Wie einer auszog, um Kindern das Lesen lernen zu erleichtern
Daniel Iglesias entwickelt aus dem Nichts eine Leselern-App und startet damit voll durch.
Daniel arbeitete als Senior Business Development Manager in einem großen Konzern nahe Frankfurt. Er ist Wirtschaftsinformatiker, sein Fachgebiet ist Digitalisierung. Die Karriereoptionen sind gut, aber Daniel möchte mehr. Schon lange reift in ihm der Wunsch sich selbstständig zu machen, aber mit welcher Geschäftsidee? Er entschließt sich beim Kommunikations- und Innovationszentrum Offenbach ein Coaching zum Thema Gründungsförderung zu machen. Hier wird ihm klar, er möchte sich beruflich einsetzen für die Erhöhung der Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit besonderem Unterstützungsbedarf. Warum? Daniel Iglesias schildert seine Motivation so:
Daniel IglesiasUnsere Gesellschaft, so wie wir sie kennen wird zusammenbrechen, wenn Bildungsaufstieg nicht die Regel wird. Dann sind wir in zwanzig Jahren abgehängt in diesem Land, Frieden und Wohlstand sind gefährdet.
Angesichts der Tatsache, dass inzwischen über 40 Prozent der Kinder unter 10 Jahren in Deutschland über einen Migrationshintergrund verfügt, gewinnt die erfolgreiche Förderung und Integration dieser Kinder ins deutsche Bildungssystem und die Ausschöpfung ihrer Potenziale weiter an Relevanz. Personen mit Migrationshintergrund sind im Vergleich zur Bevölkerung ohne Migrationshintergrund geringer qualifiziert und schlechter in den Arbeitsmarkt integriert, sie sind doppelt so häufig erwerbslos und häufiger von Armut betroffen. Diese Liste ließe sich noch um einige Punkte erweitern, der Handlungsbedarf ist eklatant.
Künstliche Intelligenz wertet Leseleistung aus
Als entscheidende Schlüsselkompetenz für den Schulerfolg gilt die Lesekompetenz und genau hier zeigen sich gravierende Unterschiede bei den beschriebenen Gruppen. Daniel Iglesias setzt mit seiner technologischen Lösung genau hier an. In nur wenigen Monaten entwickelt er eine App, die Kindern das Lesen lernen erleichtert. Die Idee dazu kommt ihm wie ein Geistesblitz, er beobachtet, wie fasziniert seiner Tochter ist, als er einen Sprachassistenten benutzt. „Das ist es!“, denkt er sich. „Eine künstliche Intelligenz, die automatisch Auswertungen über Leseleistungen erzeugen kann, das Ganze verbunden mit spielerischen Elementen und menschlicher Ermunterung.“ So haben die Kinder Spaß am Lernen und verbessern quasi nebenbei ihre Lesefähigkeit.
Ein Partner für das Projekt war schnell gefunden mit MENTOR – die Leselernhelfer Hessen e.V. Hier unterstützen ehrenamtliche Mentorinnen und Mentoren Kinder beim Lesen lernen. Durch die Corona-Pandemie war der Verein an einer schnellen digitalen Lösung sehr interessiert. Weitere Unterstützer des Projekts sind die Nele Neuhaus Stiftung, Lotto Hessen, die Waldemar Bonsels Stiftung und die abass GmbH aus Langen. Das Projekt wird evaluiert durch Wissenschaftler*innen der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität Basel. Das Interesse an dieser einzigartigen Technologie zum Lesen lernen ist hoch, nicht nur bei Förderern, auch unter den Adressaten, den Kindern und Eltern. Gerade läuft das Pilotprojekt an hessischen Schulen an, die ersten Familien sind mit speziell präparierten Tablets versorgt. Es geht los, die Kinder lesen und die Daten, die für die Umsetzung der KI benötigt werden entstehen. Lob und Rückmeldung erhalten die Kinder aber nicht nur von ihrem technischen Gegenüber, jede Lesesitzung wird außerdem von einem ehrenamtlichen Mentor bzw. einer Mentorin begleitet. Dabei ist es nicht mehr nötig nebeneinander zu sitzen, auch räumlich getrennt, kann das Tandem gemeinsame Zeit verbringen und dabei spielerisch lernen. Das funktioniert überraschend gut und eröffnet neue Möglichkeiten.
Daniel IglesiasWir möchten aus dem Pilotprojekt eine Bewegung mit großer Sichtbarkeit und Verbreitung machen.
Und wie geht es weiter? „Wir sind jetzt dabei im großen Umfang zu skalieren“, so Daniel „wir möchten aus dem Pilotprojekt eine Bewegung mit großer Sichtbarkeit und Verbreitung machen. Im Moment bieten wir eine Lösung für den Lesebetrieb von Vereinen an, aber unser Ziel ist die Entwicklung von innovativen Bildungslösungen für unterschiedliche Kontexte.
„Stell dir vor, du hast eine Schulklasse und lässt sie als Hausaufgabe 15 Minuten lang einen Text laut lesen. Durch unsere KI erhält der Lehrer oder die Lehrerin sofort detaillierte Rückmeldungen zu den Leseleistungen von dreißig Schülern und kann die Förderung individuell anpassen. Ohne diese Hilfestellung müsste die Lehrkraft den Schüler*innen über sieben Stunden lang zuhören, und dann Auswertungen und Förderpläne erstellen. Hinzukommt, dass introvertierte und leseschwache Kinder so nicht mehr vor der gesamten Klasse lesen müssen: Keiner wird mehr ausgelacht. Stattdessen gibt es Aufmunterung und Lob für Fleiß und Fortschritte vom Lehrer und der App. Das System kann man natürlich auch für Erwachsene einsetzen oder für andere Sprachen.“ Die Möglichkeiten der entwickelten Technologie sind enorm und unabhängig von Ort und Zeit. Wir sind gespannt, wohin der Weg des Offenbacher Gründers Daniel Iglesias noch führt.
Bärbel Thomin-SchäferDaniel hat eine unglaublich gute Idee entwickelt, KI für Menschen sinnvoll zum Lesen lernen einzusetzen, das hat mir spontan sehr gut gefallen.
Mentorin Bärbel Thomin-Schäfer (abass GmbH) vom Mentoringprogramm der Gründerstadt Offenbach sagt folgendes über ihren Mentee: „Daniel hat eine unglaublich gute Idee entwickelt, KI für Menschen sinnvoll zum Lesen lernen einzusetzen, das hat mir spontan sehr gut gefallen. Seine Geschäftsidee ist innovativ und gut durchdacht. Unterstützt habe ich ihn als Mentorin vor allen Dingen mit Ideen und Impulsen zur Organisation und zum Selbstmanagement. Seine Leidenschaft und sein herausragendes Engagement, insbesondere in der Werbung für seine Idee, werden ihn und sein Unternehmen zu einem langfristigen und großen Erfolg verhelfen, da bin ich mir sicher! Das sieht man bereits an dem starken Pilotprojekt und an den vielen Unterstützern und Interessenten!“
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