatte auch die verschärfte Haushaltssperre einen Anteil. Das alles hat die Rücklagen in Form ungebundener Liquidität deutlich erhöht. Dieses Geld, das sozusagen auf dem Sparkonto der Stadt liegt, benötigen wir nun, um die Defizite auszugleichen und damit einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen.“ Sollte sich die Einnahmesituation besser entwickeln als erwartet, wären aber auch in den kommenden Jahren positive Jahresergebnisse weiterhin möglich, betont Wilhelm: „Wir halten an dem Ziel fest, möglichst bessere Ergebnisse zu erzielen, damit wir weiterhin Rücklagen bilden können.“
Sorgen bereiten dem Stadtkämmerer die steigenden Kosten in allen Bereichen durch die Inflation. „Das betrifft sowohl die laufenden Betriebskosten bei der Stadt als auch die Baumaßnahmen. Aufgrund der notwendigen Investitionen in die Infrastruktur der Stadt steigen die Schulden in den nächsten Jahren kräftig an“, so Wilhelm. „Durch die höheren Zinsen und die zu leistenden Tilgungen entstehen so zusätzliche Belastungen in Millionenhöhe. Weiterhin steigen die Personalkosten für die Verwaltung aufgrund der durchaus gerechtfertigten Tariferhöhungen für die Beschäftigten und die Anpassung der Beamtenbesoldung um zusätzlich 9,2 Millionen Euro jedes Jahr. Das bedeutet, dass die Haushaltslage der Stadt auch in den kommenden Jahren sehr angespannt bleibt und dass es deshalb sehr wichtig ist, dass wir das Niveau der Gewerbesteuereinnahmen durch weitere Unternehmensansiedlungen insgesamt weiter anheben müssen.“
Neues Einnahmehoch bei Einkommenssteuer
Grundsätzlich bleibt die Gewerbesteuer eine schwer kalkulierbare Einnahmequelle für die Stadt, weil sie von vielen externen Bedingungen abhängig ist und deshalb stark schwanken kann. Ist sie in einem Jahr sehr hoch, geht sie im Folgejahr erfahrungsgemäß deutlich zurück. Für dieses Jahr rechnet Stadtkämmerer Wilhelm mit Rekordeinnahmen von über 110 Millionen Euro – auch als Ergebnis der bisherigen Ansiedlungspolitik, beispielsweise am Kaiserlei. Für 2024 werden aber nur noch rund 90 Millionen Euro erwartet. „Auch das wäre noch ein hohes Niveau für Offenbach“, sagt Wilhelm und verweist auf den langjährigen Trend nach oben bei der Gewerbesteuer. „Dieser Trend ist ebenso erfreulich wie die Entwicklung der Einkommenssteuer“, so Wilhelm. Auch die Einkommensteuer steigt seit einigen Jahren kontinuierlich an – für 2024 rechnet der Stadtkämmerer mit einem neuen Rekord von 72,0 Millionen Euro. „Der Bau vieler neuer Wohnungen in den vergangenen Jahren hat erheblich dazu beigetragen, dass berufstätige Menschen nach Offenbach gezogen sind. Damit war immer das Ziel verbunden, eine ausgewogenere Sozialstruktur zu erreichen. Das Ergebnis ist gut für unsere Stadt und für den Haushalt.“
Komplementär zu den deutlich gestiegenen Einnahmen sinken im kommenden Jahr die Schlüsselzuweisungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich (KFA) um rund 16 Millionen Euro auf 203 Millionen Euro. „Das ist im nächsten Jahr verkraftbar, denn in Summe haben wir durch die gute Entwicklung bei den Steuereinnahmen unterm Strich dennoch mehr in der Kasse.“ Die Mittel aus dem KFA haben zum Ziel, die Ungleichheit zwischen Städten mit höheren Einnahmen und Städten mit niedrigeren Einnahmen durch eine Umverteilung zu verringern. Ähnliches gilt für die Landkreise. Vereinfacht ausgedrückt: Je größer die eigene Finanzkraft aufgrund der Einnahmen ist, umso geringer fallen die Schlüsselzuweisungen durch den KFA aus.
Investitionsschwerpunkt in Schulen
Abgesehen von den wenigen freiwilligen Leistungen der Stadt gilt auch für 2024, dass der weitaus größte Anteil der Ausgaben gesetzlichen Aufgaben geschuldet ist. Zu diesen Pflichtausgaben zählen insbesondere die Aufwendungen für Kinder, Jugend und Soziales. Aber auch die Umweltgesetzgebung und die Vorgaben zum Hochwasserschutz (Maindeich-Sanierung) erfordern Ausgaben, die von der Stadt nicht gestrichen oder verschoben werden können. Für Auszahlungen aus dem Investitionshaushalt sind insgesamt 84,1 Millionen Euro vorgesehen. Zu den Investitionsschwerpunkten zählen auch im kommenden Jahr die Schulen. Insgesamt sind hierfür Mittel in Höhe von 45,9 Millionen Euro eingestellt, unter anderem für die Sanierung und Erweiterung der Mathildenschule und der Geschwister-Scholl-Schule, für die Erweiterung der Goetheschule, für den Neubau der Grundschulen an der IGS Lindenfeld und der Ernst-Reuter-Schule, den Bau des neuen Emmy-Noether-Gymnasiums, für die Cafeteria in der Humboldtschule sowie für diverse Ausstattung an den Schulen. Weiterhin investiert die Stadt rund 2,2 Millionen Euro in den Neubau des Jugendzentrums Charly-Stürz-Heim mitsamt Hort und Kita.
Mehr Geld für die Innenstadt
Mehr Geld als bisher fließt in die Entwicklung der Innenstadt, insbesondere zur Umsetzung der Schlüsselprojekte des Zukunftskonzepts Innenstadt. Nach der personellen Besetzung der Agentur Mitte in diesem Jahr, die alle Schlüsselprojekte koordiniert, stellt die Stadt nun zusätzlich rund 2,32 Millionen Euro bereit. Dieses Geld ist unter anderem vorgesehen für einen Probebetrieb zur Verlagerung und Modernisierung der Stadtbibliothek (Station Mitte) und für das „Grüne Band“ als Maßnahme zur Steigerung der Aufenthaltsqualität und Verringerung der Aufheizung durch den Klimawandel. Auch für das Projekt „Testraum-Allee“ zur Etablierung qualitätsvoller Zwischennutzungen in leerstehenden Flächen ist Geld zur Anmietung oder zum Kauf eingeplant. Zudem soll es neue Feste geben.
Weitere 4,0 Millionen Euro fließen in die HEGISS-Projekte zur Stadtteilaufwertung, insbesondere in das Nordend und in die südliche Innenstadt. Für die Erweiterung des Grünrings und damit zusätzliche Grünflächen (Zukunft Stadtgrün) sind rund 0,5 Million Euro vorgesehen. Für die Sanierung des Waldschwimmbades sind zwei Millionen und ebenso viel für die Erneuerung von Sportanlagen veranschlagt. Im Ergebnishaushalt stehen außerdem 2,5 Millionen Euro und damit mehr als doppelt so viel Geld wie zuletzt für die Sanierung von Straßen, Geh- und Radwegen zur Verfügung. Eine Million Euro werden für die weiteren Planungen der Verbindungsstraße zur B448 bereitgestellt und rund 680.000 Euro erhält der Bevölkerungsschutz zur Wiederrichtung von digital gesteuerten Warnsirenen im Stadtgebiet.
Mehr Personal für Ordnung und Sicherheit
Aufgrund der finanziellen Situation ist auch die Stellenplanung für das kommende Jahr vergleichsweise restriktiv: „Vorrang haben Stellenschaffungen, die durch ihre Arbeit oder durch Fördermittel vollständig refinanziert sind oder aufgrund neuer gesetzlicher Aufgaben und des Bevölkerungswachstums unumgänglich sind. Hierfür sind insgesamt 145 neue Stellen vorgesehen.“ Allein rund 66 Stellen werden im Rettungswesen für die gesetzliche geforderte Vorhaltung von Sanitäterinnen und Sanitätern geschaffen. Diese werden fast vollständig über die Krankenkassen refinanziert. Einen kräftigen Zuwachs erhält auch das Ordnungsamt mit 21,5 neuen Stellen, die sich ebenfalls aufgrund der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten selbst finanzieren. Sie sind für neue Verkehrspolizisten, Stadtpolizisten, für die Task Force Verkehr und für die Verwaltung vorgesehen. „Damit kann die Stadtpolizei künftig schneller auf Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger reagieren und mehr Verkehrsverstöße ahnden. Diese Verstöße sind ein Dauerärgernis für viele Menschen und uns ist wichtig, dass es hier insgesamt zu einer Verbesserung der Situation kommt“, so Wilhelm.
Im Zuge der Restrukturierung von Jugendamt und dem Eigenbetrieb Kindertagesstätten Offenbach (EKO) werden außerdem Stellen vom Eigenbetrieb zum Jugendamt verlagert – dadurch entstehen diese Stellen quasi neu im Stellenplan der Verwaltung; sie kosten die Stadt aber kein zusätzliches Geld. Betroffen sind unter anderem Familienhebammen, Babylotsen, Fachkräfte für die Fachberatung zur Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung, für den Kinderschutz und die Tagespflege. Zusätzliche Kosten entstehen lediglich für 33 eigenfinanzierte Stellen, unter anderem in den Dezernaten, für den Bereich Einbürgerungen, für Bürgerbeteiligung und Digitalisierung, für die Straßenverkehrsbehörde, für die Untere Naturschutzbehörde, die Informationstechnologie und die Freiraumplanung.
Wesentliche Kerndaten des Haushaltes 2024
Im Ergebnishaushalt plant die Kämmerei mit einem Gesamtbetrag der ordentlichen Erträge von rund 602,6 Millionen Euro und einem Gesamtbetrag der ordentlichen Aufwendungen von rund 635,0 Millionen Euro. Der ordentliche Fehlbedarf beträgt somit 32,4 Millionen Euro. Im Finanzhaushalt steht unter dem Strich ein Zahlungsmittelbedarf von rund 36,6 Millionen Euro. Auf Grundlage der Steuerprognosen des Landes Hessen rechnet die Kämmerei für das kommende Jahr mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 90 Millionen Euro (plus 8 Millionen Euro im Vergleich zur 2023 vorgenommenen Planung und deutlich weniger als die aktuelle Prognose von über 110 Millionen Euro für das Jahr 2023). Die Einkommenssteuer steigt den Steuerschätzungen des Landes zufolge von 63,8 Millionen Euro auf 72,0 Millionen Euro. Die Schlüsselzuweisungen aus dem KFA belaufen sich auf 203 Millionen Euro (minus 15,8 Millionen Euro). Für Zuschüsse zu den Betriebskosten der Kindertagesstätten verzeichnet der Ansatz insgesamt 62,8 Millionen Euro (plus 8,8 Millionen Euro). Die Beteiligung der Stadt an den Kosten der Unterkunft von Leistungsempfängern beträgt unverändert 50,0 Millionen Euro und für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung 34,0 Millionen Euro (plus 4,0 Millionen Euro).