Inhalt anspringen

Stadt Offenbach

Nur der erste Schritt ist wirklich schwierig

Ein Waldspaziergang in bis zu 15 Metern Höhe - über Wackelbrücken, mit Seilen von Plattform zu Plattform schwingen. "Nichts für mich!", werden Sie vielleicht sagen. Doch der FunForest Abenteuerpark im Leonhard-Eißnert-Park ist nicht nur etwas für Kletterkünstler. Auch Unbedarften bietet er jede Menge Spaß und interessante Selbsterfahrung. Sonja Diefenbach, Mitarbeiterin der Online-Redaktion, hat´s gewagt.

Gut gesichert

Mulmig ist mir schon zumute, als ich in vier Metern Höhe auf einem Podest stehe und mich in die Tiefe fallen lassen soll. Mein Herz klopft wild, meine Hände sind feucht, nervös blicke ich nach unten. Was sich anhört wie extrem gefährliches Bungee-Jumping ist in Wirklichkeit harmlos. Das Podest, auf dem ich stehe, ist fest an einem Baum im Offenbacher Leonhard-Eißnert-Park verschraubt. Und ich lasse mich auch nicht ohne Sicherung in die Tiefe fallen. Ich probiere die Seilrutsche des Übungsparcours im neu eröffneten Fun Forest Abenteuer-Park aus und bin mit zwei extra-großen Karabinern und Seilen am roten Stahlseil befestigt. Das trägt 5,4 Tonnen Gewicht – also auch mich.

„Setz` Dich einfach hin“, sagt Höhenretter Cihan Calis (27). Er hat gut reden, schließlich steht er schon auf dem Podest auf der anderen Seite. Und wer noch niemals geklettert ist, den Boden bis maximal drei Treppenstufen Höhe verlässt und auch sonst nicht als Sportskanone bekannt ist, wird ja wohl noch mal überlegen dürfen.

Aber ich traue mich: Ich schließe die Augen, hole tief Luft, gehe in die Sitzposition – und rutsche los. Es fühlt sich im Bauch ein wenig an wie Achterbahn fahren.

Sofort wieder hoch hinauf

Und als ich auf der anderen Seite ankomme, will ich gleich noch mal. „Das geht vielen so“, sagt Cihan. Selbst wenn er oder einer seiner 39 Kollegen, die die Gäste im Kletterpark einweisen, zu Hilfe kommen muss, erlebe er oft, dass die Leute dann sofort wieder hochsteigen.

Mitten im Grünen ist der Kletterpark, im Leonhard-Eißnert-Park, direkt neben dem Kickers-Stadion am Bieberer Berg. Und das soll auch so sein. Das Konzept des Abenteuerparks: Die Kletterelemente und Parcours so gut wie möglich in die Natur integrieren. Deshalb ist der Park in Offenbach auch kein Hochseilgarten, der künstlich angelegt ist, wie Cihan Calis erklärt, sondern ein „Waldseilgarten“ oder „Naturseilgarten“.

Zwölf Parcours bieten die Hochseilgartentrainer und Höhenretter in Offenbach an. Die ganz Kleinen (ab 5 Jahre) können sich im Kinder-Parcours austoben, während es für erwachsene Kletterexperten schon mal der „Profi-Parcours“ (ab 18 Jahren, mit Extraeinweisung) sein darf.

Einweisung zu Beginn

Verpflichtend ist für jeden Besucher des Fun Forest Parks eine 15-minütige Sicherheits-Einweisung zu Beginn. „Auch wenn jemand zum zehnten Mal hierher kommt, muss er die Einweisung mitmachen“, erklärt Cihan Calis. Denn zum einen könne jeder mal etwas vergessen und zum anderen würden die Parcours auch verändert werden. „Wenn jemand öfters kommt, soll es ja auch nicht langweilig sein“, sagt der Offenbacher Höhenretter.

Bei der Einweisung lernen die Teilnehmer die grundlegenden Sicherheitsregeln: Zunächst überprüft der Hochseilgartentrainer, ob Helm und Klettersteigset, mit dem man zu Beginn ausgestattet wird, auch richtig sitzen und fest genug angezogen sind.

Anschließend geht es um die „Lifelines“ – die beiden Gurte, an deren Ende zwei Karabinerhaken dafür sorgen, dass wirklich niemand herunter fällt. Dabei kommt es auf die Details an: Die beiden Haken dürfen zum Beispiel am roten Führungsstahlseil nur gegenläufig eingehakt werden – das heißt, die Öffnungen den Hakens dürfen nicht auf der gleichen Seite sein. „So verhindert man, dass – wenn man beim Abseilen mal in Panik nach den Haken greift – diese sich nicht beide gleichzeitig öffnen“, erklärt Trainer Cihan.

Außerdem müssen die Kletterfans darauf achten, dass sie im Parcours oder auf den Podesten die Karabinerhaken immer hintereinander in den Sicherheitsschlaufen oder am Führungsseil festmachen. Sonst droht Strafe. „Wenn wir sehen, dass einer ungesichert oben herum läuft, werden wir richtig sauer“, sagt Cihan. Darauf achten er und seine Kollegen mit Adleraugen.

Drei Trainer stehen mindestens im Areal unter dem Hochseilgarten und überblicken die Situation. Wer ungesichert erwischt wird, bekommt statt des blauen Helms, den alle tragen, einen orange-schwarzen Helm – somit kann jeder sehen, dass sich jemand nicht an die Regeln gehalten hat. Für denjenigen, der sich zweimal erwischen lässt, ist an diesem Tag Schluss.

Von Single zu Single

„An Wochentagen kommen etwa 50 bis 200 Besucher, das hängt vom Wetter ab“, erzählt Cihan. Am Wochenende und an Feiertagen kommen auch schon mal bis zu 300 Besucher pro Tag zum Klettern in den Offenbacher Wald.

Damit alle Trainer wissen, wer die Einweisung schon absolviert hat, gibt’s hinterher ein grünes Bändchen ums Handgelenk. Singles bekommen auf Wunsch ein rotes Band. „Da kann man dann mal zu einem anderen Single rüberschwingen“, sagt Cihan Calis zwinkernd.

Besonders die Schulklassen hätten dabei eine Menge Spaß. Gleichzeitig mit mir ist eine Schülergruppe da. Die etwa 15-jährigen Jungs haben sich nicht wie ich mit Übungs- und einfachen Parcours begnügt, sondern den Seilrutschen-Parcours gewählt. Anfangs noch großspurig, werden die meisten von ihnen ganz kleinlaut, als sie sich in acht Metern Höhe selbst ein Tau heranziehen und sich damit wie Tarzan zum nächsten Baum schwingen sollen.

„Das erleben wir oft“, sagt Cihan und lacht. Und darum geht es auch beim Kletterpark: Natürlich steht der Spaß an der Bewegung und auch ein bisschen der Nervenkitzel im Vordergrund. Aber es geht auch darum, die eigenen Grenzen kennen zu lernen und Ängste zu überwinden.

So wie ich, als ich den ersten Schritt tue und mich im Übungsparcours hinüber zum nächsten Baum gleiten lasse. „Man muss den ersten Schritt machen, um zu sehen, wie groß er ist“, sagt Cihan. Und tatsächlich bin ich ein bisschen stolz auf mich selbst, nachdem ich zwei Parcours absolviert habe. Wie gesagt: Mulmig war mir zu Beginn schon zumute…

Georeferenzierung

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise