OB Dr. Felix Schwenke war für die Stadtteile Bieber und Bieber-Waldhof vor Ort
27.06.2023 – Die Verkehrssituation im Neubaugebiet Bieber-Nord, Lautstärke und die Rückkehr des Bibers sind einige der Themen, die die Menschen in den Stadtteilen Bieber und Bieber-Waldhof beschäftigen. Knapp 70 Anwohnerinnen und Anwohner kamen am Mittwoch, 14. Juni, auf Einladung des Oberbürgermeisters Dr. Felix Schwenke in die Turnhalle des Turnvereins 1861 Bieber. Die Veranstaltung „OB vor Ort“ findet regelmäßig in verschiedenen Stadtteilen Offenbachs statt. Begleitet wird der OB dabei von einem Team aus verschiedenen Ämtern und städtischen Gesellschaften.
Schwenke erläuterte zu Beginn der Veranstaltung wie gewohnt die „großen strategischen Linien“ der Stadtpolitik, von Wirtschaftspolitik über Digitalisierung bis zur Innenstadt-Entwicklung. Offenbach leide noch immer an den Folgen des Strukturwandels, der die Stadt wirtschaftlich lange lähmte – hohe soziale Kosten, wenig Einkommen- und Gewerbesteuersteuereinnahmen auf der anderen Seite. Der Weg zu einer finanziell normalen Stadt ist, daran erinnerte OB Schwenke, noch sehr weit und wird noch mehrere Jahre dauern. Zur Verdeutlichung erläuterte Schwenke: „Wenn Frankfurt einen Euro an Gewerbesteuereinnahmen hat, hat Offenbach circa 20 Cent. Man kann von 20 Cent eben nicht das Gleiche bezahlen wie von einem Euro.“ Als Gründe führte der OB den Strukturwandel in der Industrie an. Seit den 1990er Jahren hat Offenbach fast 40 Prozent seiner Arbeitsplätze, dabei sogar rund 80 Prozent der Industriearbeitsplätze verloren. Diesen Trend möchte der OB brechen und erläutert seine Vision:
Oberbürgermeister Dr. Felix SchwenkeIch will, dass Offenbach eines Tages eine finanziell halbwegs normale Stadt ist.
Die Wirtschaftsförderung sei dabei ein wichtiger Baustein, das Ziel zu erreichen.
Neue Unternehmen siedeln sich an / Bestehende Unternehmen bleiben dem Standort Offenbach erhalten
Die Ansiedelung unterschiedlicher Branchen sei ebenso wichtig wie die Pflege bereits hier ansässiger Unternehmen, um den Wirtschaftsstandort Offenbach langfristig zu stärken, betonte der Oberbürgermeister. So seien neben der Technologie und der Kreativwirtschaft auch Dienstleistungen mit Büros von zentraler Bedeutung. Die Innenstadt, der Hafen und der Kaiserlei bieten dafür ideale Bedingungen. Inzwischen ist Offenbach als Standort gefragt – Unternehmen schätzen die gute Anbindung und die kurzen Wege auch in Genehmigungsfragen. Die wirtschaftliche Entwicklung geschehe nicht aus Zufall, dahinter stecke Arbeit, ein Plan und viele Gespräche, betonte Schwenke. Es gelte bereits ansässige Unternehmen in der Stadt zu halten und die Voraussetzungen zu schaffen, damit neue Unternehmen sich ansiedeln können. Die Stadt habe hierbei zuletzt einige Erfolge erzielt: Der Ventilhersteller Samson mit 2.000 Arbeitsplätzen und das Biotech-Unternehmen BioSpring werden sich im neuen Innovationscampus Offenbach im Osten der Stadt ansiedeln. Bei Samson war am 20. Juni der erste Spatenstich, das 250 Millionen Euro Projekt liegt im Zeitplan. Auch die Kreativwirtschaft sei für Offenbach bedeutend, verschiedene Kreativagenturen haben ihren Sitz im Nordend und die Hochschule für Gestaltung erhält mit dem Neubau am Hafen einen neuen Standort. Die Firma Advanced – ein deutsches E-Bike Unternehmen – das mehr als 100.000 Fahrräder pro Jahr vertreibt, siedelt sich im Hafen an.
Zu den weiteren zentralen Themen der Stadtpolitik zählen für den Oberbürgermeister die Entwicklung der Innenstadt, bezahlbarer Wohnraum, Klima- und Umweltschutz sowie eine gute Infrastruktur bei Bildung und Verkehr.
Fragen rund um das Neubaugebiet Bieber-Nord
Eines der ersten Themen, das angesprochen wurde und im Laufe der Veranstaltung immer wieder aufkam, war die Verkehrssituation in der Dietesheimer Straße entlang des Neubaugebietes Bieber-Nord. Thematisiert wurden eine hohe Verkehrsdichte und das Nicht-Einhalten der Geschwindigkeitsbegrenzung in der Tempo-30-Zone. Eine Zunahme des Verkehrs ist im vergangenen Jahr zu verzeichnen und belastet neben den Anwohnerinnen und Anwohnern auch Besucherinnen und Besuchern des Friedhofs, besonders aber die Kleinsten auf ihrem Weg zur Schule. Dabei geht es vor allem um die Schülerinnen und Schüler der Interimsschule Bieber-Nord, direkt neben der Baustelle des künftigen Bildungskomplex.
Jan Schmidbauer von Straßenverkehrsbehörde teilte dazu mit, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit der Autofahrenden laut der letzten großen Messung der Stadt in 2021 moderat war und sich die Autofahrenden in der Dietesheimer Straße überwiegend an die Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 gehalten haben. Geringfügige Überschreitungen waren aber immer wieder zu verzeichnen. Dies zeigt auch die jüngste Kurzzeitmessung Ende Mai dieses Jahres. Dennoch schlägt Schmidbauer vor, eine erneute Messung, auch über einen längeren Zeitraum, durchzuführen. So soll das Verkehrsaufkommen nochmals erfasst und im Anschluss beurteilt werden.
In diesem Zusammenhang machten die Gäste auch auf den baulichen Zustand der Dietesheimer Straße an dem angrenzenden Neubaugebiet Bieber-Nord aufmerksam. Der Ausbau und die Wegführung seien aufgrund der Bauarbeiten immer noch provisorisch und „unfertig“. Hierzu erläuterte der Leiter des Amtes für Planen und Bauen der Stadt Offenbach, Simon Valerius, dass es sich aufgrund der Baustellensituation um eine noch nicht fertig ausgebaute Straße handelt. Dies ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht zu ändern, da es sich um eine Baustelle handelt und immer wieder schwere Lkw und Baufahrzeuge auffahren müssen. Valerius betonte aber, dass die Stadt langfristig plant, die Dietesheimer Straße auszubauen. In Bezug auf die zu hohen Geschwindigkeiten teilte Valerius mit, dass Autofahrende durch die zwischenzeitlich geänderte Wegführung der Adam-Marsch-Straße erheblich abbremsen müssen und so mit einer geringeren Geschwindigkeit in die Dietesheimer Straße einfahren. Dennoch werden die Ämter für Planen und Bauen und das Amt für Mobilität Maßnahmen zur Geschwindigkeitsbegrenzung zu prüfen.
Auch der Bau-Abschluss des Bildungskomplex Bieber-Nord und der Zeitpunkt der Eröffnung der Schule interessierten die Gäste. Insgesamt entstehen an dem künftigen Standort an der Willi-Bauer-Straße eine dreizügige Grundschule für 300 Schülerinnen und Schüler sowie eine Kindertagestätte mit sechs Gruppen für 124 Kinder bis sechs Jahren. Entsprechend des aktuellen Zeitplans soll die Grundschule Anfang 2024 eröffnet werden, sofern nichts Unvorhergesehenes passiert. Um den Schulweg entlang der Dietesheimer Straße künftig sicher zu gestalten, möchte die Stadt Offenbach unter anderem die bisherigen Erfahrungen der Eltern in die Gestaltung zur Wegführung einfließen lassen. So waren Eltern noch während der Veranstaltung angehalten, Hinweise zu geben, welcher Weg derzeit am häufigsten genutzt wird und wo es zum Beispiel noch an Beleuchtung fehlt.
Darüber hinaus hat sich in den letzten Monaten im Neubaugebiet Bieber-Nord viel getan. Neben der hergestellten Rampe und Treppenanlage an der S-Bahn-Überführung und dem neugestalteten Vorplatz zum S-Bahnhof ist der Grünzug mit dem großen Kinderspielbereich zwischenzeitlich zur Nutzung freigegeben.
Die Rückkehr des Bibers
Das Gespräch wendete sich im Laufe des Abends auch dem Naturschutz zu. Denn seit Beginn dieses Jahres liegen eindeutige Belege für mindestens einen Biber an der südlichen Bieber bachaufwärts der Obermühle vor. An einer hoch frequentierten Stelle kurz vor der ersten Brücke südlich der Obermühle hatte der Biber Anfang Februar einen Damm errichtet, der leider Mitte Februar vollständig zerstört wurde. Da der Biber streng geschützt ist, dürfen seine Bauwerke nicht zerstört werden und so leitete Amt für Umwelt, Energie und Klimaschutz als Untere Naturschutzbehörde ein Ermittlungsverfahren ein. Nach dessen aktuellen Stand haben sich die Gäste bei OB vor Ort informiert.
Da am Abend keine Vertreterin oder Vertreter des Umweltamtes anwesend war, folgte ein Live-Anruf beim Bereichsleiter Alexander Jeschke vom Umweltamt. Er teilte mit, dass bislang keine Täterin oder kein Täter ermittelt werden konnte, zwischenzeitlich aber auch die Landespolizei eingeschaltet wurde. Darüber hinaus möchte das Umweltamt künftig mit vermehrten Information via Website oder der neu gegründeten AG Biber für mehr Aufklärung sorgen. Denn am besten ist es, den Biber einfach in Ruhe zu lassen und von seinen Bauwerken Abstand zu halten. Die Stelle an der südlichen Bieber wird weiter im Hinblick auf neue Aktivitäten und den Wiederaufbau des Damms beobachtet. Das Amt für Umwelt, Energie und Klimaschutz freut sich aber grundsätzlich über Meldungen zu neuen Biberaktivitäten oder Bilder, die selbstverständlich mit respektvollem Abstand aufgenommen wurden und bittet, sich bei möglichen Problemen wie verursachte Überflutungen oder erneute Eingriffe per E-Mail an umweltamtoffenbachde zu wenden.
Müllablagerungen und Lautstärke
Weiter ging es mit Müllablagerungen in der Germaniastraße. In diesem Zusammenhang verwies OB Schwenke und sein Team auf die 48-Stunden-Dreck-Weg-Garantie, die dank eines groß angelegten Umstrukturierungs- und vor allem Digitalisierungsprozesses im Stadtkonzern seit Jahresbeginn umgesetzt wird. So werden illegale Abfälle, die über den Mängelmelder der Stadt gemeldet werden, innerhalb von 48 Stunden nach Eingang beseitigt.
Voraussetzung für die 48-Stunden-Dreck-Weg-Garantie ist die Nutzung des Offenbacher Mängelmelders, den Bürgerinnen und Bürger auf der städtischen Website finden: https://www.offenbach.de/maengelmelder.
Einige Gäste beklagten weiterhin, dass seit einiger Zeit von der Geschwister-Scholl-Schule, der naheliegenden Kindertagesstätte sowie von dem Spielplatz Bieber-West erhöhte Lärmemissionen ausgehen und die Lebensqualität der Anliegerinnen und Anlieger beeinträchtigen. Dem Ordnungsamt ist dieses Problem bekannt und aufkommenden Meldungen wird nachgegangen. Darüber hinaus führt die Stadtpolizei regelmäßige Kontrollen durch. Gleichzeitig betonte der Oberbürgermeister, dass die Stadtpolizei tut, was sie kann. Prioritäten würden selbstverständlich nach Anzahl der Beschwerden auch verschoben.. Auch wenn die Stadt Offenbach neben Kassel, Wiesbaden und Darmstadt eine der vier Kommunen in Hessen ist, die über einen 24-Stunden-Dienst der Stadtpolizei an sieben Tagen in der Woche verfügt – die täglichen Meldungen reißen nicht ab. Die Zahl der gemeldeten Ruhestörungen in Offenbach hat sich im vergangenen Jahr vervierfacht.
Bewohnerinnen und Bewohner haben die Möglichkeit, sich mit Beschwerden telefonisch an die Servicestelle des Ordnungsamtes zu wenden – Rufnummer 069 8065-2860 – oder online über www.offenbach.de/stadtpolizei.
Fern- und Erdwärme
Im Zuge der Energie- und Klimakrise und der damit verbundenen Frage, wie Haushalte künftig ihre Energieversorgung abdecken können, stellten einige Gäste auch Fragen zu möglicher Fernwärme- und Erdwärmenutzung in Bieber und Bieber-Waldhof.
Der OB erläuterte, dass Offenbach über ein Fernwärmenetz verfügt, das in den nächsten zehn Jahren weiter ausgebaut wird. Dazu arbeitet die Stadt Offenbach an einem kommunalen Wärmeplan, in den die Energieversorgung Offenbach AG (EVO) in den kommenden Jahren einen dreistelligen Millionenbetrag investieren wird. Ob es auch in Bieber und Bieber-Waldhof eine Versorgung mit Fernwärme geben kann, hängt unter anderem davon ab, wo und wie viele weitere Rechenzentren in Offenbach errichtet werden. Denn die Wärme der Rechenzentren wird als Abwärme in das Fernwärmenetz eingespeist.
Bezüglich der Nutzung von Erdwärme teilte Bauamtsleiter Simon Valerius mit, dass die Probebohrung für Erdwärme in Bieber abgeschlossen ist. Grundsätzlich liegt Potential zur Nutzung von Erdwärme vor. Die Eignung müsste aber für das jeweilige Grundstück separat geprüft werden.
Abschließend gab OB Schwenke noch einen aktuellen Stand zum Glasfaserausbau und den dadurch entstehenden Baustellen im Stadtgebiet. Die Stadt überwacht die Bauarbeiten grundsätzlich, bittet aber um umgehende Meldung an baustellen-halteverboteoffenbachde, wenn eine ungesicherte Baustelle gesichtet wird oder mangelhaft ausgeführte Rückbauarbeiten von Gehwegen nach Glasfaserleitungsarbeiten entdeckt werden. Diese wird dann überprüft.
Trotz der zahlreichen Themen konnten viele Fragen direkt oder im Nachgang im Gespräch mit den Vertreterinnen und Vertretern der Ämter und Stadtwerke geklärt werden.