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Stadt Offenbach

Gelebte Städtepartnerschaft: Nezu Kazuhiro kümmert sich seit 40 Jahren um den Austausch Kawagoe-Offenbach

27.09.2023 – „Vorsitzender des Kawagoe Offenbach Deutsch Klub, Ehrenbürger Stadt Offenbach und seit 2001 Ehrenmitglied des Kickers Offenbach 1901“: Wer die Visitenkarte von Nezu Kazuhiro erhält, sieht auf den ersten Blick, in welchem Dreiklang sein Herz schlägt. Deutschland, Fußball, Offenbach sind die bestimmenden Themen im Leben des Japaners, der in Wahrheit kein Ehrenbürger, aber Träger einer der höchsten Auszeichnungen ist, die die Stadt zu vergeben hat: Am 16. November 2001 überreichte ihm der damalige Bürgermeister Gerhard Grandke die Bürgermedaille in Bronze. Diese Auszeichnung erhält, wer sich in besonderer Form für die Stadt Offenbach engagiert hat.

Ehrenmitglied beim Traditionsverein: Nezu Kazuhiro ist Kickersfan mit Leib und Seele.

Nezu hat bis heute nicht damit aufgehört, seit 1983 hegt und pflegt er den Austausch mit der deutschen Partnerstadt. Ehrenamtlich und mit viel persönlichem Einsatz. Für ihn stand es daher außer Frage, dass er sowohl das 40. Jubiläum der Städtepartnerschaft zwischen seiner Heimatstadt Kawagoe und der Lederstadt und auch seinen Geburtstag hier feiert. Am Montag, 11. September, wurde er 78 Jahre alt und verbrachte diesen auf Einladung der Stadt Offenbach mit einem Ausflug in die Vulkaneifel.

Fast wie ein Ehrenbürger: Stadtverordnetenvorsteher Stephan Färber ließ es sich nicht nehmen und chauffierte Nezu Kazuhiro und seinen Enkel Kodai mit der Rikscha durch Offenbach.
Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke, Nezu Kazuhiro und Stadtverordnetenvorsteher Stephan Färber. Der Oberbürgermeister ist bekennender Eis-Fan und lud Nezu Kazuhiro und seinen Enkel Kodai nach der Rikscha-Fahrt ein. 

Vorher traf er den Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung, Stephan Färber. Nach deren gemeinsamer Rikscha-Fahrt lud Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke die kleine Reisegruppe zum Eis ein. Schwenke betonte: „Städtepartnerschaften sind ein wichtiger Beitrag für dauerhaften Frieden. Denn Freunde schießen nicht aufeinander. Daher war es mir wichtig, Nezu auch persönlich zu treffen.“

Zweite Heimat Deutschland

Insgesamt fünf Wochen hat er bis zu seinem Rückflug am Sonntag, 17. September, in Deutschland verbracht und in dieser Zeit Heidelberg, Frankfurt, Rüdesheim, Berlin und natürlich auch Homburg an der Saale besucht. Das war die erste Station im Leben des jungen Ingenieurs, der mit der Transsibirischen Eisenbahn nach einer zweiwöchigen Reise erst in München und dann in Homburg ankam. Insgesamt acht Jahre war er dort für Bosch tätig, lernte die deutsche Sprache in der Abendschule und am Goethe-Institut und im Krankenhaus seine Frau, eine Apothekerin, kennen. Hier kamen auch die beiden Töchter zur Welt und hätte es nicht den Ruf Boschs in die Heimatstadt gegeben, wäre er vielleicht hiergeblieben. So ist Deutschland seine zweite Heimat geworden, über zehn Mal hat er den langen und auch kostspieligen Flug bisher auf sich genommen. Er schätzt die Menschlichkeit, Hilfsbereitschaft und, so gibt er augenzwinkernd zu, die Weinfeste. Dieses Mal war sein zwanzigjähriger Enkel Kodai dabei. „Opi, warum fliegst Du immer alleine nach Deutschland“, habe dieser gefragt, berichtet Nezu. Deshalb habe er die zweiwöchige Reise zum Geburtstag bekommen. Nur zwei Wochen, weil die Universität wieder begonnen hat, der Enkel studiert Wirtschaftswissenschaften. Immerhin kamen beide rechtzeitig zum Main Matsuri Festival in Offenbach an, wo der Opa sogar – fast wie ein Ehrenbürger – auf der großen Bühne im Büsingpark begrüßt wurde. 

„Ohne Kajii würde vieles nicht funktionieren“, sagt Bettina Jöst. Sie kümmert sich bei der Stadt Offenbach um Ehrungen und die Städtepartnerschaften im Amt für Öffentlichkeitsarbeit. Insgesamt 13 solcher Verbindungen gibt es, nicht alle sind so lebendig wie der Austausch ins japanische Kawagoe. „Die Partnerschaften wollen gelebt werden“, sagt sie, „und leider konnten Besuche und persönliche Begegnungen während der Corona-Pandemie nicht stattfinden“. 
Deshalb arbeitet sie mit viel Elan und Ideen daran, beispielsweise den jährlich von den Jugendämtern beider Städte organisierten Jugendaustausch anzustoßen. Auch eine Bürgerreise ins Land der aufgehenden Sonne soll es im kommenden Jahr nach Möglichkeit wieder geben, diese wird voraussichtlich im Oktober zum Matsuri-Fest stattfinden. 

Nezu Kazuhiro und Astrid Jäger mit dem Buch der Städtepartnerschaff(t)en 
Astrid Jäger präsentiert „Sichere Anleitung zum Bestehen jeder Universitätsaufnahme im Fach Japanisch“ der Künstlerin Veronika Schäfers.

Neues Kapitel im Buch der Städtefreundschaften 

Konkreter sind da bereits die Ideen mit dem Klingspor Museum gediehen. Dort ist in einem Workshop mit der Künstlerin Corinna Krebber das wirklich große Buch „Städtepartnerschaff(t)en entstanden. Fast einen Meter hoch und beinahe 60 Zentimeter breit ist der schwarze Einband, darin haben sich schon Velletri/Italien, Puteaux/Frankreich, Esch-sur-Alzette/Luxemburg, Mödling/Österreich und natürlich auch Offenbach mit Projekten verewigt. Weil das Buch der Städtepartnerschaften aber „nie enden wird, ist noch viel Platz für Neues“, erklärt Museumsmitarbeiterin Monika Jäger. Gemeinsam mit Bettina Jöst möchte sie in einem digitalen Workshop am Samstag, 25. November, ein weiteres Kapitel in dem Buch aufschlagen und einfügen: In einer gemeinsamen Videokonferenz sollen Bürgerinnen und Bürger aus den Städten Offenbach und Kawagoe neue Seiten in Form eines Ziehharmonikabuchs mit Einsteckkarten gestalten. Dafür erhalten alle angemeldeten Teilnehmenden im Vorfeld ein Materialpaket per Post. „Wir möchten mit möglichst viele Menschen an dem Buch arbeiten“, sagt Jäger, die den in englischer Sprache durchgeführten Workshop moderieren wird. Sie ist sich sicher, dass auch Nezu noch ein bisschen die Werbetrommel zuhause rührt. Nach einer Führung durch die aktuelle Ausstellung, „Achtung: enthält Leben. Notizbuch, Bullet Journal, Tagebuch“, hat sie ihm einige Preziosen der Sammlung gezeigt. Darunter auch die kostbare „Sichere Anleitung zum Bestehen jeder Universitätsaufnahme im Fach Japanisch“ die Künstlerin Veronika Schäfers 1995 in Tokio zweisprachig aufwändig gestaltet hat. Mit kleinen Stempelchen und einem Beutel für den Shintoschrein. Japan ist eben ein hochtechnisiertes, aber auch ein sehr spirituelles Land. „9.291 Kilometer und unterschiedliche Welten liegen zwischen Offenbach und Kawagoe und bei Besuchen wie diesen wird die Distanz ganz klein“, sagt Jöst und freut sich schon auf den Workshop im November. 

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