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Stadt Offenbach

Lutherkirche

Alles unter einem Dach ist in der evangelischen Lutherkirche in der Waldstraße zu finden – Kirchenraum, Pfarrbüro und -wohnung, Gemeindesaal und Gruppenräume. Das Gebäude ist in die Bebauung der Waldstraße integriert und gehört zur Mirjamgemeinde. Das denkmalgeschützte Gemeindezentrum bietet dennoch einige Besonderheiten: den Kirchenraum in der ersten Etage, die Kanzel hinter dem Altar erhöht und eine farbenfrohe, fast schon orientalisch-anmutende Jugendstil-Dekoration.

Durch die steigenden Einwohnerzahlen wegen der Industrialisierung in Offenbach Ende des 19. Jahrhunderts begünstigt, entstand die Luthergemeinde in der Waldstraße. In den neu heranwachsenden Siedlungsgebieten der Stadt südlich der Eisenbahnstrecke Hanau – Offenbach – Frankfurt fehlte es an Gemeinderäumen. Die Luthergemeinde, die in Südbezirk und Südostbezirk getrennt war, feierte die Gottesdienste zunächst unter anderem in der benachbarten altkatholischen Christuskirche in der Bismarckstraße. 1912 dann endlich die Grundsteinlegung für die Lutherkirche in der Waldstraße, die zwei Jahre später fertig gestellt wurde. Die Lutherkirche gehört heute zur Mirjamgemeinde.

Von Architekt Friedrich Pützer (1871-1922), der auch die Offenbacher Friedenskirche architektonisch konzipierte, wurde das Gotteshaus als Gemeindezentrum in Anlehnung an den Jugendstil geplant. Mit seiner schlichten, schnörkellosen Jugendstil-Fassade wurde es in die damalige Wohnraum-Bebauung der Waldstraße integriert – nicht als typischer Kirchenbau. Hervorgehoben wird die Kirche von der Waldstraße gesehen nur durch den großen Dreiecks-Giebel, der die Inschrift „Ein feste Burg ist unser Gott“ trägt, und durch den schiefergedeckten Dachreiter mit Kreuz. Dort oben, in den Turmräumen veranstaltet die Gemeinde jeweils zum Jahreswechsel einen Turmgottesdienst, bei dem bis zu 40 Menschen in dem mit Kerzen dekorierten Raum und bei besinnlicher Musik den Jahreswechsel erleben können. Als Höhepunkt wartet um Mitternacht der Aufstieg zur Aussichtsplattform, wovon die Sicht bis nach Frankfurt reicht. Den Ausblick können Interessierte aber auch - nach Voranmeldung im Gemeindebüro – bei einem Turmaufstieg genießen.

Der ehemaligen Aufteilung des Gemeindebezirks gerecht werdend gab es in der Lutherkirche zunächst zwei Gemeindebüros und zwei Pfarrwohnungen – symmetrisch angelegt in den beiden Flügeln rechts und links neben dem Kirchenportal – in denen heute zum Teil Mietwohnungen eingerichtet wurden. Die Symmetrie findet sich auch im Inneren des Gemeindezentrums wieder. Gegenüber den Holzportalen befindet sich ein Saal, in dem Versammlungen, Feiern und auch kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Die beiden Emporen, die die Verbindungen zu den darüber gelegenen Gruppenräumen darstellten, wurden jedoch bei der Renovierung zugemauert.

Über die beiden Steintreppen führt der Weg zum eigentlichen Kirchenraum, der sich im ersten Stock befindet. Holz dominiert den Innenraum – angefangen bei den Sitzbänken, über Altar und Kanzel bis hin zu der Verkleidung an den Emporen. Die Wände sind in einem satten Grün gestrichen, das Gewölbe und Pfeiler mit floralen Ornamenten ebenfalls in warmen Erdtönen verziert. Eine Besonderheit des protestantischen Kirchenbaus Anfang des 20. Jahrhunderts: Die Kanzel steht erhöht hinter dem Altar – ganz im Sinne des Namengebers und Reformators Martin Luther, der das Wort Gottes in den Mittelpunkt der Gottesdienste gerückt sehen wollte. Architekt Pützer setzte zudem in der Gestaltung des Innenraums einen Grundsatz des protestantischen Kirchenbaus um: der Kirchenraum wurde nicht nur als „heiliges Haus“ gesehen, sondern als Versammlungsort der Gemeinde – dem Konzept des Gemeindezentrums entsprechend. Das Orgelprospekt in der Lutherkirche ist über dem Altar angebracht, der Organist sitzt derweil auf der Hauptempore.

Die heutige Gestaltung des Innenraums entspricht im Wesentlichen derjenigen von 1914. Dabei waren die farbenfrohen Verzierungen des Jugendstils bei der Renovierung 1956/57 mit einem einheitlichen Grauton überstrichen, die geschwungenen Brüstungen der Emporen durch Spanplatten ersetzt, das Orgelprospekt verdeckt und die Kanzel links neben den Altar gerückt worden. Die Renovierung 1983/84 wurde deshalb als Restaurierung gestaltet, bei der der Kirchenraum wieder – so weit es anhand der historischen Dokumente möglich war – in den Originalzustand gebracht wurde.

In der Lutherkirche waren bis 1956 zwei selbstständige, von einander unabhängige Gemeinden zu Hause: die Lutherkirchengemeinden Südost (nördlich der Bahnlinie) und Süd (südlich der Bahnlinie). Beide wurden bei der Neu-Einteilung der Offenbacher Gemeinden zusammengelegt. Während die Zahl der Gemeindemitglieder in den 50er Jahren noch bei rund 10.000 lag, ist sie bis heute auf 2.300 gesunken. Mit dem marokkanisch-islamischen Kulturzentrum und dazugehöriger Il-Fath-Moschee in der Waldstraße steht die Gemeinde heute in Verbindung, beispielsweise durch gegenseitige Besuche und Einladungen während der Interkulturellen Wochen in Offenbach.

Der Evangelische Kindergarten war zunächst im Gemeindesaal untergebracht, bevor der Pferdestall einer ehemaligen Spedition auf dem Nachbargelände zu einer neuen Kindertagesstätte umgebaut wurde. Auf dem Gelände entsteht heute ein neues Kita-Gebäude, dass Ende 2007 eingeweiht werden soll. Außerdem bietet die Gemeinde zwei Mal pro Woche eine kostenlose Hausaufgabenbetreuung an. Die Gemeinde ist zudem ein Zentrum der Offenbacher Kirchenmusik: der Dekanatskirchenmusiker ist derzeit zugleich Kantor in der Lutherkirche und betreut zum einen den Chor der Lutherkantorei und den Offenbacher Kammerchor des Evangelischen Dekanats der Stadt Offenbach. Ergänzt wird das musikalische Angebot durch zahlreiche Konzerte und einen Kinderchor mit zwei Gruppen.

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Lutherkirche/ Gemeindebüro der Mirjamgemeinde

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