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Stadt Offenbach

Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke war in Tempelsee

10.07.2023 – Bis auf den letzten Platz besetzt war die Aula in der Waldschule am Donnerstag, 29. Juni. Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke hatte zu „OB vor Ort“ geladen, begleitet wurde er von Ivonne Gerdts vom Amt für Mobilität, Pascal Becker vom Ordnungsamt und Christian Loose vom ESO. Isabel Ahrens vom Amt für Öffentlichkeitsarbeit moderierte den Abend.

Bevor die Bürgerinnen und Bürger aus dem Stadtteil Tempelsee und der Carl-Ulrich-Siedlung ihre Fragen stellen konnten, erläuterte Schwenke die „großen strategischen Linien“ der Stadtpolitik, von Wirtschaftspolitik über Digitalisierung bis zur Innenstadt-Entwicklung. Offenbach leide noch immer an den Folgen des Strukturwandels, der die Stadt wirtschaftlich lange lähmte – hohe soziale Kosten, wenig Einkommen- und Gewerbesteuersteuereinnahmen auf der anderen Seite. Der Weg zu einer finanziell normalen Stadt sei, erinnerte OB Schwenke, noch sehr weit und werde noch mehrere Jahre dauern. Zur Verdeutlichung erläuterte Schwenke die Diskrepanz bei den Gewerbesteuereinnahmen.

 „Während Frankfurt einen Euro einnimmt, sind es in Offenbach circa 20 Cent: Man kann von 20 Cent eben nicht das Gleiche bezahlen wie von einem Euro.“  Zu den Ursachen gehöre der Strukturwandel in der Industrie, so Schwenke weiter, denn seit den 1990er Jahren habe Offenbach fast 40 Prozent seiner Arbeitsplätze, dabei sogar rund 80 Prozent der Industriearbeitsplätze, verloren. Diesen Trend möchte der OB brechen und erläuterte den Anwesenden seine Vision: „Ich will, dass Offenbach eines Tages eine finanziell halbwegs normale Stadt ist. Deshalb gehört Wirtschaftsförderung zu unseren elementaren Aufgaben, wir wollen neue Unternehmen ansiedeln, aber natürlich auch die bestehenden halten. Dabei setzen wir bewusst auf einen Branchenmix, um den Wirtschaftsstandort Offenbach langfristig zu stärken“, betonte der Oberbürgermeister. Neben der Technologie und der Kreativwirtschaft sind dies auch Dienstleistungen mit Büros, für die die Innenstadt, der Hafen und der Kaiserlei ideale Bedingungen bieten: „Unternehmen schätzen die gute Anbindung und die kurzen Wege auch in Genehmigungsfragen.“ Aber auch bei den weichen Standortfaktoren könne die Stadt mit einem guten Kulturangebot und Naturnähe punkten. Damit konnte Offenbach erfolgreich neue Unternehmen ansiedeln: So werden der Ventilhersteller Samson mit 2.000 Arbeitsplätzen und das Biotech-Unternehmen BioSpring im neuen Innovationscampus Offenbach im Osten der Stadt ansiedeln.

Alleine auf dem Gelände des Innovationscampus werden zum Ende des Jahrzehnts dann mehr Beschäftigte arbeiten als zu Hochzeiten der chemischen Industrie in den 1970er Jahren.

Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke

Wirtschaftspolitik in einer wachsenden Stadt

Auch die Kreativwirtschaft ist für Offenbach bedeutend, verschiedene Kreativagenturen haben ihren Sitz im Nordend und die Hochschule für Gestaltung erhält mit dem Neubau am Hafen einen neuen Standort. Außerdem ist der Vertrag über eine fünfjährige Kooperation mit der HfG auf dem Innovationscampus kurz vor der Unterschrift. Die Firma Advanced – ein deutsches E-Bike Unternehmen – das mehr als 100.000 Fahrräder pro Jahr vertreibt, siedelt sich im Hafen an und die Helaba hat sich unlängst mit dem Kauf des Gebäudes am Kaiserlei klar zum Standort Offenbach bekannt Zu den weiteren Herausforderungen zählt Schwenke unter anderem die Themen Infrastruktur und Wohnungsmarkt. Die Stadt wächst, in den vergangenen zehn Jahren kamen fast 20.000 Menschen neu nach Offenbach, ein guter Teil davon aus Frankfurt. Darüber, dass sich Menschen mit Einkommen für die Stadt Offenbach entscheiden, freut sich Schwenke, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass Wohnen auch mit ihm nicht billiger wird. „Aber wir haben dafür gesorgt, dass die letzten im Besitz der Stadt verfügbaren Grundstücke für Geschosswohnungsbau genutzt werden und zudem die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen bei der GBO für zehn Jahre stabil gestellt.“ 

Ebenso entschlossen werden neue Gründe geschaffen, in die Innenstadt zu kommen. Mit Veranstaltungen wie dem Straßentheaterfestival, neuen Orten wie der Wetter- und Klimawerkstatt, dem temporären Beachclub oder dem geplanten Umzug der Stadtbibliothek gibt es über das Einkaufen hinaus, gute Gründe zum Besuch der City, so Schwenke weiter. „Und dann ist natürlich unser Ziel, dass die Menschen in der Innenstadt auch etwas einkaufen.“

Fernwärme und Waschbären

Anschließend kamen die Bürgerinnen und Bürger zu Wort, deren Themen reichten von Fernwärme, Waschbären bis zu verkehrsrechtlichen Fragen: Warum auf der Straße Brunnenweg nicht Tempo 30 gilt, obwohl es drei Kindergärten und zwei Schulen gibt, muss anhand von Beispielen geprüft werden.  Ein Bürger wollte wissen, ob er in Tempelsee auf Fernwärme setzen könne oder sich mit Nahwärme beschäftigen solle. „Wir haben ein großes Fernwärmenetz“, erklärte Schwenke, „das sich aus dem Müllheizkraftwerk und bis Ende 2023 aus dem Kohlekraftwerk der EVO speist.“ Großes Potenzial sieht er in den Rechenzentren, die gesetzlich bisher allerdings ärgerlicherweise von Land und Bund nicht verpflichtet sind, ihre Abwärme zur Verfügung zu stellen. „Ich verstehe, dass Sie sich Planungssicherheit für ihre Investitionsentscheidung wünschen, aber noch ist das Gesetz gar nicht im Bundestag beschlossen. Unser Ziel ist, deutlich früher als die gesetzliche Frist von Ende 2026 fertig zu sein.“

Hinsichtlich parkender Autos vor einem Restaurant und Beschwerden wegen des Geruchs, sagte Pascal Becker vom Ordnungsamt Gespräche mit dem Inhaber zu. „Wir werden genau hinschauen und gegebenenfalls auch weitere Ämter involvieren.“ Auch zur telefonischen Erreichbarkeit der Stadtpolizei nahm er Stellung: Rund 35.000 Anrufen gingen pro Jahr auf dem Notfalltelefon ein, um diese besser zu kanalisieren, gebe es auch eine Beschwerdestelle.

Unmut äußerten die Anwesenden auch über die Einschränkungen im Nahverkehr, einzelne Stellen seien nun schlechter als früher mit dem Bus zu erreichen. Schwenke erläuterte den Hintergrund der Deckelung der Ausgaben auf doppeltem Niveau wie früher, machte aber deutlich, dass es einen politischen Konsens gäbe, hier auch nochmals mehr zu tun, sobald die Finanzlage es stabil hergibt.

Was die Stadt gegen die wachsende Waschbärenpopulation zu tun gedenke, fragte ein Bürger, dessen Haus von den Tieren zerstört werde. „Gejagt werden dürfen sie nicht und dass sie bei aller Possierlichkeit nicht gefüttert werden sollen, hat auch noch nicht jeden Bürger erreicht.“ Er wünsche sich mehr Aufklärung und Initiative seitens der Stadt und verwies zudem auf ein Pilotprojekt in der Wetterau, bei dem die Tiere gefangen und kastriert werden. Pascal Becker vom Ordnungsamt versprach, die Anregung mitzunehmen.

Die Frage nach Angeboten für ältere Menschen war gerade in Tempelsee einfach zu beantworten. Denn während es nicht in allen Stadtteilen Treffpunkte gibt, gibt es in Tempelsee finanziert aus Mitteln der Stadt das Emil-Renk-Haus. „Mit Leben gefüllt durch großartige ehrenamtliche Arbeit,“ betonte OB Schwenke. „Da ist schon meine Oma zu Kaffee und Kuchen hingegangen“, ergänzte er schmunzelnd.

Konkret wurde es auch beim Thema Klimaschutz. Offenbach will Schwammstadt werden, wie Bürger bei der Umsetzung von Maßnahmen finanziell unterstützt werden könnten, wurde gefragt. Zur Erläuterung: Die Schwammstadt nimmt Wasser auf und speichert es, das heißt konkret, dass beispielsweise Flächen geschaffen werden, die Regenwasser aufnehmen ohne es direkt in die Kanalisation zu leiten. Dazu gehören entsiegelte Flächen ebenso wie Regen-Rückhalte und Zisternen, wie sie unlängst beim neuen Kunstrasenplatz umgesetzt wurde. Aufklärung über Förderungsmöglichkeiten brachte der Anruf beim stellvertretenden Leiter des Umweltsamts, Alexander Jeschke: „Wir werden in Zukunft Entsiegelungen bezuschussen, eine entsprechende Richtlinie ist in der Erarbeitung.“

Nach etwas über zwei Stunden endete die Veranstaltung. Die meisten Fragen wurden vor Ort beantwortet, Antworten, die einer etwas größeren Recherche bedürfen, sind zeitnah auf  www.offenbach.de/obvorort (Öffnet in einem neuen Tab) zu finden.

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