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Stadt Offenbach

Die Portefeuille-Fabrik Jacob Mönch & Compagnie

Schon ein halbes Jahr nach dem Ende der Herrschaft des Fürstentums Isenburg, am 1.1.1817, wurde auf einem Grundstück des früheren fürstlichen Garten am Neuen Markt die Portefeuille-Fabrik Jacob Mönch & Compagnie gegründet. Sie wuchs in rasender Geschwindigkeit und umfasste spätestens ab etwa 1835 den gesamten Garten der Fürstenfamilie.
Aus der zu Beginn sehr kleinen Manufaktur wurde innerhalb weniger Jahrzehnte ein Hersteller von Portefeuille- und Lederwaren erster Qualität mit Weltruf und internationalen Kunden. Jacob Mönch & Compagnie und sein international hervorragender Ruf gilt daher heute als wichtigstes Unternehmen in der Entwicklung der Offenbacher Lederindustrie.

Das Unternehmen produzierte beispielsweise Brieftaschen, Geldbeutel und später Portemonnaies, Etuis, Reisenecessaires, Damen- und Nähkörbe, Arbeitstische, Reiseschatullen mit Schreibpulten, dazu Notizbücher, Tabakbeutel, Zigarrenetuis und Teekästchen. Bis 1880 prägte die große Fabrik mit Dampfmaschinen, Werkstätten und sehr vielen Arbeitern den Charakter des Platzes. Fotografien der Fabrik sind keine erhalten.

1847 kaufte Jacob Mönch das „Altfürstinnenhaus“ neben seiner Fabrik und machte es zum Wohnhaus seiner Familie. Er erwarb das Gebäude von einem Familienmitglied: Der Eigentümer Prof. Gillé, der Leiter einer renommierten, privaten Knaben-Erziehungsanstalt in Offenbach, war sein Schwager. Die Fotografie wurde um 1875 aufgenommen.

Johann Jacob Mönch (25.9.1786 – 2.8.1874)

Johann Jacob Mönch (25.9.1786 – 2.8.1874) absolvierte in Hanau eine Lehre als Buchbinder und arbeitete zunächst als Geselle in zwei Offenbacher Portefeuille-Manufakturen.
1809 ging er für ein Jahr nach Wien, um in der damaligen Hochburg des Buchbinder- und Portefeuille-Gewerbes seine Kenntnisse zu erweitern. Nach der Rückkehr wollte Mönch seine eigene Manufaktur gründen, erhielt aber von der Fürstlich-Isenburger Verwaltung keine Konzession. Die Beamten fürchteten zu viel Konkurrenz für vorhandene Betriebe.
Nach dem Übergang Offenbachs zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt im Jahr 1816 erhielt Jacob Mönch innerhalb nur weniger Tage die Genehmigung zur Eröffnung seines Betriebs. Gemeinsam mit seinen Freunden, dem Buchbinder Ludwig Spengler und dem Kaufmann Philipp Petri, gründete er das Unternehmen Jacob Mönch & Compagnie. Die drei hatten in kürzester Zeit riesigen Erfolg: Die Manufaktur am Neuen Marktlatz, später Paradeplatz, entwickelte sich als erste der Branche in Deutschland zu einer Fabrik mit industrieller Produktion. 1835 waren dort 175 Menschen beschäftigt, 1849 wurde die erste Dampfmaschine in Betrieb genommen. 1855 hatte die Fabrik bereits 400 Mitarbeiter.

„In dem wichtigen Zweige der Portefeuille-Waren nimmt gegenwärtig Deutschland die erste Stelle ein und unter den Deutschen Ausstellern das Haus Jacob Mönch und Comp zu Offenbach.“

(Georg Viehbahn: Amtlicher Bericht über die Allgemeine Pariser Ausstellung von Erzeugnissen der Landwirthschaft, des Gewerbefleißes und der schönen Kunst im Jahre 1855, Verlag der Deutschen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei, Berlin 1856)

Die hohe Qualität seiner Portefeuille-Waren eröffnete Jacob Mönch schnell den Export ins Ausland. Seine Produkte waren in Paris, London, Wien und in vielen weiteren Staaten sehr gefragt. Da Mönch alle zur Produktion von Komponenten notwendigen Werkstätten, etwa zur Verarbeitung von Holz, Stahl, Messing und Leder, auf seinem Gelände eingerichtet hatte und die nötigen Spezialisten beschäftigte, war er nicht von Zulieferern abhängig. Dies machte die Entwicklung, Gestaltung und Herstellung neuer Produkte schnell, flexibel und unabhängig von Zollschranken sowie politischen Hürden. Dieser Reisepass nach Österreich, England und Frankreich aus dem Jahr 1843 belegt den internationalen Erfolg seiner Produkte.

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